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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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keine DN A-Spuren von diesem Mann gegeben hatte, obwohl er sich dort nach eigener Aussage mehrere Stunden lang aufgehalten haben wollte, dann fiel seine Falschaussage ohnehin wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Und dann würde die Polizei endlich aufwachen und die vielen anderen Möglichkeiten in Betracht ziehen, wer eine hübsche, selbstbewusste und schwangere Frau ermordet haben könnte.
    Sie selbst, Wencke, würde keine Sekunde mehr ungenutzt lassen, also stand sie auf, verabschiedete sich knapp und ließ sich gemeinsam mit Axel wieder die Tür zur Freiheit aufschließen.
    Kaum hatten sie die Ausfahrt passiert und die Schulenburger Landstraße Richtung Innenstadt eingeschlagen, überkam Wencke das seltsame Gefühl, als klebe dieser aufgemotzte Kleinwagen hinter ihnen nicht ganz zufällig an ihrer Stoßstange.
    »Die Typen im Rückspiegel, Axel, siehst du die?«
    Doch Axel schien verstimmt zu sein, er hatte unmissverständlich klargemacht, dass er von Wenckes Vorgehensweise nicht überzeugt war. »Zufall«, nuschelte er, gab aber trotzdem nach der nächsten Rotphase mehr Gas als nötig. Der schwarze Golf zog ebenfalls an.
    »Zufall oder Paranoia?«, fragte Wencke. Die zwei Typen mit rasierten Mustern im schwarzen Haar guckten so anständig, dass es unheimlich war. Nicht einmal Nonnen schauten derart unschuldig. »Oder vielleicht doch Tatsache?«
    Axel nutzte eine kleine Lücke auf der Linksabbiegerspur, schob sich dazwischen, mit seinem Auricher Kennzeichen konnte er sich das ohne Weiteres erlauben, die Großstädter waren ostfriesischen Autofahrern gegenüber für gewöhnlich sehr kulant. Erst als sich der schwarze Wagen ebenfalls für einen Spurwechsel entschied, wurde gehupt.
    »Okay, wahrscheinlich Tatsache«, gab Axel jetzt zu.
    Sie folgten Axels Navigator durch ein Wohngebiet bis zur Vahrenwalder Straße, hinter ihnen stets das Röhren des tiefer gelegten Golfs.
    Wencke schaute Axel von der Seite an, er hatte trotz Klimaanlage leicht zu schwitzen begonnen und schlug mit beiden Händen auf das Lenkrad. »Mein Gott, die betreiben einen Aufwand, als verteidigten sie mindestens die Weltherrschaft. Ein ganzes Arsenal an dumpfbackigen Verfolgern scheinen die parat zu haben. Geht es hier wirklich nur um die Rettung der Familienehre?«
    »Das glaube ich schon lange nicht mehr. Vielleicht sind wir durch das Klischee des Ehrenmordes geblendet. Es könnte ja auch um etwas ganz anderes gehen   …«
    »Und um was, bitte schön?«
    »Wenn die Schwester tatsächlich bei diesen kurdischen Terroristen mitmischt?«
    »Welches Interesse haben Freiheitskämpfer im fernen Anatolien daran, eine alleinerziehende Mutter in Wunstorf zu ermorden? Ich bitte dich, Wencke, jetzt geht echt deine Phantasie mit dir durch!«
    Axel hatte jedes Recht, gereizt zu sein. Er begleitete sie seit Tagesbeginn zu fast jedem ihrer Treffen, er ließ sie reden und gab ab und zu ein paar Widerworte, die dann auch angebracht waren. Wencke war froh, dass er hier war, allein hätte sie vielleicht schon aufgegeben. »Axel?«
    »Was ist?«
    »Hältst du mich für   … überdreht? Oder durchgeknallt? Oder meinetwegen unvernünftig?«
    Seine Antwort ließ nicht lange auf sich warten. »Ja!«
    »Und warum machst du das dann alles mit?«
    Nun dehnte sich die Redepause etwas länger. Axel versuchte, den Eindruck zu vermitteln, als läge es am Straßenverkehr, an den missverständlichen Ansagen des Navigators oderden kurzen Ampelphasen. Sie war sich sicher, er suchte nach Worten.
    Erst als sie sich endlich in sicherer Obhut eines innerstädtischen Parkhauses befanden, vor dem die Verfolger etwas unschlüssig stehen geblieben waren, war Axel in der Lage, die Frage zu beantworten. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich das vermisst habe.«
    »Was?«
    »Frag nicht so mädchenhaft. Deine Überdrehtheit. Dein Durchgeknalltsein. Vernünftig waren wir anderen zur Genüge. Aber du hast gefehlt.«
    Es gab viel, das sie darauf hätte erwidern können, aber ihr fehlte der Mut.
    Schweigend stiegen sie aus dem Wagen, verließen das Parkhaus und taten so, als würden sie die beiden Kerle mit den scheußlichen Frisuren, die neben dem Golf standen, nicht bemerken. Was blieb ihnen anderes übrig?
    »Ein Nachbar in Wunstorf hat Shirin Talabani eine Hure genannt«, wechselte Wencke schließlich das Thema. »Ein Softpornoverleiher. Ich dachte erst, der hat zu viel von seinen Filmchen geguckt und sein Vokabular angeglichen, aber was ist, wenn unser Opfer wirklich eine

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