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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Ich war auch so fast jeden Tag da!«
    »Alex, red doch keinen Scheiß. Du warst da, weil du da sein konntest, weil du auch fürs Studium lernen konntest, wenn du im Krankenhaus bei ihr am Bett gesessen hast. Du warst nur deshalb so oft bei ihr, weil das deine gottverdammten Karrierepläne nicht beeinträchtigt hat. Du bist nicht zu Hause geblieben, um dich um sie zu kümmern, du bist zu Hause geblieben, weil du Angst hattest, irgendwas anderes zu machen.«
    Alex’ Stimme wurde lauter. »Ich war bei ihr, als sie starb. Ich hab ihre Hand gehalten, während du in irgendeiner anderen Zeitzone friedlich wie ein Murmeltier geschlafen hast.«
    »Sie war einen Monat nicht bei Bewusstsein, ehe sie starb, und keiner wusste, wann es zu Ende gehen würde«, sagte Ben, dessen Wut sich aufbaute, nach Entladung schrie. »Sie hätte gar nicht gemerkt, ob ich da war oder nicht.«
    »Sie hat es gemerkt«, flüsterte Alex nickend. »Sie konnte es spüren.«
    »So ein Schwachsinn!«, schrie Ben. »Ihr Gehirn war von Tumoren zerfressen, sie war mit Medikamenten vollgepumpt, das Krankenhaus hätte über ihrem Kopf abbrennen können, ohne dass sie was davon gemerkt hätte! Gib doch einfach zu, dass du deinetwegen bei ihr warst, nicht ihretwegen, und dass du dich verdünnisiert hättest, wenn du nur den Mumm gehabt hättest, irgendwas anderes zu machen. Moms Krankheit war für dich der beste Vorwand, einfach weiter zu Hause zu bleiben, statt je woanders hinzugehen!«
    »Nein, ich wäre auf jeden Fall bei ihr gewesen! Ich war froh, dass ich das Studium nicht unterbrechen musste, zugegeben, aber ich hätte es getan, und das kannst du weißt Gott nicht bestreiten.«
    »Red dir das ruhig selber ein. Wenn du dich dann besser fühlst.«
    »Hör dir doch mal selbst zu, wie du über sie redest«, sagte Alex. »Du vermisst sie nicht mal, du Arsch.«
    »Ich vermisse sie«, sagte Ben automatisch, aber in Wahrheit tat er es nicht. Er dachte nie an sie. An keinen von ihnen. Was würde das bringen?
    »Ja? Vermisst du Dad?«
    »Fang nicht damit an, Alex. Du würdest es bereuen.«
    »Hast du dich je gefragt, warum er es getan hat?«
    »Ich warne dich, Alex.« Was sollte das denn? Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt jemanden vor irgendwas gewarnt hatte. Er hasste Warnungen, ob ernst gemeint oder als Bluff. Wenn du zuschlagen willst, schlag zu. Du warnst die andere Seite nicht vorher, damit sie sich wappnen kann. Wieso dachte und verhielt er sich bei seinem Bruder wieder wie ein Teenager?
    »Willst du wissen, was ich glaube?«, sagte Alex.
    »Nein. Wirklich nicht. Halt jetzt einfach die Klappe.«
    »Ich glaube, als du aufgegeben hast, hat er es auch getan.«
    Ben spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Er sah vor seinem geistigen Auge, wie er Alex am Hals packte und ihn mit dem Kopf immer und immer wieder gegen die Wand schlug. Seine Muskeln verkrampften sich von dem Drang –
Tu es einfach, tu es, um dem kleinen Scheißer die Selbstgefälligkeit aus dem Leib zu prügeln, zeig ihm ein für alle Mal, was passiert, wenn du den falschen Leuten blöd kommst
–, aber irgendwas hielt ihn zurück.
    Trotzdem. Er musste raus. Wenn er blieb, würde er Alex garantiert was antun.
    Und was wäre daran so schlimm …?
    Er drehte sich um und verließ das Zimmer. Möglich, dass Alex ihm irgendwas hinterherrief, er wusste es nicht genau. Der Korridor war rot gerändert, und er hatte ein Klingeln in den Ohren.
    Nie zuvor hatte er ein so dringendes Bedürfnis gespürt, jemanden umzubringen, wie jetzt. Na, die Nacht war ja noch jung.

23 Ausmanövriert
    Ben fuhr auf der I-280 in südlicher Richtung, den Tempomat auf siebzig Meilen eingestellt, da er fürchtete, vor lauter Wut, die er noch immer im Bauch hatte, zu schnell zu fahren. Es war spät, und es herrschte kaum Verkehr. Die Hügel schimmerten schwach unter einer hohen Mondsichel.
    Er hatte beschlossen, heute Nacht noch eine Sache zu erledigen, und er würde sie erledigen. Höchstwahrscheinlich kam ohnehin nichts dabei raus, aber bei Gott, er würde sich an den Plan halten, egal wie sehr der kleine Scheißer ihn auf die Palme brachte.
    Er zwang sich, den ganzen Mist zu verdrängen und sich auf taktische Überlegungen zu konzentrieren. Sogleich fühlte er sich besser. Genau das machte ihn aus. Genau darin war er gut.
    Sie hatten Leute zu Alex’ Hotel geschickt. Sie wussten also, dass er sich einen neuen Unterschlupf suchen würde. Daher würden sie wahrscheinlich keinen zweiten Anlauf bei ihm zu Hause

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