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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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früher und von denen man sich mal eine kleine Gegenleistung erhofft.
    »POK Völker hier. --- Wie? --- Sie hat es gemerkt? --- Ist es denn so schwer, eine Frau unauffällig zu beobachten? --- Wie bitte? Sie steht vor Talabanis Geschäft? Jetzt, in diesem Moment? --- Ich schicke jemanden vorbei!«

10.
    »Ich möchte gern mit Ihren Kindern sprechen, Herr Talabani!«
    »Nein!«
    »Roza und Azad müssen etwas mitbekommen haben in der Nacht. Es sollte doch auch in Ihrem Interesse sein, dass man erfährt, wer Ihre Exfrau – die Mutter Ihrer Kinder – ermordet hat.«
    »Ich habe die beiden gefragt. Sie haben niemanden in Wohnung kommen sehen, das schwöre ich bei Allah!« Talabani machte dabei ein so ernsthaftes Gesicht, dass Wencke ihm einfach Glauben schenken musste. Ein Mann wie er schwor kaum mir nichts dir nichts auf seinen Gott. »Shirin wird morgen früh in Türkei gebracht. Dort sie wird in Heimatstadt in Diyarbakir nach muslimische Tradition bestattet. Und dann ich will diese Sache ist zu Ende. Will meine Ruhe und Ruhe für Roza und Azad. Verstehen Sie?«
    Er hatte sich breit in die Tür gestellt, an deren Scheibe kein Plakat mehr den Trauerfall verkündete. Im Laden hinter ihmverfolgten zwei Kundinnen mit riesigen Augen die Gebärden des Änderungsschneiders.
    »Wenn es Ihnen um Ruhe geht, warum hetzen Sie mir dann Ihre Familie auf den Hals?«
    »Wie?«
    »Sie denken doch nicht im Ernst, dass Sie und Ihr Spürhund gestern in der Markthalle unbemerkt geblieben sind!« Er blickte verlegen zu Boden, Wencke fasste nach: »Und gerade haben uns schon wieder zwei komische Typen im Auto verfolgt, von der JVA bis hierher.«
    »Damit habe ich nichts zu tun!«
    »Und der Kerl heute Vormittag in Wunstorf? Ein Bekannter von Ihnen?«
    »Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen! Gestern, ja, stimmt, da haben meine Neffe und ich   … Aber heute? Ich schwöre bei Allah, das ist nicht   …«
    »Sie schwören sich heute noch um Kopf und Kragen«, unterbrach Wencke barsch. Immer kam dieser Mann mit seiner Religion daher und entwaffnete sie derart. Wer sollte die Verfolgung veranlasst haben, wenn nicht Talabani?
    Axels Blick war streng, als er in die Innenseite seines Sakkos griff und seinen Dienstausweis hervorzog. Wencke wurde erst jetzt richtig bewusst, wie wertvoll so ein Stück laminiertes Papier mit Stempel sein konnte. »Axel Sanders, Polizei. Herr Talabani, wir können die Sache auch unnötig dramatisieren und einen Gerichtsbeschluss erwirken, damit die Kinder zu einer Aussage gezwungen werden. Und glauben Sie mir, dass hat dann mit Ruhe rein gar nichts mehr zu tun!«
    Dafür hätte Wencke ihn küssen können.
    Talabani schien es anders zu gehen. Er wurde merklich schmaler. »Die Polizei? Ich verstehe nicht, die Polizei ist doch raus. Herr Völker ist doch   …« Er verstummte etwas zu plötzlich.
    »Was hat Kommissar Völker damit zu tun?«
    »Er ist ein Freund der Familie. Fußballtrainer von Azad, wissen Sie   …«
    »Und er hat gesagt, dass die Polizei sich zurückgezogen hat? Da hat er Ihnen aber wohl nicht ganz die Wahrheit erzählt!« Wencke nutzte den Augenblick und zwängte sich an Talabani vorbei in den Laden. Die Kundinnen wichen zurück, als erwarteten sie Schreckliches von ihr. Talabanis Schwester, die sich hinter einer Nähmaschine zu tarnen versuchte, nickte Wencke fast unmerklich zu. Konnte es sein, dass sie der Absender der Zettelbotschaft gewesen war?
    »Wo sind die Kinder?«, flüsterte Wencke und registrierte eine minimale Kopfbewegung Richtung Hintertür. Bevor Talabani begriff, sprang sie die drei Stufen hinauf und tauchte durch die bunten Perlenschnüre des Vorhangs. Dahinter war es noch immer so dunkel wie gestern, die Gardinen waren zugezogen und türkische Musik drang aus einem schuhkartongroßen Radio. Doch die Trauergäste waren verschwunden, die zahlreichen Stühle unbesetzt. Nur in einem der dunkelroten Sessel saß ein kleiner Junge und spielte mit dem Gameboy. Auf den ersten Blick hätte man ihn glatt für Emil halten können, bis auf die dunkle Haarfarbe und die igelartige Frisur, doch Größe, Haltung und Gesichtsausdruck passten schon mal. Und seine Augen – ebenso hellblau wie die von Wenckes Sohn – wurden von Wimpern umrahmt, um deren Länge ihn so manche Frau innig beneiden würde. Er schaute nicht auf, als Wencke sich auf die Lehne setzte.
    »Azad?«
    »Ja?«
    Die tiefe, heisere Stimme, die dem schmalen Kinderkörper entstammte, wirkte wie schlecht synchronisiert, als hätte

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