Todesakt: Thriller (German Edition)
dazwischen immer wieder das Bewusstsein verloren. Meistens konnte ich nichts verstehen, doch er vertraut Ihnen … so viel habe ich kapiert. Und er macht sich Sorgen um Sie. Wer ist Steven Bennett?«
»Warum?«
»Er sagte, Bennett hätte ihn reingelegt.«
»Hat er gesagt, wie?«
»Nein, aber ich denke, jemand hat ihm in den Rücken geschossen.«
Bennett hatte Cobb in den Rücken geschossen !
Dr. Frank ging um den Tisch herum und nahm das Laken von Cobbs Brust, um Lena die Austrittswunden zu zeigen.
»Zwei glatte Durchschüsse«, sagte er. »Eine Kugel steckt noch in seiner Schulter. Ich habe die Blutung gestoppt, aber er muss wirklich ins Krankenhaus.«
»Helfen Sie mir, ihn zu meinem Auto zu tragen.«
Lena legte die Hand um Cobbs Pistole und zog mit der anderen an. Sie war überrascht, wie entschlossen er sich an die Waffe klammerte. Endlich gelang es ihr, ihm die Pistole zu entwinden und sie in die Jackentasche zu stecken. Dr. Frank rollte einen kleinen Stahltisch auf Rädern herein. Nachdem sie Cobb daraufgelegt hatten, schoben sie ihn zur Hintertür hinaus auf den Parkplatz. Lena wendete ihr Auto, und es gelang ihnen mit einiger Mühe, Cobb auf dem Beifahrersitz festzuschnallen. Er stöhnte einige Male. Als Lena einstieg, griff er nach ihrer Hand und hielt sie so fest wie vorhin die Pistole.
Das St. John’s Medical Center lag einundzwanzig Häuserblocks östlich von hier am Santa Monica Boulevard. Eine zähe Stop-and-go-Fahrt mit Ampeln an jeder Ecke. Doch Lena legte ohnehin nur die ersten anderthalb Kilometer auf dem Pacific Coast Highway zurück. Denn dann ließ Cobb ihre Hand los. Sie sah ihren neuen Freund an, beobachtete, wie er seinen letzten Atemzug tat, und wusste Bescheid.
Lena wurde langsamer und rang um Fassung.
Als sie vor sich die Temescal Canyon Road erkannte, bog sie links ab. Auf der Hügelkuppe war ein Parkplatz. Lena stoppte an der einzigen Stelle mit Meerblick, von der aus man auch Palmen sehen konnte. Es war ein wunderschönes Panorama – wenn vielleicht auch nicht so malerisch wie das, was Cobb in Hawaii fotografiert hatte … doch es kam dem Motiv recht nahe. Lena öffnete die Fenster, um Meeresluft hereinzulassen. Als sie das Päckchen Camel Lights auf dem Armaturenbrett bemerkte, zündete sie sich eine an und zog das Nikotin in die Lunge. Sie war machtlos dagegen. Sie konnte nicht mehr klar denken.
Sie wünschte nur, Cobb hätte noch lange genug durchgehalten, um die Palmen zu sehen.
Lena ertastete die Sig Sauer unter ihrer Jacke und holte sie heraus. Als sie das Magazin herausnahm, wurde ihr klar, dass Cobb den Tierarzt mit einer ungeladenen Waffe in Schach gehalten hatte. Sie lächelte unmerklich. Als sie Cobb über die Stirn strich, fiel ihr auf, dass im Hintergrund leise das Radio spielte. Das Stück erschien ihr vertraut, weshalb sie es lauter stellte. Es war Miles Davis, eine Aufnahme, die sie schon lange nicht mehr gehört hatte.
My Funny Valentine .
55
Lena hatte Vaughan angerufen und ihm alles erklärt. Auch Clayton Hu hatte sie Bescheid gegeben. Obwohl Bennett bereits wegen sechsfachen Mordes gesucht wurde – ein Blutbad, das mit Lily Hight begonnen und mit Debi Watson geendet hatte –, lief die Maschinerie wegen seines siebten Opfers nun auf Hochtouren.
Denn jetzt war Bennett ein Polizistenmörder. Und was noch schlimmer war: Er hatte Cobb dreimal in den Rücken geschossen. Nun würde niemand, der eine Dienstmarke besaß, auch nur die Spur von Mitgefühl mit diesem miesen Dreckskerl haben.
Lena wollte sich die Stelle, wo auf Cobb geschossen worden war, gern noch einmal bei Tageslicht ansehen. Vaughan und Hu hatten sich bereit erklärt, sich vor Ort mit ihr zu treffen. Nun war sie auf dem Weg vom St. John’s, wo sie Cobb zurückgelassen hatte. Und sie hatte seine Sig Sauer bei sich. Die Pistole war aus Sicherheitsgründen ins Handschuhfach eingeschlossen.
Seit ihrem Abstecher in den Temescal Canyon Park war das Radio abgeschaltet. Lena wollte nur das Dröhnen des Motors hören. Das Geräusch einer Maschine, die sich vorwärtsbewegte.
Nun fuhr sie auf der Twenty-Sixth Street nach Norden. Links von ihr glitt der Riviera Country Club vorbei. Menschen schoben Golfwagen und schlugen kleine weiße Bälle über manikürte Rasenflächen, als sei dieser Samstag nur einer von vielen im sonnigen L. A. Lena wandte sich wieder der Straße zu und zündete sich noch eine Zigarette an. Obwohl sie nicht wusste, warum, steigerte der Anblick der Golf spielenden Menschen
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