Todesakt: Thriller (German Edition)
Unschuldigen wegen eines Verbrechens vor Gericht zu stellen, das er selbst begangen hatte. Der Bürgermeister, eine Mehrheit des Stadtrats sowie Mitglieder des Landtags – wenn auch nicht alle – verlangten Higgins’ Rücktritt. Hinzu kam die öffentliche Empörung, die die Menschen auf die Straße trieb. Obwohl die Angelegenheit erst seit drei Tagen bekannt war, war Higgins bereits zweimal in Restaurants von Menschen angegriffen worden, die für gewöhnlich nicht zur Gewalt neigten. Außerdem hatten einige Collegestudenten ihn beim Verlassen eines Parkhauses eine Straße hinuntergejagt.
Higgins bekam nun eine Dosis der Medizin ab, die seine Behörde Jacob Gant verabreicht hatte – nur mit einem entscheidenden Unterschied: Er hatte jeden Schlag verdient.
Lena fuhr vom Golden State Freeway ab und um den Flughafen herum bis zur Vineland Avenue. Nachdem sie Fiesta Liquors und die Rancho Coin Laundry links liegen gelassen hatte, entdeckte sie eine Parklücke direkt vor Cobbs Haus, wendete scharf und stoppte.
Vaughan schien verwirrt.
»Warum hältst du an?«
»Wir sind da«, erwiderte Lena. »Das ist es.«
Er betrachtete das heruntergekommene Gebäude und die schäbige Umgebung.
»Ich hatte ja keine Ahnung.«
Lena versuchte, nicht daran zu denken, als sie ausstieg. Eine Latina hängte ihre Bettlaken zum Trocknen über den Zaun in die Sonne. Von der anderen Straßenseite beobachtete sie eine Asiatin.
Lena ging mit Vaughan durch das defekte Tor und die Stufen hinauf in den ersten Stock. Wie beim ersten Mal hatten die meisten anderen Mieter die Fenster geöffnet, sodass ihnen der Geruch von gebratenen Maistortillas und Hühnchen entgegenschlug. Als sie um die Ecke bogen, saß die Mexikanerin wieder an ihrem Fenster. Ihr verrunzeltes Greisengesicht war noch immer ausdruckslos. Doch als Lena sie diesmal anblickte, bemerkte sie, dass die Frau sie erkannte. Irgendwie sah sie traurig aus. Vor Cobbs Tür hatten seine Nachbarn Blumen und Kerzen gestellt. Ein Schnappschuss von Cobb, aufgenommen mit einer Polaroid im Hof, war an die Tür geklebt.
»Sie haben ihn sehr gern gehabt«, flüsterte Vaughan.
Lena nickte und betrachtete das Arrangement, während sie die Tür mit Cobbs Schlüssel öffnete. Sie wollte die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen.
In der Wohnung war es stickig und heiß. Vaughan schloss die Tür nicht und betrachtete ungläubig die schäbigen Möbel und die grauen Wände. Lena überließ ihn seinem Schicksal und ging ins Schlafzimmer, um einen Anzug für Cobb herauszusuchen. Nach einer Weile erschien Vaughan auf der Schwelle.
»Weißt du, dass ich immer wieder daran denken muss, wie du das erste Mal in mein Büro gekommen bist«, sagte er. »Du wolltest reden, allerdings nicht am Telefon. Du warst gerade bei Gants Bruder Harry gewesen. Er hatte dir erzählt, dass Jacob auf eigene Faust hinter Lilys Mörder her war. Dass er etwas gefunden hatte, von dem er Johnny Bosco erzählen wollte.«
Lena hatte den grauen Anzug entdeckt und breitete ihn auf dem Bett aus.
»Unser erster Durchbruch.«
»Aber damals kannte ich dich noch nicht. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, und hatte sogar den Verdacht, du könntest eine Schraube locker haben.«
»Doch jetzt weißt du es«, entgegnete sie.
»Das ist mein Ernst, Lena. Auch wenn Gant mit einem Freispruch aus dem Gerichssaal spaziert ist, hielten ihn alle weiter für Lilys Mörder. Jeder glaubte, wegen der DNA sei die Sache klar. Erinnerst du dich, wie wir uns aus dem Fenster gehängt haben?«
Sie warf ihm einen Blick zu und nickte wortlos.
Vaughan schüttelte den Kopf, als wolle er seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.
»Angefangen hat es in dem Konferenzraum«, sagte er. »Der Lieferservice hatte ein Büfett gebracht. Als Watson dich in meiner Begleitung sah, ist sie losgelaufen, um Bennett Bericht zu erstatten. Und im nächsten Moment tauchte Bennett auf und versuchte, uns zu belauschen.«
»Heute sind wir klüger«, erwiderte sie. »Damals hatten wir keine Ahnung.«
Vaughan zuckte die Achseln und grübelte weiter, während Lena eine Krawatte auswählte und ein sauberes weißes Hemd aus dem Schrank nahm. Nachdem sie die Sachen auf den grauen Anzug gelegt hatte, suchte sie im Schrank nach einem Paar schwarze Schuhe.
»Weißt du noch, was wir für einen ersten Eindruck von Cobb hatten, Lena?«
Lena holte tief Luft und versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken. Dann zog sie die Schubladen von Cobbs Kommode auf und
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