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Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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gern auf ihn verzichten können. Nicht nur wegen meines schlechten Gewissens. Ich hatte ihn erst ein paarmal getroffen, aber Alex hatte so etwas . . . Unberechenbares. Sein Lachen war einen Tick zu laut, seine Art zu großkotzig und mit der Wahrheit nahm er es auch nicht so genau. Eigentlich wusste Melanie kaum was über ihn.
    »Ich sehe ihn nicht«, sagte ich.
    »Wahrscheinlich kommt er noch.« Melanie warf einen kurzen Blick auf ihr Handy.
    »Er ist gerade angekommen«, sagte sie grinsend. »Und er bringt 'ne Überraschung mit.«
    »Toll.« Wahrscheinlich einen Kasten Bier. Aber das behielt ich für mich.
    »Oh, guck mal. Die schicken Taschen!« Melanie war zu einem Schaufenster in der Ladenpassage gelaufen und drückte sich die Nase platt. Die Taschen waren mir zu kitschig. Ich stand mehr auf ausgefallenere Sachen. Unikate   – wie die Tasche, die gerade an einem fremden Arm an mir vorbeizog   – schwarz, mit coolen kleinen roten Monstern drauf.
    »Haben Sie heute schon was vor, schöne Frau?«, sagte plötzlich eine heisere Stimme hinter uns. Alex. Melanie fuhr mit einem Freudenschrei herum. Ich setzte eine neutrale Miene auf. Jetzt gab es kein Zurück mehr, ich würde Melanie das Liebesglück gönnen. Ich war kein Spielverderber. Langsam drehte ich mich um. Aber dann entglitten mir doch meine Gesichtszüge.
    Alex war nicht allein gekommen.

2.
    Der Junge neben Alex sah mir nicht in die Augen, als er meine Hand schüttelte. Vielleicht kam es mir aber auch nur so vor, weil ihm die dunklen Haare tief ins Gesicht hingen. Ein Emo? Obwohl, dafür war sein Händedruck zu fest. Fast schmerzhaft.
    »David hat beschlossen mitzukommen«, erklärte Alex mit einem breiten Grinsen. »Das wird ein richtig geiler Urlaub, Girls!«
    Ich wechselte einen raschen Blick mit Melanie. Noch ein Typ? Den wir überhaupt nicht kannten? Was sollte das denn jetzt? Melanie zuckte nur unmerklich mit den Schultern. Ist doch egal, hieß das wohl.
    »Dich kenn ich ja noch gar nicht«, sagte sie jetzt zu David und kicherte albern. Alex hatte seine Hand um ihren Bauch geschlungen und fummelte an den kleinen Bändchen ihres Wickeltops herum.
    »Kannst mich ja kennenlernen«, antwortete David bloß. Mir nickte er nur kurz zu. Ich lächelte ein bisschen gezwungen. Mit zwei Jungs in dem Hausboot zu wohnen   – das war nicht mehr Urlaub mit der besten Freundin, das war eindeutig was anderes. Ein . . . Liebesnest? War Alex mir zuvorgekommenund hatte seinen Freund mitgeschleppt, damit
ich
beschäftigt war und die beiden nicht störte? Damit ich jemanden hatte, der meine Bändchen aufwickelte? Und was, wenn Tobi auch noch kam? Oh Gott. Mit drei Jungs auf dem Hausboot zu wohnen, das war . . . Mir fiel vor Schreck nichts ein. Ich schielte unauffällig zu David rüber. Er war ziemlich muskulös und trotzdem schlank. Als ob er irgendeinen Extremsport machte. Was ich von seinem halben Gesicht hinter den Haaren erkennen konnte, war nicht übel. Seine Jeans ging nur bis zum Knie und ließ den Blick auf ein schrilles Tattoo frei, das seine Wade schmückte. Auf jeden Fall kein Warmduscher. Es gab weiß Gott hässlichere Typen auf der Welt. Allerdings schien er mich kaum wahrzunehmen oder er hatte einfach keine Lust, sich mit mir zu unterhalten. Wahrscheinlich machte er einen auf geheimnisvoller Schweiger. Im Gegensatz zu mir, die immer drauflosplapperte. Nicht mal ein bisschen höfliche Konversation brachte er fertig. Stattdessen sahen wir beide stumm zu, wie Alex und Melanie hingebungsvoll knutschten. Falls das so weitergehen sollte, war es vielleicht gar nicht so schlecht, noch jemanden dabeizuhaben. Jedenfalls bis Tobi kam. Dann konnte dieser David von mir aus zugucken, wie
wir
hingebungsvoll knutschten. Wenn meine Eltern das jemals rausfanden, war ich zwar fällig, aber ändern konnte ich jetzt sowieso nichts mehr. Ich würde mich jedenfalls nicht entblöden und den beiden Jungs verbietenmitzufahren. Wir standen ein bisschen verlegen herum.
    »Unser Zug«, fiel es mir plötzlich ein. »Der fährt in sieben Minuten ab. Am Gleis 22.«
    »Na los, ihr Chicks, kommt!«, rief Alex. Er zerrte Melanie am Arm, ohne auf mich zu warten. Chicks! Ich hetzte hinter den anderen her und brach bald unter dem Gewicht meines dämlichen Rucksacks zusammen. Der ach so muskulöse David scherte sich kein bisschen darum. Völlig entspannt überholte er mich und futterte dabei noch einen Apfel. Erst kurz vorm Einsteigen schien er mich wieder wahrzunehmen.
    »Geht's?«, fragte

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