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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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als mir.«
    Er stand da wie jemand, der vergessen hat, was er sagen wollte. Es machte ihr keine Angst. Sie fand es eher rührend. Noch immer erhoffte sie sich Hilfe von ihm.
    Er ging mit ihr ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er sah das Glas auf dem Boden und die umgekippte Mineralwasserflasche. Die Beulen im Bettbezug markierten noch, wo sie vorher gelegen hatte, wo sie sich – er sah es vor sich – herumgewälzt hatte. Er stellte sich vor, ihr Kleid mit einer Schere in Stücke zu schneiden und dann ihre Haut einzuritzen, bis das Fleisch darunter sichtbar wurde.
    Ich möchte Sie malen, wollte er sagen, aber er brachte die Worte nicht über die Lippen. Es war, als sei er plötzlich stumm geworden. Seine Zunge gehorchte ihm nicht mehr.
    »Was schlagen Sie vor? Was sollen wir tun? Wie ist überhaupt die Situation? Wieso fährt die Ostfriesland III nicht zurück nach Emden? Lässt man die jetzt nirgendwo an Land?«
    Oskar Griesleuchter streckte die Hand nach Chris aus, doch etwas in ihm, das gesund war und gut, erschrak über ihn so sehr, dass es ihn zwang, vor sich selbst wegzulaufen. Er drehte sich abrupt um und rannte aus dem Zimmer. Er stürmte nach draußen zur Treppe.
    Chris folgte ihm vor die Tür. »Hey, was soll das? Sie haben mir doch überhaupt noch nicht geholfen! Warum sprechen Sie nicht mit mir? Bleiben Sie stehen, verdammt noch mal!«
    Aber er rannte die Treppen hinunter. Sie sah in ihm ihre einzige Chance, Benjo zu helfen, und lief hinter ihm her.
    Im ersten Stock stolperte er und krachte lang hin. Dabei verlor er sein Pfefferspray, das er stets bei sich trug. Er ließ es einfach liegen, raffte sich auf, und statt an der Rezeption vorbei nach draußen zu laufen, rannte er weiter bis nach unten in den Saunabereich. Er riss die Tür zur Schwitzkabine auf und setzte sich aufs Holz.
    Die Sauna war auf achtzig Grad hochgefahren. Vor nicht allzu langer Zeit musste jemand einen Aufguss gemacht haben. Es hing noch ein Nebelschwaden von Limone und Minze im Raum.
    Chris sah das Pfefferspray auf dem Boden liegen, hob es auf und fragte sich, was mit diesem Mann nicht in Ordnung war.
    Unten in der Halle angekommen, sah sie ihn nicht. Sie fragte an der Rezeption: »Haben Sie einen Polizisten hier hinauslaufen sehen?«
    »Nein, nur hereinkommen. Er wollte zu Ihnen.«
    »Ja, er war auch bei mir, aber dann …«
    Chris winkte ab. Sie hatte keine Lust, das jetzt zu erklären. Er musste einen anderen Ausgang genommen haben.
    Als sie schon wieder im ersten Stock war, wurde ihr klar, dass er möglicherweise in den Keller gelaufen war. Sie konnte sich nicht erklären, warum, doch etwas in ihr sagte ihr, dass sie ihn dort finden würde.
    Sie nahm all ihren Mut zusammen. Ohne zu wissen, wie man das Ding betätigte, legte sie die rechte Faust fest um das Spray. Es war wie eine Waffe und sie hatte das Gefühl, eine Waffe brauchen zu können.
    Als sie die alte Frau Dr. Terboven und ihren Mann Wilhelm sah, die beide, in dicke Saunatücher gehüllt, aus dem Ruheraum kamen, fühlte sie sich sicherer, geriet diesen Menschen gegenüber aber zugleich in Erklärungsnot, weil sie in ihrem Leinenkleid dastand, ohne Saunatuch und Bademantel.
    Doch Frau Terboven nickte ihr nur freundlich zu und öffnete die Holztür zum Schwitzraum. Darin saß auf den mittleren Stufen ein Polizist in voller Uniform, schweißgetränkt. Er hielt sich den Lauf seiner Dienstwaffe in den Mund und presste die Augen fest zusammen. Ohne jede Frage hatte dieser Mann vor, sich umzubringen.
    Frau Terboven wich zurück. Ihr Handtuch fiel herunter. Ihr Mann griff sich ans Herz, aber Chris handelte.
    Sie sprang zwischen den beiden hindurch in die Kabine und stand ganz nah bei Griesleuchter. Am liebsten hätte sie ihn geohrfeigt, damit er zu sich käme, und ihm die Pistole abgenommen, aber sie hatte Angst, dass jede Berührung den Schuss auslösen konnte. Der Mann zitterte am ganzen Leib.
    »Lassen Sie den Scheiß!«, brüllte sie ihn an.
    Er öffnete die Augen. Die Spannung wich aus seinem Körper. Er wurde schlaff. Seine Hände waren plötzlich bleischwer und fielen mit der Waffe nach unten auf seine Knie. Glücklich, dass die Pistole nicht losgegangen war, griff Chris danach und nahm sie an sich.
    »Kommen Sie. Sie können hier drin nicht sitzen bleiben. Kommen Sie raus.«
    Die Terbovens hatten jede Lust auf einen Saunagang verloren. Herr Terboven schlug vor, jetzt oben an der Hotelbar erst einmal einen Schnaps zu trinken.
    Mit schleppenden Schritten kam

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