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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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und man hat uns hereingelegt, stehen wir als gutgläubige Dummköpfe da, die die Stadtkasse geplündert haben.«
    Jemand schnäuzte sich die Nase, sehr verhalten, als sei das Naseputzen ein gesellschaftlich geächteter Vorgang.
    »Tun wir es nicht und später stellt sich heraus, dass wir damit Tausende Menschenleben hätten retten können, sind wir alle erledigt.«
    »Dann möchte ich lieber tot sein«, sagte Polizeirat Ludger Schneider ehrlich.
    »Aber dann gibt es auch noch die Möglichkeit: Wir gehen nicht darauf ein und die Entscheidung war richtig und gut, weil wir es mit Betrügern zu tun haben.«
    Ludger Schneider räusperte sich: »Von Drogengeschäften wissen wir, dass dabei größere Mengen immer erst nach einer Reinheitsprobe den Besitzer wechseln.«
    Das leuchtete der Bürgermeisterin sofort ein. »Und wie sollen wir das bewerkstelligen? Eine Probe?«
    »Wir brauchen einen Virologen, jemanden, der Ahnung von Impfstoffen hat …«
    Alle Blicke konzentrierten sich auf Uwe Karstensen, den Mann vom Gesundheitsamt. Der zuckte mit den Schultern: »Sie können doch nicht von mir verlangen, dass ich …«
    Frau Jansen griff zum Telefon und rief im Susemihl-Krankenhaus an. Sie verlangte Dr. Maiwald.

 
    95 Dr. Maiwald befürchtete, das Fieber nicht zu überleben. Er wusste nicht, ob er Linda wirklich vor sich stehen hatte oder ob er halluzinierte. Sie teilte ihm mit, in der Stadt solle eine Impfaktion anlaufen, das Militär würde als Erstes durchgeimpft und danach werde der Gesundheits- und Polizeibereich immunisiert. Angeblich kam die Information vom Emder Krisenstab, von Frau Bürgermeisterin Jansen persönlich.
    Dr. Maiwald hatte Durst. Seine Gelenke fühlten sich an, als seien sie systematisch zerschlagen worden, und irgendjemand musste seinen Kopf aufgepumpt haben.
    Er versuchte, eine Hand auszustrecken und nach Linda zu greifen. Er wollte fühlen, ob sie wirklich da war. Seine Finger griffen in Watte, aber trotzdem konnte er sie riechen. Es war der Duft von Marzipan, der ihn hoffen ließ, sie sei tatsächlich bei ihm.
    »Das ist Unsinn«, sagte er mit trockener Zunge, die am Gaumen fast kleben blieb. »So schnell kann kein aktives Antiserum entwickelt werden. Das sagen die nur, um …«
    »Nein, nein. Es sind bereits Dosen nach Deutschland unterwegs.«
    »Hä?«
    »Die Bürgermeisterin ruft gleich wieder an. Bitte bleib wach. Schlaf jetzt nicht wieder ein! Glaub mir. Du sollst das Zeug testen.«
    »Du musst das falsch verstanden haben, Linda. Gib mir was zu trinken. Und Eis. Ich brauche Eis.«
    »Ich habe Erdbeer und Vanille.«
    »Egal. Hauptsache, kalt.« Er schluckte schwer. »Was sollen wir testen? Wollen sie uns als Versuchskaninchen für ein Antiserum benutzen? Meinetwegen. Nur her damit. Es ist sowieso unsere einzige Chance.«
    Sie goss ihm Wasser ein. »Ich weiß nicht. Sie ruft auf jeden Fall wieder an. Das ist alles geheim und klang sehr mysteriös.«
    »Dir hat sie es aber erzählt …«
    Linda nickte und ging zur Tür, um ihm Eis zu holen, dort drehte sie sich um: »Vielleicht habe ich sie auch falsch verstanden. Sie klang jedenfalls, als sei sie mit ihrem Latein am Ende.«
    »Das sind wir alle«, sagte Maiwald. Er ging davon aus, dass er die Nacht nicht überleben würde, und fragte sich, ob er seine Mutter anrufen sollte, um sich zu verabschieden. Er entschied sich dagegen. Nichts würde sie davon abhalten können, ihn zu besuchen, und der Gefahr wollte er sie nicht aussetzen.

 
    96 Thorsten Gärtner kannte seinen Vater so nicht, aber er ergab sich sofort dessen Entschlossenheit. Die neue Autorität hatte kaum etwas mit seinem Alter zu tun, mit seiner Bildung oder seiner Stellung in der Gesellschaft. Seine Autorität erwuchs aus dem Wunsch aller, dass endlich jemand die Führung übernahm. Kaum beugten sie sich einem fremden Willen, konnten sie auch schon aufrechter gehen, als sei eine schwere Last von ihren Schultern genommen worden.
    Sie betraten das Gelände der Farm. »Der Hühnerstall interessiert mich nicht«, sagte Gärtner. »Wir müssen ins Haupthaus zu den Büros, wo die Computer sind und die Überwachungskameras.«
    Corinnas Blicke bestärkten ihn. Die Art, wie sie ihn ansah, setzte Energien in ihm frei.
    Corinna hatte in der Berufsschule einen Text gelesen, der ihr damals alt und blödsinnig vorgekommen war: Kinder bräuchten einen Vater, der bereit sei, für sie zu töten. Sie hatte in einem Aufsatz darüber geschrieben, es sei ein Vater gemeint, der zur Jagd geht und die

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