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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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trocknete sich die Hände an einem blau-weiß gestreiften Handtuch ab und hängte es dann so ordentlich wieder hin, als sei es noch unbenutzt.
    »Was wirst du jetzt tun?«, fragte Achmed. »Gehst du zu deiner Frau?«
    Carlo zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, ich sehe erst mal nach Bettina Göschl und Leon.«
    »Die Sängerin von vorhin, im Hausflur der Praxis?«
    Achmed Yildirim zog die Augenbrauen hoch und deutete mit einem Blick an, dass er diese Frau auch toll fand und für ihn jetzt alles klar sei.
    Obwohl er es nicht aussprach, wehrte Carlo Rosin sich: »Nein, nein, jetzt fang du nicht auch noch an. Ich hab nichts mit ihr. Ich denke nur, wir sind irgendwie in dieser Situation so eine Art …« Er merkte, dass er herumeierte, dann sprach er das Wort aus: »… eine Art Schicksalsgemeinschaft.«
    »Schicksalsgemeinschaft«, wiederholte Achmed bedeutungsschwanger. »Ja dann …«

 
    48 Bettina Göschl hörte das Telefon schon von draußen klingeln. Sie hatte sich entschlossen, Leon nach Hause zu bringen. Er musste den Leichentransport schließlich nicht mitmachen. Bettina fand, er habe wahrlich schon genug Traumatisierendes erlebt.
    Leon schloss auf und stürmte gleich zum Telefon.
    Die Wohnung gefiel Bettina Göschl. Hier wohnten Menschen mit wenig Geld, aber umso mehr Geschmack. Sie verstanden, auch aus wenig viel zu machen. Die Farben waren aufeinander abgestimmt, die kleine Küche sandfarben gestrichen. Im Wohnzimmer gab es eine weinrote Wand, einen alten Tisch mit gleichfarbiger Tischdecke, darauf Kerzen. Das meiste war von Ikea oder vom Flohmarkt.
    Dies hier hatte nichts von den mit viel Geld eingerichteten kalten Designerwohnungen, in die Bettina auf ihren Tourneen so oft eingeladen wurde.
    Irgendetwas, das in der Ausstrahlung dieser Wohnung lag, sagte ihr, dass die Mutter alleinerziehend war. Auf vielen vergrößerten Fotos war sie mit ihrem Sohn zu sehen. Nie ein Mann.
    Bettina musste dringend zur Toilette und lief ins Badezimmer.
    Als sie zurückkam, stand Leon mit dem Telefon in der Hand wartend vor ihr. »Hier«, sagte er. »Meine Mama.«
    Er sah verwirrt aus, und wenn sie sich nicht täuschte, hatte er gerade ein paar Tränen vergossen. Aber weil Piraten eigentlich nicht weinen, hatte er sie schnell wieder abgewischt. Nur der Glanz seiner Augen verriet den Gefühlsausbruch noch.
    »Frau Göschl? Ich bin Leons Mutter, Marie Sievers. Er hat mir schon ein bisschen erzählt, was passiert ist, aber es hört sich total verworren an. Ich bin froh, dass eine erwachsene Person bei ihm ist. Ich arbeite im Schnellimbiss an der B 210. Ich habe natürlich in den Nachrichten gehört, was vor sich geht. Ich wollte sofort nach Hause, aber sie lassen mich nicht mehr nach Emden rein. Jetzt sitzt mein Kind da drin. Ich bin total verzweifelt! Die können doch nicht eine Mutter von ihrem Kind trennen, das ist ja wie beim Mauerbau! Ich habe gesagt …« Sie hustete. »Ich habe gesagt, es ist mir egal, ob da drin ein Virus wütet oder nicht, ich will zu meinem Jungen, besonders, wenn er bedroht ist … das muss doch jeder Mensch verstehen! Aber sie haben mich nicht durchgelassen.« Sie machte eine Pause, um sich zu fassen. »Eine kleine Gruppe von Leuten versucht gerade einen Durchbruch an der Ems. Sie haben schweres Werkzeug dabei und wollen die Straßenabsperrungen knacken. Einige wollen ihre Freunde rausholen, andere ihr Bargeld, weil sie Angst vor Plünderungen haben und … Ich weiß gar nicht mehr, was ich denken soll. Ich wollte mich ihnen erst anschließen, aber dann habe ich gedacht, um Himmels willen, ich will doch nicht kriminell werden. Bitte, Frau Göschl, bringen Sie mir meinen Sohn!«
    »Ich weiß nicht, wie ich das machen soll. Ich fürchte, ich komme selbst auch nicht aus Emden hinaus. Ich habe es mit dem Zug versucht, aber am Hauptbahnhof ist alles dicht«, antwortete Bettina so ruhig wie möglich. »Sie müssen sich aber keine Sorgen machen. Dem kleinen Käpt’n geht es gut. Ich bleibe bei ihm.«
    Erst jetzt machte Bettina sich wirklich klar, dass sie gar nicht wusste, wo sie bleiben konnte. Irgendwann würde es Nacht werden. Kaum denkbar, dass ein Hotel sie aufnahm.
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich hier übernachte?«
    »Nein, im Gegenteil, ich wäre froh, wenn ich weiß, dass mein Sohn gut versorgt ist. Normalerweise könnte er jetzt zu meiner Schwester gehen, aber die ist zum Tauchurlaub auf Mauritius. Hat Leon denn schon was gegessen?«
    »Wir haben Rosinenkrapfen bekommen, sonst noch

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