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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Ihnen helfen können?«
    »Na klar. Drei russische Halbtagskräfte, eine bayrische Buchhalterin, die aber nur freitags kommt, und einen Steuerberater. Ohne den kann man heutzutage keinen Betrieb mehr führen.«
    »Und wo sind die jetzt?«
    »Es ist nur eine da und die sortiert im Moment Eier. Falls sie nicht schon nach Hause gegangen ist.«
    »Na klasse. Eine Armee ist das nicht gerade, mit der wir hier aufwarten können …«
    Tim ging wieder ans Telefon. Er hörte Herrn Gärtner. Der Gesundheitsmanager bemühte sich um eine feste Stimme. »Mein Sohn hat sein Handy ausgeschaltet oder telefoniert gerade. Ich kann ihn jedenfalls nicht erreichen. Ich habe ihm aber auf die Mailbox gesprochen, dass er mich zurückrufen soll.«
    »Herr Gärtner, ich sehe gerade auf dem Monitor, wie Ihr Sohn bei uns über die Mauer steigt. Und ich kann Ihnen auch genau sagen, was als Nächstes passiert. Mein Vater wird ihn, fürchte ich, da oben herunterholen und das ist sein gutes Recht. Dieses Gelände hier ist deutlich gekennzeichnet. Wir haben eine hohe Mauer. Wer da mit einer brennenden Fackel drübersteigt, muss sich nicht wundern, wenn ihm jemand eine Ladung Schrot verpasst.«
    »Ich kann immer noch nicht glauben, dass mein Sohn … Er zählt doch nicht zu irgendwelchen radikalen Tierschützern oder so …«
    »Nee, das bestimmt nicht. Dann würde ich ihn besser kennen. Die kämen auch nicht auf die Idee, eine Legebatterie anzuzünden. Die würden höchstens die Hühner freilassen. Zwischen denen und Typen wie Ihrem Sohn gibt es keine Gemeinsamkeiten.«
    »Was soll ich denn jetzt Ihrer Meinung nach tun, Herr Jansen?«
    »Schwingen Sie sich endlich in Ihr Auto und kommen Sie her, bevor es eine Katastrophe gibt. Und wenn Sie bei der Polizei jemanden kennen, bringen Sie ihn mit.«
    »Ich kenne niemanden bei der Emder Polizei. Der Sohn von einem Klassenkameraden von mir ist Panzergrenadier in Münster.«
    Niklas Gärtner, in seinem Büro, fasste sich an den Kopf. »Mein Gott, was rede ich für einen Mist zusammen, dachte er.«
    »Na prima«, konterte Tim Jansen. »Das hilft uns weiter. Was hat der denn für einen Dienstgrad?«
    »Ich glaube, Unteroffiziersanwärter.«
    »Ja, dann kommen Sie meinetwegen mit der Bundeswehr. Hauptsache, Sie kommen. Aber beeilen Sie sich.«

 
    46 Erst war es nur ein Prickeln. Aber jetzt, da er hier oben auf der Mauer stand und das gesamte Gelände der Farm überblicken konnte, brannte seine Haut. Es war ein erhabenes Gefühl der Macht, auf das zu schauen, was er gleich vernichten würde. Die lang gestreckten Gebäude mit den sechzigtausend Legehennen hätten genauso gut Galeerensklaven beherbergen können oder todgeweihte Gladiatoren …
    Er wollte unbedingt als Erster hier hoch. Er liebte das Risiko und das hier war besser als der Kick beim letzten Bungeesprung. Je näher er einer Gefahr kam, umso mehr spürte er sich. Für Menschen, die Sicherheit suchten, hatte er nur Verachtung oder Mitleid übrig. Wie auch für Menschen wie sein Vater, die aus der Angst der Leute vor einem unkalkulierbaren Risiko, einer Krankheit oder einem Unfall ein Geschäft machten. Sozialversicherungsfachangestellter. Er konnte dieses Wort nur mit Hohn aussprechen.
    Er wollte leidenschaftlich leben und gefährlich. Immer volles Risiko fahren. Lieber jung sterben als nie gelebt zu haben. All diese lebenden Toten aus dem Bekanntenkreis seiner Familie schreckten ihn ab. So zu werden wie sie, davor hatte er Angst.
    Knubbelnase Witko Atkens stieg hinter ihm mit zwei brennenden Fackeln in der Hand die Leiter empor. Seine Nase sah jetzt aus wie lange gekochter Blumenkohl, über den jemand Ketchup gegossen hatte. Er war voller Wut und wollte irgendjemanden für all das Unrecht büßen lassen, das ihm im Laufe seines Lebens widerfahren war. Er hatte schon Türken verhauen und Pakistanis. Aber das hier war besser.
    »Los, gehen wir rein! Fackeln wir den Laden endlich ab!«
    Es konnte ihm gar nicht schnell genug gehen. Thorsten dagegen wollte es genießen, wie den Bungeesprung. Jede einzelne Sekunde. Je länger der Fall war, umso größer der Spaß.
    Die anderen drängten von unten nach. Die Leiter wackelte. »Los! Was ist denn? Worauf wartet ihr?«
    Der Seiteneingang vom Wohnhaus flog auf. Ein Mann stolperte nach draußen. Er fiel die drei Stufen fast herunter. Aber was er da bei sich hatte, war kein Spazierstock, sondern ein doppelläufiges Gewehr. Er legte damit auf sie an und rief: »Ich werde auf jeden schießen, der dieses Gelände

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