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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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stimmte.
    Doris Becker steuerte die Seehundbank an. Froh, dass sie vernünftig geworden war, platzierte Heinz Cremer sich an der Tür, bereit, einen gezielten Schuss abzugeben. Er war sich sicher, dass er das Richtige tat. Bald schon, so glaubte er, würden die Menschen ihm dankbar sein, seinen Mut und seine Entschlossenheit loben und Straßen nach ihm benennen.

 
    87 Eine einmotorige Cessna näherte sich mit ihrem Angst machenden Geknatter. Der Motor brummte, als sei dieser Flug eine Überforderung für ihn. Es hörte sich an, als ob die Maschine gegen ihren Einsatz protestieren würde. Kurz hinter der Cessna kam eine zweite. Sie flogen eine Angriffswelle von Nordwest. Aus Südost näherte sich der Learjet, aber er war noch wesentlich höher.
    Die erste Kugel pfiff durch die Luft.
    Margit Rose kniete mit ihrer Tochter bis zum Kinn im Wasser.
    »Hol Luft«, flüsterte sie, als hätte sie Angst, von den Fliegern belauscht zu werden. Doch Viola reagierte nicht. Da drückte Margit Rose ihr die Nase zu und presste ihren Mund auf den ihrer Tochter. Sie blies ihr Sauerstoff in die Lungen. Dann tauchten die zwei wie ein knutschendes Liebespärchen. Wenige Meter neben ihnen beobachtete ein Seehund das merkwürdige Verhalten. Er tauchte neugierig mit ihnen ab. Margit Rose nahm die Nähe des Tieres wahr, doch sie empfand seine Anwesenheit nicht als Bedrohung.
    Unter Wasser war es unerwartet laut. Luftbläschen prasselten nach oben und etwas wischte an Margits Beinen entlang. Sie traute sich nicht, im Salzwasser die Augen zu öffnen. Sie hielt es gefühlte zehn Minuten im Wasser aus; in Wirklichkeit waren es keine fünfzig Sekunden und sie musste wieder hoch, um Luft zu holen.
    Als sie auftauchte, starrte Viola sie mit weit aufgerissenen Augen voller Entsetzen an. Margit Rose beschloss, den Kopf über Wasser zu halten, nur den Kopf. Violas Wange klebte an ihrer. So konnten sie unmöglich von oben gesehen werden.
    Sie befanden sich zwischen einem Dutzend Seehunden, die es ihnen gleichtaten. Nur ihre Köpfe waren sichtbar. In ihren schwarzen Augen spiegelten sich die Lichter der Promenade.
    Machen die Tiere es uns nach?, fragte sich Margit Rose. Dann sah sie eine Cessna, aus der geschossen wurde.
    Benjo warf sich über Dennis. Er benutzte seinen eigenen Körper als Kugelfang, um den Jungen zu schützen. Aber wo war Kai? Da hörte sie durch das Brummen der Motoren seine Schreie. Er musste knapp hundertfünfzig Meter weiter in den Stacheldrahtzaun gerannt sein, der die Seehunde vor den Touristen schützen sollte. In der Dunkelheit war der unbeleuchtete Zaun fast unsichtbar, zumindest für einen Mann, der um sein Leben lief.
    Die Cessnas flogen jetzt eine Kurve. Sie würden gleich zurückkehren.
    Dennis stöhnte unter Benjo. »Ich krieg keine Luft.«
    Benjo sprang auf und zerrte Dennis ein paar Meter weit weg von den Wellen, in den trockenen, warmen Sand.
    Der Learjet kam unaufhaltsam näher. In der offenen Tür Heinz Cremer mit seinem Gewehr. Ein Scheinwerfer tastete den Strand ab.
    Benjo begann in seiner Not, Dennis einzugraben. Dennis half ohne ein Wort mit. Schon waren seine Beine nicht mehr zu sehen. Benjo häufte Sand auf seinen Oberkörper.
    Kai Rose schrie: »Hiiilfeeee!«

 
    88 Doris Becker machte ein riskantes Flugmanöver über dem Wasser. Sie waren in knapp hundert Meter Höhe. Sie ließ die Maschine ruckartig auf fünfzig Meter abkippen und in die Seitenlage fallen, als hätte sie vor, mit dem rechten Flügel den Strand umzupflügen.
    Heinz Cremer konnte sich nicht halten. Er fiel samt Gewehr wie ein Stein nach unten.
    Jens Hagen erwischte sich dabei, dass er aufatmete.
    »Bringen Sie uns bitte zum Flugplatz zurück«, sagte er höflich.
    Doris Becker nickte stumm und schickte ein Gebet zum Himmel: »Danke, lieber Gott, für diese Idee.«

 
    89 Von der Promenade rannten mehrere Familien herbei und im nicht enden wollenden Blitzlichtgewitter warf Kai Roses Körper einen riesigen, flackernden Schatten, wurde zu einer tanzenden, schwarzen Puppe, die sich in stählernen Fäden verfangen hatte.
    Ein Scheinwerfer von einer Cessna erwischte ihn und von oben sah er aus wie der gekreuzigte Jesus.

 
    90 Im Fallen begriff Heinz Cremer, dass Doris Becker ihn hereingelegt hatte. Unter ihm war alles schwarz. Er stürzte in die Tiefe. Seine Fallgeschwindigkeit beschleunigte sich. Der ostfriesische Wind griff in seine Kleidung und pumpte sie auf. Der Fall kam ihm endlos lang vor. Er rechnete damit, dass sein letztes Stündlein

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