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Todesbote

Titel: Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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Ölgemälde und die glücklichen Gesichter der Gäste.
    Vom Haustelefon in einer Nische aus rief ich die Zentrale an und bat, mit Henri Benoit verbunden zu werden. Mein Herz schlug bis zum Hals, während ich wartete. Nach einer Weile meldete sich der Mitarbeiter wieder. Monsieur Benoit werde erwartet, sei aber noch nicht eingetroffen. Ob ich vielleicht eine Nachricht hinterlassen möchte?
    Â»Ich rufe später noch einmal an. Danke«, wimmelte ich ab.
    Ich hatte Recht gehabt. Ja!
    Henri war in Paris oder würde zumindest bald eintreffen. Und er würde im Ritz absteigen.
    Als ich den Hörer wieder aufgelegt hatte, übermannten mich fast unerträgliche Gefühle, als ich an die vielen unschuldigen Menschen dachte, die Henri umgebracht hatte. Ich dachte an Levon und Barbara und an die zermürbenden
Tage und Nächte, in denen ich im Wohnwagen angekettet gewesen war und einem wahnsinnigen Mörder gegenübergesessen hatte.
    Und dann fiel mir ein, dass Henri gedroht hatte, Amanda umzubringen.
    Ich setzte mich in eine Ecke, von der aus ich die Tür im Blick hatte, und versteckte mich hinter einer alten Ausgabe der Herald Tribune. Ich saß hier genauso wie früher bei meinen Einsätzen im Streifenwagen, nur der Kaffee und das Gesülze von meinem Partner fehlten.
    Ich hätte ewig hier ausharren können, weil ich Henri endlich mal einen Schritt voraus war. Er wusste nicht, wo ich steckte, doch ich wusste, dass er kommen würde.
    Während der nächsten endlosen zwei Stunden stellte ich mir vor, wie Henri mit einer Kleiderhülle über der Schulter die Eingangshalle durchquerte und sich an der Rezeption anmeldete. Egal, mit welcher Identität er dies tun würde, ich würde ihn sofort erkennen. Ich würde ihm zum Fahrstuhl folgen und ihn genauso erschrecken, wie er es bei mir getan hatte.
    Doch was ich danach tun würde, wusste ich immer noch nicht.
    Ich könnte ihn aufhalten, die Polizei rufen und ihr von meinem Verdacht erzählen, dass er Gina Prazzi umgebracht hatte.
    Vielleicht war das zu riskant. Vielleicht sollte ich ihm einfach eine Kugel in den Kopf jagen und mich der amerikanischen Botschaft stellen, damit die sich um die Angelegenheit kümmerte.
    Ich ging Option eins noch einmal durch: Die Polizei würde mich fragen: »Wer ist Gina Prazzi? Woher wissen Sie, dass sie tot ist?« Ich müsste ihnen Henris Video zeigen,
auf dem Ginas Leiche nicht zu sehen war. Wenn Henri die Leiche beseitigt hatte, bestünde kein Grund, ihn zu verhaften.
    Dafür stünde ich unter Verdacht. Und zwar als Hauptverdächtiger.
    Bei der zweiten Option stellte ich mir vor, wie ich die.38er zog, Henri am Arm herumwirbelte und sagte: »Hände an die Wand, und keine Bewegung!« Diese Idee gefiel mir sehr.
    Diesen Gedanken im Kopf, bemerkte ich unter den vielen Menschen in der Eingangshalle zwei wunderschöne Frauen und einen Mann, die an mir vorbei zur Drehtür gingen. Die Frauen waren jung und schick. Sie sprachen Englisch und lachten und hatten sich bei dem Mann in ihrer Mitte untergehakt wie Schulfreunde. An der Drehtür ließ der Mann den Frauen den Vortritt.
    Mein Unterbewusstsein arbeitete schneller als mein Bewusstsein. Doch die unauffälligen Gesichtszüge des Mannes, seine Statur, die Art, wie er sich kleidete, gaben mir zu denken.
    Er war blond, trug eine große Brille mit dunklem Gestell und ging leicht nach vorn gebeugt.
    Genau auf diese Weise verkleidete sich Henri. Er hatte mir erzählt, dass seine Verkleidungen funktionierten, weil sie so einfach waren. Er redete oder ging anders und ergänzte sein Äußeres durch ein paar ablenkende, aber einprägsame optische Merkmale. Er wurde zu dem Menschen, dessen Identität er gewählt hatte. Egal, zu welchem.
    Der Mann mit diesen beiden Frauen war kein anderer als Henri Benoit.

110
    Ich ließ die Zeitung auf den Boden fallen und blickte dem Dreiergespann hinterher, als die Drehtür sie hintereinander nach draußen entließ.
    Ich eilte zum Eingang in der Hoffnung, zu sehen, wohin Henri ging, und etwas Zeit zu gewinnen, um eine Idee für mein weiteres Vorgehen zu schmieden. Doch bevor ich die Drehtür erreicht hatte, drängte sich eine Horde kichernder Touristen vor. Am liebsten hätte ich geschrien: »Ihr Arschlöcher, macht Platz!«
    Als ich es endlich nach draußen geschafft hatte, gingen Henri und die beiden Frauen bereits ein gutes Stück

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