Todesakt: Thriller (German Edition)
erzielten Fortschritte und gebrochenen Aufklärungsrekorde, sprich, alles, wofür wir uns in den letzten Jahren eingesetzt haben, ist durch diesen Fall den Bach runtergegangen. Erst der Prozess. Und jetzt zwei Mordopfer in Hollywood. Unsere Unabhängigkeit als Ermittlungsbehörde können wir jetzt vergessen. Man wird eine andere Instanz bestimmen, die uns über die Schulter schaut und den Richter auf dem Laufenden hält. Die Polizei wird wieder unter die Lupe genommen. Sie ebenso, Higgins. Wir stecken zusammen in der Sache drin. Und im Moment sind wir am Boden. Total am Arsch.«
Die Worte des Polizeichefs prasselten wie scharfkantige Glasscherben auf die Anwesenden ein. Als Higgins nicht reagierte, ließ Lena den Blick über den Tisch schweifen und fragte sich, was sie wohl in den letzten fünfundvierzig Minuten verpasst hatte. Bennett und Watson saßen neben dem Staatsanwalt und ihr genau gegenüber. Barrera hatte seinen Platz links von ihr. Allerdings galt seine gesamte Aufmerksamkeit Greg Vaughan, der ein Stück abseits auf einem Stuhl am Ende des Tisches thronte.
Irgendetwas war da im Busch. Je länger Lena darüber nachdachte, desto mehr kam sie zu der Überzeugung, dass Vaughan hier nichts zu suchen hatte. Und nach seiner finsteren Miene zu urteilen, wäre er offenbar auch lieber ganz weit weg gewesen. Von allen Staatsanwälten in dieser Stadt war Greg Vaughan der fähigste und wäre mühelos in jeder Kanzlei seiner Wahl untergekommen. Obwohl Lena ihn nur vom Sehen kannte, war er ihr ein Begriff. Er war ein ausgesprochen heller Kopf und gleichzeitig ein angenehmer Zeitgenosse. Sie schätzte ihn um die vierzig. Sein Haar war hellbraun, und er hatte einen schlanken, athletischen Körperbau. Für gewöhnlich bewegte er sich locker und selbstbewusst. Doch es waren vor allem seine Augen, die ihn von anderen Menschen unterschieden. Braune Augen, die vor Tatendrang nur so funkelten.
Heute allerdings sah es so aus, als hätte jemand das Licht ausgeknipst.
Lena warf einen Blick auf Higgins und dann wieder auf Vaughan, der sich gerade etwas auf seinem Block notierte. Vaughan war schon früh aus dem Verfahren gegen Jacob Gant ausgeschlossen worden, und zwar als der Fall noch den Eindruck erweckt hatte, als könne er der Karriere eines Staatsanwalts auf die Sprünge helfen, anstatt sie an die Wand zu fahren. Higgins hatte Vaughan abserviert, denn es war allgemein bekannt, dass er sich zum gefährlichsten Rivalen des Oberstaatsanwalts entwickelt hatte. Man musste Vaughan zugutehalten, dass er kein Interesse an diesem Hahnenkampf zu haben schien und keine Anstalten unternahm, Higgins seinen Posten streitig zu machen. Roy Wemer, ein Staatsanwalt, mit dem Lena in den letzten Jahren einige Male zusammengearbeitet hatte, hatte ihr anvertraut, dass es Vaughan viel zu viel Freude bereitete, einen Fall selbst vor Gericht zu vertreten. Trotz seiner vielen Dienstjahre und der begeisterten Fürsprache seiner Kollegen, auf die er zählen konnte, genoss er es, seine Beweise in einem Prozess dem Richter und den Geschworenen zu präsentieren.
Nun schlug der stellvertretende Polizeichef einen Aktenordner auf und warf ein Foto auf den Konferenztisch. Alle beugten sich vor, um besser sehen zu können. Die Aufnahme stammte von einer an der Straße angebrachten Überwachungskamera und zeigte Tim Hight, wie er gerade vom Club 3 AM wegfuhr. Obwohl das Foto bei Nacht entstanden war, konnte man Tim Hights Gesicht, triumphierend und wahnwitzig verzerrt, durch die Windschutzscheibe deutlich erkennen. Daneben war ein dunkler Schatten, vielleicht die Mordwaffe.
Ramsey drehte einen Stuhl zu Lena herum und setzte sich. »Die Kriminaltechnik hat die Überwachungsbänder aus dem Club bereits vorläufig gesichtet«, begann er. »Leider befindet sich die Feuerleiter in einem toten Winkel. Hight hätte die ganze Nacht da draußen herumlungern können, ohne vor die Linse zu geraten.«
Lena erinnerte sich an die Aufteilung des Gebäudes – der Polizist mit dem Klemmbrett hatte von »verkehrtrum« gesprochen.
»Die Feuerleiter ist hinten am Haus«, sagte sie, »und damit ganz woanders, sie zeigt nach Norden.«
»Genau. Von der Straße oder dem Parkplatz aus ist sie nicht zu sehen.«
Lena betrachtete das Foto von Hight in seinem Auto.
»Was ist mit dem Schatten auf dem Beifahrersitz?«
»Daran wird noch gearbeitet«, erwiderte Ramsey. »Aber versprechen Sie sich nicht zu viel davon. Inzwischen geht man von einer Taschenlampe aus.«
Lena lehnte sich
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