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Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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merk's«, schimpfte Melanie. Sie kratzte sich am Bein.
    David sah interessiert nach unten in die dunkle Brühe.
    »Kann man hier baden?«, fragte er.
    »Können schon.« Der Mann lachte. »Aber ich würde es nicht empfehlen.«
    »Wieso nicht?« Ich war ein bisschen enttäuscht. Teil meiner Urlaubsplanung war ausgiebiger Aufenthaltim Wasser gewesen. Obwohl, in diesem undurchsichtigen Kanal . . .
    »Weil da unten auf dem Boden der Schrott von 30   Jahren Tourismus liegt«, sagte der Mann. »Glas, überall. Da durften wir schon als Kinder nur mit Schuhen baden.«
    »Ach«, sagte Melanie.
    Der Mann zuckte bedauernd mit den Schultern. »Kann man nichts machen. Letztes Jahr erst ist ein Junge von der Schleuse dort gesprungen.« Er zeigte nach links. »Voll rein in die Scherben. Hat fast den Fuß verloren. Nur, dass ihr nicht auf dumme Gedanken kommt.«
    Er lächelte uns zu, aber seine Augen blieben ernst. Ich sah hinunter in das plätschernde Wasser. Im Sonnenschein sah es richtig romantisch aus und hier, unter den schattigen Bäumen, war es auch nicht mehr so heiß. Die Libellen glitzerten. Wie Wasserelfen, ging es mir durch den Sinn.
    Wir luden die Frauen mit den Körben ab und fuhren ziemlich lange weiter. Es war jetzt ganz still, als hätte jemand alle Zivilisationsgeräusche ausgeschaltet. Nur die Insekten surrten und schwirrten. Ich hatte das Gefühl, dass es immer mehr wurden.
    »Scheißviecher!«, fluchte Alex ab und zu leise. Hier wohnte auch niemand mehr, es gab nicht einmal diese komischen großen Heuhaufen, die wie riesige umgekippte Mützen überall auf den Wiesen standen.Nur Wasser, Schilf und Sumpfeichen. Selbst die Vögel waren nach und nach verstummt.
    Schließlich hielt der Mann an einer weiteren Kreuzung an. Hier gabelte sich der Wasserweg in vier verschiedene Richtungen.
    »Da wären wir. Da den Weg lang, noch einen Kilometer oder so. Dann kommt ihr zum See.«
    »Können Sie nicht bis ganz ran fahren? Der Kanal geht doch noch weiter.« Melanie probierte ihren berühmten Augenaufschlag. Offenbar hatte sie genauso wenig Lust wie ich, noch weiter durch das Insektengewirr und Dickicht zu laufen.
    Der Mann lächelte entschuldigend. »Darf ich leider nicht. Da dürft ihr nur mit dem Paddelboot rein oder raus. Hinten vom See geht noch ein Kanalarm relativ schnell in die Stadt. Aber da könnt ihr nicht durchfahren, ist total zugewachsen.« Er stutzte. »Ihr habt doch dort ein Paddelboot, oder?«
    »Ja, ich glaube. Meine Tante hat gesagt, da ist eins.« Ich hoffte im Stillen, dass das stimmte.
    Der Mann nickte. »Habt ihr auch eine Karte?«
    »Eine Karte?« Melanie sah mich fragend an.
    »Natürlich, eine Spreewaldkarte. Wie wollt ihr denn sonst euren Weg durch das Kanalsystem finden?«
    Wie wir den Weg finden wollten? Bis zu diesem Moment hatte ja keiner von uns gewusst, dass das ein Problem sein könnte.
    Der Mann schüttelte den Kopf und griff in einFach. »Hier. Nehmt die. Da steht auch eine Telefonnummer drauf, falls ihr euch mal verfahrt.«
    »Werden wir schon nicht. Sind doch hier nicht am Amazonas.« Alex klang gelangweilt. Arrogant. Ich schämte mich. Der Mann meinte es doch nur gut.
    »Na dann! Schönen Urlaub. Der Wasserbus fährt hier viermal am Tag ab, außer am Wochenende.« Das Gesicht des Mannes verriet nicht, was er dachte. Ehe wir uns versahen, war er um die Ecke gebogen.
    Ich schnappte meinen Rucksack und ging los. Sollten mir doch die anderen zur Abwechslung mal hinterhertappeln. Ich konnte Melanie hinter mir leise jammern hören. Die Mücken setzten ihr ganz schön zu. Je wilder sie herumfuchtelte, umso mehr schwitzte sie und umso mehr Mücken stürzten sich gierig auf sie. Wir stapften durchs Unterholz wie ein überalterter Pfadfindertrupp, immer an dem schmalen Kanalarm entlang. Plötzlich wurde er wieder breiter. Und dann erschien der See so unvermittelt vor uns, dass ich verblüfft stehen blieb. David trat mir in die Fersen. »Sorry«, sagte er. Ich konnte hören, wie er überrascht die Luft einzog.
    Vor uns breitete sich ein kleiner, fast viereckiger See aus, in den der Kanalarm mündete. In der glühenden Abendsonne schimmerte das Wasser feuerrot und schwarz und auf jeder Uferseite schaukelte sachte je ein Hausboot. Es roch nach Wasser, Sonne und Lagerfeuer.
    Raah!
Ein schwarzer Vogel fuhr so plötzlich nebenuns aus dem Gebüsch hoch, dass Melanie und ich erschrocken stolperten.
    Es klickte hinter mir. Alex. Er schoss Fotos von uns mit seinem Handy, wie wir uns aneinander festhielten.

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