Todesbraut
war?«
Axel schnaubte. »Du glaubst, diese Kurdin ist anschaffen gegangen?«
»Sie hatte diese ziemlich teuren Klamotten in ihrem Schrank, den aufwendigen Schmuck, das Angeberhandy. Obwohl sie auf staatliche Unterstützung angewiesen war.« Sie bogen in die Karmarschstraße ein, von hier waren es nur noch ein paar Schritte bis zu Talabanis Schneiderei. »Mal ehrlich, Axel, wenn sie Deutsche wäre, hätten wir diesen Schluss schon längst gezogen.«
Axel zuckte die Achseln. Zu ihrer Linken lag eine Schaufensterfront von beachtlicher Länge. Der Boden war mit feinstemTerrazzo ausgelegt, der Hintergrund mit weißem Lack bespannt, große Buchstaben in Gold verrieten, dass man sich hier die neueste Kollektion von Escada präsentieren ließ. Daneben trugen die streng schauenden Plastik-Mannequins Seide und Leinen und Merinowolle von Chanel, im Vordergrund waren Tücher, Schmuck und andere Accessoires dekoriert. Wencke blieb abrupt stehen.
»Keine Zeit zum Shoppen«, scherzte Axel. »Zudem entsprechen diese Auslagen weder deinem Stil noch deinem Einkommen. Lass uns morgen zu H&M gehen …«
»Diese Handtasche!« Wencke zeigte auf ein Teil aus schwarzem Lackleder, an der Öffnung des Beutels baumelten zwei ineinander verschlungene Cs.
»Seit ich dich kenne, hast du deinen zerschlissenen Rucksack, und ich denke, bis du den weggibst, müsste schon einiges passieren. Solltest du so ein Ding über der Schulter tragen, würde ich dich wahrscheinlich gar nicht mehr erkennen …«
Wencke hatte keine Lust, auf seine Witze einzugehen, stattdessen nahm sie seine Hand und zerrte ihn durch die Eingangstür des Modehauses. Axel hatte natürlich recht, dieser Laden hier war nicht die Art von Bekleidungsgeschäft, das sie normalerweise betreten würde, sie selbst kaufte ausschließlich Jeans und T-Shirts , deren Preisetiketten keine dreistellige Summe vor dem Komma aufwiesen. Doch die Handtasche im Schaufenster hatte sie schon einmal gesehen, gestern, im kleinen, dunklen Kellerzimmer, in dem auch eine Tote gelegen hatte. Natürlich hatte sie das Teil für eine Fälschung gehalten, eine Chanel-Tasche vom türkischen Bazar. Aber inzwischen war sie sich nicht mehr so sicher.
Das Modehaus hatte insgesamt vier Stockwerke, je höher man kam, desto utopischer wurden die Preise. Und während die Kunden im Erdgeschoss wahrscheinlich eine ganze Weile nach einer Fachverkäuferin suchen mussten, kamen hier obengeschätzte fünf Modeexpertinnen auf eine kaufwillige Person. Wencke steuerte zielstrebig auf die Abteilung der französischen Edelmarke zu. Zwei gertenschlanke Verkäuferinnen in Etuikleidern lächelten dünn und versuchten sich nicht anmerken zu lassen, was sie von Wenckes Outfit hielten: Eine fast zehn Jahre alte Jeansjacke, ausgetretene Turnschuhe, und ihr grünes T-Shirt hatte auch schon mal bessere Tage gesehen. »Ich bin hier, weil ich im Schaufenster diese schwarze Lacktasche gesehen habe.«
»
Coco’s Tabas
, ja ja …«, seufzte die blondere der beiden. »Der It-Bag der Saison!«
Wencke gab es gleich auf, sich als Kundin auszugeben, das machte überhaupt keinen Spaß. »Ich gehe mal davon aus, das Ding ist so teuer, dass Sie davon nicht jeden Tag dutzendweise verkaufen, oder?«
»Seit Kate Moss sich damit zeigt, ist die Nachfrage enorm gestiegen«, empörte sich die Schwarzhaarige.
»Das heißt wie viel pro Woche?«, hakte Wencke nach.
»Zugegeben, der Unterschied zwischen den Interessierten und den tatsächlichen Käufern ist groß. Ich glaube, seit Saisonbeginn haben wir
Coco’s Tabas
fünfmal verkauft. Wieso möchten Sie das eigentlich wissen?« Die beiden Damen hatten bereits die Hände in die schmalen Hüften gestemmt und ihre mascarabepinselten Augen zu Schlitzen werden lassen.
Es war Zeit für Konkretes. »Ich bin vom LKA und wir haben eine solche Tasche im Rahmen von Ermittlungen in einem Todesfall gefunden. Können Sie sich erinnern, ob diese Frau hier …« Wencke holte den Bilderrahmen aus ihrem Rucksack, den sie aus der Wohnung hatte mitgehen lassen und der die Fotografie von Shirin im luftigen Sommerkleid einfasste. »… ob sie eine der fünf Käuferinnen der Kate-Moss-Einkaufstüte war?«
Die beiden Verkäuferinnen schauten erst das Bild, dann sichund dann Wencke an. Die Dunkelhaarige sagte: »Ja«, und die Blonde fragte nach einem Dienstausweis, wahrscheinlich sah sie ab und zu einen Krimi im Fernsehen und wusste Bescheid.
Axel war wunderbar, er zückte ohne Zögern seinen
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