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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Gesprächs war niederschmetternd. Sie sprach von einem »Krisenraum«, den sie mit lobenden Worten anpries: »Wir sind hier sicher, haben aber alle nötigen Mittel der Kommunikation zur Verfügung. Werden über eine Klimaanlage mit Frischluft versorgt und …«
    Er ließ sie nicht weiterreden, sondern hakte nur nach, er hoffte, er hätte das falsch verstanden: »Klimaanlage?«
    »Ja«, sagte sie. »Wir müssen uns doch vor den Viren schützen.«
    Fassungslos schüttelte er den Kopf, als ob sie hier in seinem Arbeitszimmer wäre und ihn sehen könnte. So viel Unwissenheit machte ihn fast stumm. Er hatte Kerstin Jansen, die Exfrau des Herrn über die Hühnerbatterien draußen vor der Stadt, sogar gewählt. Er mochte ihre verbindliche, eigentlich kluge Art. Sie setzte sich für Kultur ein, förderte soziale Einrichtungen in der Stadt und war nie durch Affären aufgefallen. Aber was sollte sie auch von Seuchenbekämpfung verstehen? Sie hatte Verwaltungsrecht studiert und ein paar Semester Soziologie.
    Er stellte sich ihr Gesicht vor, wie er es aus der Zeitung kannte. Vor Kurzem, bei der Verabschiedung des Chefarztes, hatte sie das Krankenhaus besucht, aber er war ihr nicht begegnet.
    Er glaubte, das Rauschen der Klimaanlage durch das Telefon zu hören, und er empfand es als unangenehm. Er räusperte sich, um sprechen zu können. Ein schmerzhaftes, trockenes Kratzen machte es ihm schwer. »Das … das ist kein Atomkrieg«, sagte er.
    »Na, zum Glück!« Sie lachte.
    Er hustete sich frei. »Eine Klimaanlage ist keine gute Idee. Sie schützt nicht vor Viren, sie verteilt sie. Das Erste, was Sie ausschalten sollten, ist die Klimaanlage.«
    Sie schwieg nachdenklich einen Moment lang, dann lachte sie erneut, unsicher diesmal. »Ja, sollen wir die Fenster öffnen oder was schlagen Sie vor? Ich meine, wir brauchen doch Frischluft.«
    »Ja, ohne Sauerstoff geht es nun mal nicht, aber …«
    Sie hatte ihre Sicherheit schon zurück. Er wunderte sich und fragte sich, ob jemand bei ihr war und ihr Erklärungen lieferte. Er glaubte, eine Flüsterstimme im Hintergrund zu hören. »Die Klimaanlage ist sehr sicher. Sie trocknet die Tropfen, in denen sich die Viren aufhalten, aus. Wir atmen sozusagen keimfreie Luft.«
    Dr. Maiwald stöhnte und rieb sich die Stirn. »Sie sind doch bestimmt schon mal in Urlaub geflogen …«
    Es tat ihm sofort leid, dass er so belehrend war. Er machte es ihr damit unnötig schwer, seiner Argumentation zu folgen.
    »Viele Menschen steigen im Urlaubsort aus der Maschine und sind erst einmal krank. Die Klimaanlage im Flieger hat die Luft ausgetrocknet, also die Schleimhäute geschädigt, und dann Viren und Bakterien verteilt.«
    »Das … das kann hier nicht passieren. Unsere Klimaanlage ist modern. Sie filtert die Luft und …«
    »Sie filtert die Luft? Es soll doch kein Kaffee aufgebrüht werden. Aber wie dem auch sei, ich kann hier sowieso nicht weg. Wir brauchen zusätzliches Personal und es müssen weitere Räume bereitgestellt werden, in denen die Kranken versorgt werden können.« Er machte eine kurze Pause. »Was die Kommune aus meiner Sicht tun kann, ist, Turnhallen, Schulen und andere öffentliche Gebäude zur Verfügung zu stellen. Es werden Atemschutzgeräte gebraucht und Desinfektionsmittel in großem Umfang und …«
    »Wir brauchen Sie jetzt hier, Herr Dr. Maiwald. Wir befinden uns in Phase fünf des nationalen Pandemieplanes. Das heißt …«
    »Ich weiß. Der Reiseverkehr kann kontrolliert und eingeschränkt werden. – Ich muss Ihnen leider mitteilen, Frau Bürgermeisterin, dass wir die erste Tote zu beklagen haben. Soeben ist die Patientin Rebecca Grünpohl an einem Multiorganversagen verstorben.«
    Endlich war es raus.
    Die Bürgermeisterin kommentierte seine Aussage mit einem ehrlichen: »Scheiße.«
    »Ich habe nie … niemals in meinem Leben solch einen Krankheitsverlauf miterlebt. Dieses Virus ist unglaublich aggressiv.«
    Das Gespräch wurde durch Telefongeklingel und Stimmen in der Nähe der Bürgermeisterin unterbrochen. Sie forderte ihn auf, sie auf dem Laufenden zu halten. Dann war die Leitung tot.
    Dr. Maiwald fühlte sich schwach und krank. Hitzewellen jagten durch seinen Körper. Er erhob sich und stützte sich schwer auf den Schreibtisch vor ihm. Ihm wurde schwindlig.
    Sein Blick fiel auf einen Teller mit einer Marzipanschnecke. Er lächelte, doch seine Hand zitterte, als er danach griff.

 
    24 Margit Rose hielt Viola fest umklammert, als sie an ihrem Noch-Ehemann vorbei in

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