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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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    Thorsten Gärtners Wirbelsäule schien aus Feuer zu bestehen und selbst seine Haarwurzeln glühten. Er spürte sich so sehr. Ein Orgasmus war dagegen langweilig.
    »Zweieinhalb!«, rief er. »Zweidreiviertel!«
    »Meinst du, der schießt wirklich?«, fragte Knubbelnase unsicher.
    »Jedenfalls hat er dir wirklich eine reingehauen!« Thorsten grinste, wölbte seinen Brustkorb und breitete die Arme aus, als wolle er sich bewusst als Zielscheibe anbieten.
    »Na, was ist? Warum schießen Sie nicht? Sie haben doch überall Überwachungskameras, das sieht bestimmt total toll aus, wenn Sie einen unbewaffneten Menschen abknallen!«
    Ubbo Jansen sah sich um. Er brauchte jetzt Bestätigung.
    Josy stand hinter ihm in der Tür. »Schießen Sie in die Luft«, flüsterte sie.
    Er reagierte nicht.
    Atkens holte weit mit einer Pechfackel aus und warf sie auf das erste lang gestreckte Gebäude. Sie rollte ein paar Meter auf dem Dach nach unten, blieb dann aber an der Dachrinne hängen und brannte dort weiter. Einen Meter unterhalb der Fackel lagerten Strohballen wie riesige gelbe Räder im Sonnenlicht.
    »Geben Sie einen Warnschuss ab!«, rief Josy.
    Atkens holte erneut aus und versuchte, die zweite Fackel direkt in die Strohballen zu werfen.
    Ubbo Jansen sah genau, was er vorhatte, und zielte keineswegs in die Luft, sondern direkt auf das strahlend weiße Unterhemd. Er hatte schon oft mit diesem Gewehr geschossen. Meistens auf Hasen. Noch nie auf einen Menschen. Er hatte immer noch keine Kraft im linken Arm, deswegen zitterte das Gewehr, und er hatte Schwierigkeiten, es ruhig zu halten.
    Im ersten Moment war es für ihn, als sei der Rückschlag härter geworden. Der Gewehrkolben schlug ihm gegen die Schulter und der Schmerz pflanzte sich in einer Wellenbewegung durch den Körper fort, sodass er Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten.
    Nicht die gesamte Ladung traf Knubbelnase, aber doch genügend Schrotkörner, um sein Hemd zu zerfetzen und seinen Kopfwunden ein paar Blessuren hinzuzufügen. Im ersten Augenblick tat es ihm gar nicht wirklich weh. Der Schreck war größer als der Schmerz. Doch er stürzte von der Leiter. Die Fackel fiel ihm aus der Hand.
    Thorsten versuchte nicht, ihn zu halten.
    Mehr noch als der Schuss ließ Ubbo Jansens Schrei Thorsten zusammenzucken. Er hallte ihm noch lange in den Ohren nach.
    »Ubbo Jansen, still fighting!«
    Der Schrei erinnerte Thorsten an Tarzan, als er ihn zum ersten Mal mit seinem Vater im Fernsehen gesehen hatte. Ein Schwarz-Weiß-Film mit Johnny Weissmüller.
    Da unten spielte sich jemand als Herr des Dschungels auf und war bereit, seinen Dschungel zu verteidigen.

 
    47 Während Carlo Rosin vom Veterinäramt Aurich gemeinsam mit Achmed Yildirim die tote Frau Steiger in ihre Wohnung brachte, um sie dort zwischenzulagern, meldete sich sein Handy.
    Achmed Yildirim rechnete nicht damit, dass Carlo tatsächlich drangehen würde. Er tat es aber, klemmte sich das Handy zwischen Ohr und Schulter und wuchtete die Leiche die Treppen hoch. Yildirim hielt die Füße, Carlo den Oberkörper.
    Auf der Treppe ließ die tote Frau Steiger einen Furz. Carlo hätte sie vor Schreck fast fallen lassen, doch Achmed Yildirim beruhigte ihn: »Das ist ganz normal. Die lebende Frau Steiger hätte das nie getan. Sie war eine feine Dame. Ich mochte sie sehr. Sie hat bei mir vegetarischen Döner gekauft. Wahrscheinlich hatte sie Angst vor Gammelfleisch. Aber mein Fleisch ist gut. Sie hat ausländischen Menschen gern geholfen, wenn es Ärger gab mit Ämtern, Ausfüllen von Formularen und so. Sie war ein guter Mensch.«
    Carlo Rosin hörte nicht zu. Das Handy war zu laut gestellt oder er drückte es zu nah ans Ohr. Der keifende Ton seiner Frau brachte ihn fast dazu, das Handy einfach auszuschalten. Sie warf ihm vor, sie auf dieser Feier hängen zu lassen. Ihr Schwager André sehe das genauso. Er mache sich doch bloß wichtig. Er habe in Emden keinerlei Befugnisse. Überhaupt sei die ganze Feier eine Katastrophe. Es gebe keinen Service, der Koch sei nicht gekommen, die Torte nicht geliefert worden, nur der Restaurantbesitzer selber und seine Frau seien da. Ein altes Pärchen, das im Grunde selbst Betreuung bräuchte, aber nicht mehr in der Lage sei, allein ein Restaurant zu führen. Außer Kaffee und Bier gebe es praktisch gar nichts und selbst die würden grässlich schmecken.
    »Du erwischst mich gerade in einer ungünstigen Situation«, stöhnte Carlo

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