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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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mit den Schultern. »Irgendwie musste ich es doch machen   …« Er schaute sich fast hilfesuchend um. Yıldırım machte Anstalten, das Wort zu ergreifen, doch Wenckewarf der Anwältin einen unmissverständlichen Blick zu. Nein, das sollte Armanc Mêrdîn schön alleine ausbaden. Denn dass er auf einmal ins Schwimmen geriet, war nicht zu übersehen.
    »Den Sinn meiner Arbeit habe ich Ihnen ja bei unserem letzten Gespräch bereits erklärt. Ich bin spezialisiert auf die psychologischen Aspekte von Gewalttaten. Meine Ausbildung fand in den USA statt, in Quentico, man könnte sagen, eine bessere Schule gibt es für dieses Fachgebiet nicht.« Wencke atmete dreimal langsam ein und aus. Ruhiges Durchatmen konnte Menschen nervöser machen als alles andere, vorausgesetzt, sie hielten mit etwas hinter dem Berg. »Und wissen Sie, welchen Satz ich in meiner allerersten Vorlesung beigebracht bekam?«
    »Keine Ahnung.« Eine kleine Schweißperle löste sich von seinem Haaransatz.
    »Niemand tut etwas ohne Grund.«
    Als er nickte, fiel der Tropfen auf seine dichten Wimpern, er wischte unbeholfen mit der Hand darüber.
    »Warum haben Sie zum Beispiel nach der Tat die Tür abgeschlossen?«
    »Verdammt, keine Ahnung! Der Schlüssel steckte und ich bin da raus und dann   …« Jetzt klarte sein Gesicht auf, wie von einem Geistesblitz erhellt. »Genau, jetzt erinnere ich mich. Ich wollte nicht, dass die Kinder ihre Mutter so sehen, am nächsten Morgen nach dem Aufstehen, dass sie da reingehen und einen Schock kriegen, ist doch klar! Kinderseelen sind so empfindlich   …«
    »Kinderseelen?« Wencke schnaubte. »Wäre es Ihnen darum gegangen, dann hätten sie den geplanten Mord gleich ganz woanders ausgeführt. Hätten sich unter einem Vorwand irgendwo mit Shirin getroffen. Dann wären Sie gar nicht Gefahr gelaufen, Azad und Roza mit dem Anblick der toten Mutter zu konfrontieren.«
    »Erzählen Sie nicht so einen verdammten Psychokram! Sie sind Deutsche und ich bin Kurde. Nie im Leben wird es Ihnen gelingen, mich zu verstehen. Wir ticken nun mal anders als ihr!«
    »Ihr seid Menschen. Wir sind Menschen. Es mag Unterschiede geben. Männer morden anders als Frauen. Reiche anders als Arme. Kranke anders als Gesunde. Aber der Grundsatz, dass niemand etwas ohne Grund tut, gilt für alle Menschen, unabhängig von ihrem Kulturkreis.« Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln. »Warum haben Sie es so getan und nicht anders?«
    »Ich   …«, hektisches Trommeln der Finger auf dem Metallgestell des Stuhls. »Beim ersten Mal, mit dem Auto auf der Straße, da hat es nicht geklappt. Dieses Mal wollte ich sicher sein, dass Shirin stirbt.«
    »Wenn Sie sicher sein wollten, warum haben Sie Ihre Schwester dann nicht erschlagen? Oder erschossen?«
    »Das wäre zu laut gewesen. Man hätte mich doch gekriegt   …« Er schien mit seiner Antwort zufrieden zu sein, schaffte sogar ein Lächeln in Yıldırıms Richtung.
    »Man hat Sie ehrlich gesagt ziemlich umstandslos gekriegt. Soweit ich informiert bin, haben Sie keinerlei Anstrengung unternommen, die Tat zu leugnen. Wenn Sie der Mörder gewesen wären, hätte die Angst vor dem Erwischtwerden Ihre Tat nicht beeinflusst.«
    »Na, dann erzählen Sie mir doch mal, warum ich es gemacht habe, wenn Sie sich so toll auskennen im Kopf eines Mörders!« Seine ironische Aufforderung misslang gründlich, denn er schwitzte dabei mitleiderregend.
    Wencke beschloss, ihm ihre Schlussfolgerungen nicht vorzuenthalten. Er sollte wissen, wie schlecht seine Vorstellung gewesen war. Vielleicht konnte sie ihn dann von seinem Kamikazeflug abbringen. Denn dass er sich den Folgen seinerFalschaussage bewusst war, stand außer Frage. Er war wortgewandt, aufgeweckt und auf der Hut, ihm musste klar sein, dass er eine Haftstrafe riskierte, deren Länge sein bisheriges Lebensalter überschritt. Denn wenn er sich weiterhin unbelehrbar gab, drohte zum Lebenslänglich noch die anschließende Sicherheitsverwahrung. Er ruinierte sich seine Zukunft und ließ jemand anderen frei herumlaufen, der es verdient hätte, hinter Gittern den Mord an Shirin Talabani zu sühnen. Man musste Armanc Mêrdîn von diesem Wahnsinn abbringen.
    »Erst einmal steht nicht fest, ob der Mörder die Tabletten zur Betäubung oder mit Tötungsabsicht verabreicht hat. Laut Spurensicherung war die Packung leer und die Dosis, die Shirin verabreicht bekommen hatte, reichte nicht für den Exitus.«
    Axel Sanders räusperte sich so ergiebig, dass klar war, er hatte keinen

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