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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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junge Mädchen da gerade in den Nachrichten gehört hatte, andererseits wussten die da oben bestimmt genau, was sie taten, und es war gut, wenn jemand die Sache entschlossen in die Hand nahm. Der Staat musste sein Gewaltmonopol durchsetzen, sonst machte in einer Krise jeder, was ihm gerade einfiel. Er war erleichtert über den Einsatz der Bundeswehr, hatte sich aber von der Armee etwas anderes erhofft, als einfach bloß alles dichtzumachen.
    »Und … was bedeutet das für uns? Was heißt das?«, fragte er mit einer Stimme, die gar nicht zu seinem massigen Körper passte.
    »Die Regierung versucht, die Seuchenherde einzudämmen«, erklärte der Kapitän sachlich. »Das ist sinnvoll, wenn man eine weitere Ausbreitung verhindern will. Wir werden in Emden vom Gesundheitsamt gut betreut werden und in Quarantäne kommen …« Den relativierenden Halbsatz verschluckte er. Eigentlich hatte er noch hinzufügen wollen: »… hoffe ich.«
    Helmut Schwann stand – immer noch mit zusammengedrückten Knien – auf seine Frau gestützt da und donnerte stimmgewaltig: »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir jetzt alle freiwillig in ein Seuchengebiet fahren, wo wir nicht wissen, ob und wie wir versorgt werden, nicht einmal Hotelzimmer haben wir dort oder …«
    Ole Ost war erleichtert, weil sich zwei seiner Leute selbstverständlich wie Bodyguards rechts und links neben ihm aufbauten. Er konnte sich auf seine Leute verlassen. Sie waren ein gutes Team. Sie taten wortlos das Richtige.
    »Das Wort Seuchengebiet ist doch lächerlich. Wir sind doch eben erst in Emden gestartet.« Er blickte in die Runde. »Sie wissen genauso gut wie ich, dass dort im Prinzip alles in Ordnung ist.«
    »Alles in Ordnung«, kicherte der Punk. Er war betrunken. »Was bist du denn für eine Knallcharge? Ich denk, es gibt da eine Tote! Und wieso riegelt die Bundeswehr die Stadt ab, wenn alles in Ordnung ist?«
    »Ach, nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Wie oft hatten wir schon Sturmwarnung und danach war die Nordsee wie ein netter, heißer Ostfriesentee, wenn der Seemann hineinpustet.«
    Das Ganze gefiel Pittkowski überhaupt nicht. Er kam sich verscheißert vor. Nein, Autorität hin, Autorität her, so einfach wollte er sich nicht verladen lassen. Helmut Schwann erhob seine Stimme. »Wir sind nicht einfach lebendes Transportgut, wie Schlachtrinder. Wir sind zahlende Fahrgäste im Vollbesitz sämtlicher bürgerlicher Ehrenrechte. Man kann mit uns nicht machen, was man will.«
    »Das hat auch niemand vor«, beschwichtigte der Kapitän, »aber besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen. Es wäre mir auch lieber, wenn Sie inzwischen auf der zauberhaften Insel Borkum Ihren ersten Milchkaffee an der Promenade genießen könnten. Aber Sie haben ja erlebt, was geschehen ist. Wir waren dort nicht wirklich willkommen.«
    »Aber nach Emden zurück wollen wir nicht. Keiner von uns, oder wie sehe ich das?«, rief entschlossen Henning Schumann, der Gelsenkirchener, der es als Schulsprecher gewöhnt war, sich im Chaos einer Schülerversammlung auf dem Pausenhof durchzusetzen.
    »Oder wie sehe ich das?!«, hängte er gern an seine Aussagen an. Dieser Satz hatte für ihn etwas Magisches. Er warnte indirekt vor Widerspruch, machte aus allen, die nicht mitmachen wollten, Idioten. Und auch jetzt, hier unter Deck, zwischen den Tischreihen, funktionierte es. Er bekam erstaunlich viel Beifall. Sogar ein Matrose sagte leise zum Kapitän: »Also ich finde, er hat recht.«
    Helmut Schwann bewegte sich, immer noch auf seine Frau gestützt, hin zu dem Schulsprecher. Die beiden sahen sich nur kurz an und jeder wusste vom anderen, dass sie als Team gemeinsam in der Lage waren, das Ruder herumzureißen. Sie hatten beide etwas, das man im Showgeschäft und in der Politik Charisma nannte.
    Helmut Schwann löste sich jetzt von seiner Frau und hielt sich an Henning Schumann fest. »Wir fordern Sie hiermit auf, eine andere, akzeptable Lösung zu finden. Ihr Vorschlag, einfach nach Emden zurückzukehren, kann so nicht angenommen werden.«
    »Ich habe keinen Vorschlag gemacht. Hier wird nicht abgestimmt. Das ist nicht die Jahreshauptversammlung vom Kegelverein! Ich bestimme hier den Kurs, in unser aller Interesse.«
    »Stoppen Sie die Maschinen«, forderte nun Henning Schumann. »Wir werden nicht in ein Seuchengebiet zurückfahren. Wir belasten dort nur die Sicherheitskräfte. Entweder laufen wir einen anderen Hafen an oder Hubschrauber sollen uns evakuieren und

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