Todesakt: Thriller (German Edition)
der Opfer entfernt hatte. Mit ein wenig Glück waren sie im Gewebe stecken und dadurch unversehrt geblieben. Die beiden Autopsien, die gleichzeitig stattfanden, waren für den frühen Abend angesetzt.
Lena notierte sich die Zeit und beobachtete Vaughan durch die Scheibe. Sein Gespräch mit Bennett und Watson schien nicht freundschaftlich zu verlaufen. Lena beugte sich wieder über die Liste in ihrem Notizbuch.
Der Trupp, der sich auf den Weg zu Hights Haus machte, setzte sich neben Barrera noch aus sechs weiteren Detectives aus der Abteilung zusammen. Joe Carson und John Street hatten die meiste Erfahrung mit schwierigen Fällen, waren mit allen Wassern gewaschene Mordermittler und für ihre Gründlichkeit berüchtigt. Außerdem wurde eine Mannschaft alteingesessener Kriminaltechniker vom SID erwartet. Drei Streifenwagen hatten vor dem Haus auf der Straße Posten bezogen. Laut Aussage des Einsatzleiters hatten Tim Hight und William Gant in der letzten Nacht der Versuchung widerstanden, einander an die Gurgel zu gehen. Hight war in seinem Sessel am Fenster eingeschlafen, Gant auf dem Küchenfußboden.
Die Situation war mehr als tragisch. Doch Lena versuchte, sich nicht das Hirn zu zermartern, sondern hörte zu, wie Barrera sein Telefonat mit Abe Hernandez, dem neuen Assistenten des Polizeichefs, beendete.
»Der Richter hat mitgespielt«, verkündete er. »Die Anordnungen sind unterzeichnet. Wahrscheinlich hat es nicht geschadet, dass die Sache über das Büro des Polizeichefs gelaufen ist. Sind Sie bereit, Lena?«
»Sobald Hernandez mit den Papieren hier ist, geht es los.«
»Gut«, erwiderte er.
Barrera verließ das Großraumbüro und ging zu seinem Schreibtisch am anderen Ende der Etage. Lena schaute auf die Uhr, ihr blieben noch zehn bis zwanzig Minuten. Während sie auf die verbeulte Kaffeemaschine auf der Theke starrte, ging sie die verschiedenen Alternativen durch. Allmählich machten sich die versäumten Stunden Schlaf von letzter Nacht bemerkbar, doch ein Abstecher ins Blackbird Café kam nicht in Frage, weil sie dringend mit Vaughan sprechen musste. Also warf sie noch einen Blick auf die Glaskanne, schenkte sich eine Tasse ein und trank einen kleinen Schluck. Das zähflüssige Gebräu schmeckte, als stünde es bereits seit ein oder zwei Wochen auf der Warmhalteplatte. Vermutlich hatte es sogar Chancen auf den Titel »miserabelster Kaffee seit Menschengedenken«. Doch das spielte jetzt keine Rolle. Lena brauchte nur den Koffeinkick. Also nahm sie noch einen Schluck und wartete, bis sich die Wirkung einstellte. Dann ging sie zum Büro des Captain und riss die Tür auf, ohne anzuklopfen.
Bennett und Watson drehten sich so schnell um, dass Lena noch das abfällige Grinsen auf ihren Gesichtern sah, bevor sie wie auf Kommando ein strahlendes Lächeln anknipsten. Offenbar hatte Lena die beiden richtig eingeschätzt. Allerdings achtete sie nicht auf sie und blickte Vaughan an, der sich über die Unterbrechung zu freuen schien. Dann wandte sie sich wieder Bennett zu, als dieser das Wort ergriff.
»Wir haben gerade mit Greg geredet«, sagte er in aalglattem Ton. »Falls wir Ihnen irgendwie helfen können, sind wir für Sie da. Wahrscheinlich heißt das, dass wir den Mund halten und Ihnen nicht im Weg rumstehen sollen. Aber wenn Sie Unterstützung brauchen, können Sie sich auf Debi und mich verlassen.«
Bennett ist gut, dachte Lena. Nur nicht gut genug, um zu gewinnen.
Watson trat vor und hielt Lena die Hand hin.
»Betrachten Sie uns einfach als stille Teilhaber, Detective. Sollten Sie Hintergrundinformationen zum Prozess brauchen, bin ich natürlich gerne bereit, Ihnen unsere Beweisführung zu erläutern.«
Obwohl jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für solche albernen Spielchen war, bedankte Lena sich artig, wobei sie sich Mühe gab, nicht auf Watsons Brüste zu starren. Ob sie echt waren oder nicht, konnte sie nicht feststellen, und eigentlich war es ihr auch egal.
Schließlich nickten die beiden Vaughan noch einmal zu und verdrückten sich hastig. Lena hatte den Eindruck, dass sie, von einem Schauder durchzuckt, losrannten, sobald sie die Ecke im Flur erreicht hatten.
Lena schloss die Tür.
»Reizende Zeitgenossen.«
Vaughan bedachte sie mit einem Blick. Schließlich kannten sie sich nicht. Als er verstand, was sie meinte, zwang er sich zu einem Lächeln, was ihm nicht ganz gelang.
»Wirkliche Sympathieträger«, erwiderte er. »Insbesondere jetzt, da sie glauben, einen Weg gefunden zu
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