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Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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16!
    Meine beste Freundin Melanie war natürlich sofort Feuer und Flamme gewesen.
    »Geil! Du und ich alleine auf einer Jacht!«
    Ihr zu erklären, dass Tante Lenas Hausboot keine Jacht war, hatte keinen Zweck. Es war ja nicht mal ein richtiges Boot, man konnte nicht mehr damit fahren. Nur so eine Art schwimmendes Haus im Spreewald, dieser romantischen Gegend in der Nähe von Berlin, wo ein riesiges Netz aus Wasserkanälen die Straßen ersetzte und die Leute sich statt in Autos auf Booten fortbewegten. Tante Lena hatte mir ein Foto gezeigt. Ich fand, es sah aus wie in Venedig. Nein, schöner. Idyllischer und verträumter. Im Grunde genommen war unser Urlaub dort zwar nur ein glorifizierter Campingtrip, aber ich hätte auch auf einem Nagelbrett im Urwald geschlafen, um endlich das erste Mal alleine wegfahren zu dürfen. Denn weil es Tante Lenas Hausboot war, hatten meine Eltern überraschenderweise zugestimmt, dass ich mit meiner Freundin dort Urlaub machen durfte.
    Nur mit meiner Freundin. Mein Magen zog sichjetzt ein bisschen zusammen. Ich wollte lieber nicht daran denken, dass ich meinen Eltern nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte.
    »Meine Damen und Herren, in wenigen Minuten erreichen wir Berlin Hauptbahnhof. Unser Zug hat 25   Minuten Verspätung. Sie haben dort Anschluss an . . .« Der Rest ging in knarzendem Lautsprechergeknatter unter. Der grüßende Manager blickte strafend nach oben, wo er offenbar den unsichtbaren Verkünder dieser Hiobsbotschaft vermutete, und guckte dann demonstrativ auf seine Uhr. Melanie und ich standen auf und wuchteten unsere schweren Rucksäcke in den Gang. Mit lautem Quietschen fuhr der Zug ein und überall begann ein geschäftiges Treiben. Kaum hielt der Zug, fing der Manager hinter uns an zu drängeln und zu schieben. »Entschuldigung, darf ich mal vorbei? Ich hab's eilig.«
    Aber Melanie grinste mir zu und ließ sich Zeit. Umständlich schob sie ihren Rucksack voran, als ob er drei Zentner wog.
    »Kannst du nicht ein bisschen schneller machen?«, fragte der Mann gereizt.
    Melanie drehte sich scheinbar erstaunt um. »Ich grüße Sie!«, sagte sie ernst und dann hielten wir es nicht mehr aus. Kreischend und lachend stürzten wir aus dem Zug, den Bahnsteig entlang und fielen fast noch mit unseren Rucksäcken um.
    »Du bist unmöglich«, japste ich, als wir endlich an einer Brezelbude anhielten.
    »Was für'n Idiot«, sagte Melanie nur. Sie runzelte die Stirn und sah sich prüfend um. »Siehst du Alex irgendwo?«
    Mein Lächeln fror ein bisschen ein. Alex war Melanies Neuer. Und ich ärgerte mich immer noch über mich selbst. Warum hatte ich mich von ihr beschwatzen lassen, ihn mit auf unser Hausboot zu nehmen? Die Antwort konnte ich mir eigentlich selbst geben, auch wenn sie wenig schmeichelhaft war. Weil ich wollte, dass Melanie beschäftigt, nein,
vergeben
war, falls Tobi noch nachkam. Falls. Ich hatte ihm mehrmals vom Urlaub auf dem Hausboot vorgeschwärmt und war nicht müde geworden zu erwähnen, dass wir da total unsere Ruhe hätten, aber er hatte immer nur vage gegrinst und es war bei einem »Klingt gut« und »Mal sehen« geblieben. Bei ihm wusste man nie, woran man war. Ich wusste ja nicht mal, ob er wirklich was von mir wollte oder ob das Ganze für ihn nur ein netter Abend gewesen war und ich mir in meiner Schwärmerei was darauf einbildete. Bei Melanies Party vor zwei Wochen waren wir uns ziemlich nahe gekommen, um nicht zu sagen
sehr
nahe, doch während ich seitdem unentwegt davon träumte, mal wieder allein mit ihm zu sein und seine Hände genau da zu spüren, wo sie sich befunden hatten, als irgendein Idiot in Melanies Zimmer gestolpert gekommen war und das Licht angemacht hatte, schien Tobi sich damit zufriedenzugeben, mir witzige, aber nichtssagende SMS zu schicken. Unddie paar Male, die wir uns seither gesehen hatten, waren dauernd andere Leute dabei und wir alberten nur herum, auch wenn er mich dabei öfter als nötig umarmte. Vielleicht war er schüchtern? Und ich war auch nicht gerade die große Aufreißerin. Das war mehr Melanie. Wahrscheinlich würde ich vor Schreck aus dem Boot kippen, wenn er auf einmal wirklich dort auftauchte. Und wenn meine Eltern das jemals erfuhren . . .
    »Ach Clara! Zieh nicht so ein Gesicht«, riss mich Melanie aus meinen Gedanken. »Ihr werdet euch schon vertragen.«
    Ihr? Ach ja, der herrliche Alex. Ich tat, als ob ich Alex ebenfalls suchte. Vielleicht hatte er es sich ja anders überlegt? Ehrlich gesagt hätte ich gut und

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