Todesakt: Thriller (German Edition)
wie möglich stehen. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht. Je länger sich die Sache hinzieht – und je länger die Medien über Hight berichten –, desto schlimmer wird das Gemetzel. Ist das klar? Haben alle hier verstanden, was für uns auf dem Spiel steht?«
Vaughan schwieg und verharrte regungslos.
Ohne auf seine mangelnde Reaktion einzugehen, wandte der Oberstaatsanwalt sich an Ramsey.
»Ich habe mich mit einigen Leuten unterhalten«, begann er. »Ihrer Ansicht nach wird die Angelegenheit in einem halben Jahr vergessen sein, wenn wir Tempo vorlegen.«
Kurz herrschte Stille, während Ramsey den Oberstaatsanwalt mit unverhohlener Missbilligung ansah.
»Ein halbes Jahr?«, wiederholte er schließlich. »Wir sprechen davon, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederhergestellt werden soll, Higgins. Die Leute, mit denen Sie sich beraten haben, hätten Ihnen reinen Wein einschenken sollen. Diese Sache wird niemals in Vergessenheit geraten. Bis es so weit ist, sind Sie schon längst unter der Erde.«
Der Satz hing in der Luft. Im nächsten Moment wurde es schlagartig dunkel, weil die Sonne hinter einer Wolke verschwand.
Higgins zuckte zusammen wie nach einer Ohrfeige.
»Ich muss mit dem Polizeichef persönlich sprechen«, entgegnete er.
Ramsey schüttelte den Kopf.
»Der ist auf Geschäftsreise.«
»Aber ich habe ein Problem. Ich muss mit ihm sprechen.«
»Unmöglich.«
»Dann möchte ich unter vier Augen mit Ihnen reden.«
»Das ist ebenfalls unmöglich, Jimmy. Wo drückt denn der Schuh?«
Wortlos schaute Higgins zur Tür und betrachtete dann nacheinander die Anwesenden, bis sein Blick an Lena und Barrera hängen blieb. Offenbar überlegte er, während er sich mit den polierten Fingernägeln am Kinn entlangfuhr. Seine Augen wirkten stumpf und wässrig. Schließlich griff er in seinen Aktenkoffer und holte eine Ausgabe der Los Angeles Times heraus. Als die Zeitung mit einem Klatschen vor dem Polizeichef auf dem Tisch landete, konnte Lena die Schlagzeile lesen.
Doppelmord im Club 3 AM:
Jacob Gant und Johnny Bosco tot
Porträtaufnahmen der Opfer waren neben Fotos von Lily Hight und ihrem Vater zu sehen. Allerdings galt Higgins’ Augenmerk einer anderen Abbildung in einem Kasten rechts neben der Titelgeschichte. Es war dasselbe Foto, das Lena schon an der Wand neben Johnny Boscos Schreibtisch bemerkt hatte: Es zeigte Higgins und Bosco zusammen.
Als Higgins dem Polizeichef in die Augen sah, klang seine Stimme leise und zittrig.
»Boscos Lebenswandel muss tadellos sein. Die Drogen, die wir bei ihm gefunden haben, müssen unbedingt verschwinden.«
Bei diesen Worten breitete sich ein Lächeln auf Ramseys Gesicht aus. Lena hatte ihn noch nie so erlebt. Es war ein Lächeln, das zu seinen verhärteten Zügen und dem rasierten Schädel passte und in dem etwas Bösartiges mitschwang – die Andeutung einer finsteren Drohung, so als hielte er Higgins ein Messer an die Kehle, jederzeit bereit zuzustoßen.
»Wir alle können in dieser Situation nur verlieren«, erwiderte er. »Diesmal wird jeder von uns etwas einstecken müssen.«
Higgins verzog das Gesicht. Er wirkte ängstlich.
»Die Drogen sind ein echtes Problem. Gegen dieses Negativimage kommen wir nicht an.«
Das hinterhältige Grinsen wie festgefroren, beugte Ramsey sich über den Tisch.
»Sie meinen wohl, ein Negativimage, gegen das Sie nicht ankommen, Jimmy. Wann werden Sie endlich aufhören, sich von Ihren bescheuerten Beratern zutexten zu lassen, und kapieren, dass es in dieser Krise überhaupt nicht um Sie geht?«
9
Die Sitzung war rasch zu Ende. Higgins folgte dem Polizeichef noch auf den Flur hinaus und flehte ihn um ein Gespräch unter vier Augen an – eine Bitte, die, wie Lena wusste, niemals erhört werden würde. Bennett und Watson waren geblieben, um mit Vaughan zu reden. Lena konnte sie durch die Glasscheibe sehen, als sie an einem freien Schreibtisch im Großraumbüro das Telefon auflegte. Sie hatte sich vergewissern wollen, dass alle parat standen, während Barrera sich erkundigte, wie weit die richterlichen Anordnungen gediehen waren. Außerdem hatte Lena in der Kriminaltechnik angerufen und sich vorläufig bestätigen lassen, dass Jacob Gant mit einer Pistole vom Kaliber neun Millimeter erschossen worden war. Da beide Geschosse, als sie durch den Schädel schlugen und in die Wand eindrangen, zersplittert waren, ließ sich eine genaue Bestimmung erst vornehmen, wenn der Rechtsmediziner die übrigen Kugeln aus den Leichen
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