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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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haben.
    Die riss den Mund auf und starrte ihn an, aber dann fiel Hassan um wie ein Baum, der gefällt worden war. Er machte nicht einmal den Versuch, seinen Sturz abzufedern oder aufzufangen. Wahrscheinlich war er schon tot, bevor sein Körper den Boden berührt hatte.

 
    94 Bürgermeisterin Kerstin Jansen walkte sich das Gesicht. Niemand im Krisenstab sprach. Fünfhundert lebensrettende Dosen und möglicherweise später noch einmal eine Lieferung von tausend oder mehr. Für fünf Millionen Euro. Das war einerseits viel Geld, andererseits konnte sie den Mann verstehen. Er musste dafür Leute bestechen, Wege ebnen, Bürokratien ausschalten, und auf dem Schwarzmarkt war jede einzelne Dosis ein Vermögen wert.
    Der Mann war Mitglied der US-Army, hier in Deutschland stationiert. Er hatte einen Südstaatlerakzent, so meinte Kerstin Jansen. Wenn seine Geschichte stimmte – und vieles sprach dafür –, dann könnte aus dieser Quelle die unorthodoxe Rettung der Emder Bevölkerung kommen. Die Bürgermeisterin hörte sich die Gesprächsaufzeichnung noch einmal an. Der Mann sprach ruhig und hochakzentuiert.
    »Frau Bürgermeisterin, ich gefährde mich, meine Familie und meine Kameraden. Wenn herauskommt, woher Sie die Information haben, brauche ich nicht einmal mehr politisches Asyl in Ihrem Land. Ich bin dann nämlich a dead man. Die Zeit drängt. Wenn Sie nicht interessiert sind, vergessen wir es einfach … Es ist so: Das Virus hat mit der normalen Hühnergrippe nichts zu tun. Es wurde in einem Labor gezüchtet, um hinter den feindlichen Linien zu totalem Chaos zu führen und die Infrastruktur und Logistik eines feindlichen Landes innerhalb kürzester Zeit zusammenbrechen zu lassen. Solche Experimente hat es immer gegeben. Mit dem Virus wurde auch das Gegenmittel entwickelt, sonst wäre es ja sinnlos. Sämtliche Angehörigen der US-Streitkräfte sind schon vor Monaten damit geimpft worden. Das Serum ist sicher, sonst wären Fälle von Ansteckungen oder auch von Nebenwirkungen bekannt geworden. Ich habe Quellen, die über das Serum verfügen. Sie sind unter Verschluss. Das Ganze unterliegt strengster Geheimhaltung. Wenn Sie mir fünf Millionen zur Verfügung stellen, beschaffe ich Ihnen das Mittel in wenigen Stunden. Ich habe fünfhundert Einheiten. Mit ein bisschen Glück kann ich morgen tausend weitere liefern.«
    Sie hörte ihre eigene Stimme und erkannte sie kaum. »Warum stellt uns die US-Armee das Serum nicht offiziell zur Verfügung? Warum weiß die Bundesregierung nichts davon? Warum …«
    Sie wurde in scharfem Militärton unterbrochen: »Glauben Sie im Ernst, die US-Regierung gibt zu, schuld an diesem weltweiten Ausbruch der Todesbrut zu sein? Da kämen Wiedergutmachungsforderungen in Milliardenhöhe auf die USA zu. Von den politischen Konsequenzen ganz zu schweigen. Nein. Keine Regierung der Welt hätte eine andere Chance, als das zu vertuschen. Ich weiß um Ihre Situation, Frau Jansen. Sie werden alle sterben, weil es das Gegenmittel, das seit Langem existiert, offiziell gar nicht geben darf. Halten Sie das Geld bereit. Ich rufe in einer Stunde wieder an.«
    Bürgermeisterin Jansen schaltete die digitale Gesprächsaufzeichnung ab. Sie sah sich im Kreis um. Einige ihrer Krisenstabsmitglieder waren von dem Gedanken, sie könnten an ein wirksames Gegenmittel geraten, geradezu euphorisiert. Andere wirkten depressiv oder apathisch. Der Vertreter der Geldinstitute deutete an, es sei kein Ding der Unmöglichkeit, über Barmittel in solcher Größenordnung zu verfügen, allerdings müsse in der gegebenen Situation die Frage der Sicherheiten erörtert werden …
    »Wer sagt uns«, fragte Kerstin Jansen in die Runde, »dass wir nicht einfach mit einem billigen Trick abgezockt werden? Wo können wir uns vergewissern, ob …«
    Aus der Ecke von Mitarbeitern des Gesundheitsamtes kam ein hysterisches Lachen: »Das ist eine klassische Zwickmühle. Jeder, der davon weiß, wird es leugnen. Wir können nicht einfach beim Militärattaché anrufen und mal höflich nachfragen.«
    Bürgermeisterin Jansen zählte an den Fingern auf: »Wir haben im Grunde nur zwei Möglichkeiten. Wir gehen darauf ein oder wir lassen es.«
    Erst kam verhaltenes Nicken, dann laute Zustimmung, selbst bei den Depressiven. Frau Jansen nahm einen Schluck Wasser und fuhr fort: »Tun wir es und das Mittel wirkt, retten wir die Stadt.«
    Sie sah jeden Einzelnen der Runde an, sie wollte in die Gesichter schauen, bevor sie weitersprach. »Wirkt das Mittel nicht

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