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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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nichts.«
    »Ich habe einige Vorräte da. Nicht viel und nichts Besonderes. Aber – oh Gott, Sie werden bestimmt denken, was ist das für eine Mutter … Das meiste sind Fertiggerichte. Wenn ich aus dem Imbiss zurückkomme, habe ich oft keine Lust mehr, noch viel zu kochen. An meinen freien Tagen gibt es immer was Frisches. Dann gehe ich zum Markt und …«
    »Sie müssen sich doch nicht entschuldigen. Ich zaubere uns schon was zu essen. Ich hab selbst einen Bärenhunger. Wissen Sie denn, wo Sie bleiben?«
    »Ich geh zum Imbiss zurück, was soll ich sonst machen? Notfalls werde ich dort übernachten. Um mich geht’s aber jetzt gar nicht, sondern nur um Leon. Wenn Sie sich um ihn kümmern, ich werde das wiedergutmachen. Ganz bestimmt. Er könnte eigentlich auch zu Frau Steiger gehen, nach nebenan, aber er hat gesagt, sie ist … gestorben … Stimmt das?«
    »Ja, das ist leider wahr. Ihr Sohn ist sehr tapfer. Er hat mich dabei unterstützt, sie zum Arzt zu bringen. Aber wir sind zu spät gekommen.«
    Leon war sichtlich stolz, als er diese Worte von Bettina Göschl hörte. Vielleicht konnte er deshalb diesmal weinen, ohne sich seiner Tränen zu schämen.
    Bettina nahm ihn in den Arm. Die beiden hielten sich fest umklammert, während Bettina der Mutter nochmals versicherte, gut auf ihren Sohn aufzupassen.
    Dann schickte sie eine SMS an Carlo Rosin: Lieber Carlo, komm doch bitte. Ich koch uns was. Herzlich, Bettina.
    Sie tippte die Adresse ein, dann schickte sie die Nachricht ab.
    Im Kühlschrank fand Bettina drei Tomaten. Auf der Arbeitsplatte lagen zwei Zwiebeln und in einer Obstschale fanden sich zwei einsame Knoblauchzehen. Nudeln waren genug da, Spaghetti in allen Farben.
    Käpt’n Rotbart half gerne mit. Er mochte Spaghetti und es tat ihm gut, mit einem Messer Tomaten zu würfeln.
    Noch bevor die Nudeln fertig waren, erschien Carlo.
    »Ich weiß nicht, ob ich wirklich noch mit euch essen sollte. Immerhin haben meine Schwiegereltern heute goldene Hochzeit.«
    »Auf die paar Minuten kommt es jetzt auch nicht mehr an.«
    Carlo stellte erstaunt fest, dass er jetzt lieber bei Bettina und Leon blieb, als zu der Feier zu fahren. Er hatte überhaupt keine Lust auf die anderen Schwiegersöhne der Familie, mit denen er konkurrierte, und am wenigsten auf seine Frau Elfi.
    Er saß völlig stumm auf seinem Platz vor dem tiefen Teller und starrte vor sich hin, erschrocken über sich selbst. Es war ihm noch nie wirklich unangenehm gewesen, zu seiner Frau zurückzufahren. Warum hockte er jetzt hier? Was hatte er hier noch verloren?
    Er erinnerte sich an ein Erich-Kästner-Gedicht, das er in seiner Kindheit auswendig gelernt hatte. Darin kam der Satz vor: Ihnen ging die Liebe wie ein Taschentuch verloren.
    War es so mit ihm und Elfi? Ja, es war unmerklich geschehen, ganz langsam, schleichend. Mit ihrer ständigen Eifersucht hatte sie ihn immer mehr eingeengt. Manchmal schnürte es ihm fast den Hals zu, wenn er erklären musste, warum er einer Verkäuferin im Supermarkt so freundlich zugelächelt hatte, als sie ihm das Rückgeld gab. Jetzt spürte er, wie sehr er das alles leid war. Er wollte wieder gucken können, wohin er wollte, freundlich sein zu allen Menschen und ja, verdammt noch mal, Spaghetti essen, mit wem immer er Lust hatte.
    Bettina Göschl fischte mit einer Gabel zwei Nudeln aus dem Topf mit dem brodelnden Wasser und hielt sie hoch. Leon riss den Mund auf und fing die Schlangen, die Bettina in der Luft über ihm kreisen ließ, mit den Zähnen und saugte sie mit einem pfeifenden Geräusch ein.
    »Na, sind die gut?«
    »Mhhm«, sagte er, »al Ente.«
    Bettina Göschl lachte. »Das heißt, al dente, nicht al Ente.«
    Leon holte noch Sambal Oelek aus dem Kühlschrank. Ihm war das Zeug zu scharf, aber seine Mutter mochte es. Lachend erzählte er, dass sein Freund Jasper ihn mal besucht hatte und bei ihm schlafen durfte. Morgens habe er das Sambal Oelek mit der Erdbeermarmelade verwechselt und gespuckt und geschrien, so scharf sei das Zeug.

 
    49 Eins war für Benjamin Koch ganz klar: Sie mussten es selbst in die Hand nehmen, etwas für die verletzten Kinder zu tun. Hilfe von außen war nicht zu erwarten. Das bedeutete jedoch im Grunde, er musste es tun. Die Eltern würden sich sowieso nicht einig werden. Es reichte aus, wenn Margit Rose für etwas war, dass ihr Mann allein aus diesem Grund dagegen sein musste. Umgekehrt galt dasselbe. Beide wollten ihren Kindern natürlich helfen, aber wichtiger noch als das war die

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