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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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schloss die Augen, blieb einen Moment mit schief gelegtem Kopf stehen und lauschte. Der Wind raschelte in den Baumwipfeln, trug ganz schwach das Rauschen von dem spärlichen Verkehr auf der I-280 herüber. Wie oft hatte er sich nachts hier entlang aus dem Haus oder ins Haus geschlichen, Nächte, die ebenso gerochen und geklungen hatten wie diese? Er erinnerte sich, dass er genau an dieser Stelle gestanden und betrunken zwischen die Bäume gepinkelt hatte, inständig hoffend, dass seine Eltern tief und fest schliefen, während er sich gleichzeitig eine Geschichte ausdachte, für den Fall, dass sie wach wurden. Und dann –
    Genug. Konzentrier dich.
    Genau. Er zog behutsam die Glock aus dem Holster und schlich über das Gras am äußersten Rand des Vorgartens der Levins. Er ging langsam und verharrte nach jedem Schritt auf dem feuchten Gras, um sich umzusehen und zu lauschen.
    Er brauchte vier Minuten für die knapp fünfzehn Meter bis zum Holzzaun von Alex’ Garten. Es war kein hoher Zaun, nur eins-achtzig, der weniger die Privatsphäre schützen als vielmehr dafür sorgen sollte, dass Arlo, der Hund der Familie, nicht ausbüchste. Er war ein leicht neurotischer Pudel, der von ihrer Mutter über alles geliebt, aber von Ben höchstens geduldet worden war und den auf jeden Fall längst das Zeitliche gesegnet hatte. Er konnte die Stelle zwischen Haus und Garage so deutlich sehen, als hätte jemand einen Punktstrahler darauf gerichtet. Niemand da. Er blickte sich im Garten um. Er sah genauso aus, wie er ihn in Erinnerung hatte. Die Hütte, die ihr Vater für sie gebaut hatte, als sie Kinder waren. Der Whirlpool, den nie einer benutzt hatte. Es war, als würde Alex in einer Art Familienmuseum wohnen. Es war erbärmlich.
    Ben ließ den Blick durch den Garten schweifen – niemand zu sehen –, steckte die Glock zurück ins Holster und zog sich behutsam am Zaun hoch. Er drehte sich seitlich, schob das rechte Bein hinüber, dann das linke, und ließ sich dann schrecklich langsam runter auf den Boden. Er holte die Glock wieder hervor und wartete, spähte und lauschte. Nichts.
    Der Garten war überwiegend mit Holzmulch und Kies bedeckt. Er mied die Bereiche, blieb auf dem Gras, im Schatten. Schritt. Stopp. Spähen und lauschen. Schritt. Stopp. Spähen und lauschen.
    Da die Stelle neben der Garage so ideal für einen Hinterhalt war und er dort niemanden entdeckt hatte, ging er eigentlich nicht mehr davon aus, dass jemand hier lauerte. Wahrscheinlich waren sie inzwischen wirklich knapp an Leuten. Oder sie rechneten nicht damit, dass Alex heute Nacht zurückkommen würde. Oder beides.
    Dennoch, Vorsicht war besser als Nachsicht. Die einzige andere Stelle, die sich als Hinterhalt anbot, befand sich an der gegenüberliegenden Ecke des Hauses, die zur Straße zeigte. Sie lag am Ende eines schmalen Hundezwingers, der auf einer Seite vom Haus, auf der anderen vom Zaun begrenzt wurde. Dort war man selbst im Dunkeln, konnte aber trotzdem die Straße im Auge behalten und zurück zur Garage gehen, sobald man einen Wagen einbiegen sah.
    Er schlich langsam auf das Haus zu und verharrte an der erhöhten Holzveranda, von der eine Doppelschiebetür in die Küche führte. Schritt. Stopp. Spähen und lauschen. Er ging in die Hocke, nutzte die Deckung, die die Veranda bot, und bewegte sich seitwärts weiter.
    Er war fast an der linken Ecke des Hauses und wollte schon um sie herumspähen, als er von hinten eine Stimme hörte, die leise, aber mit tödlicher Entschlossenheit die stille Nachtluft durchschnitt.
    »Nicht umdrehen. Ich trage auch eine Nachtsichtbrille. Ich bin in Deckung, und mitten auf deinem Rückgrat ist ein Laserpunkt.«
    Ben hatte eine Nanosekunde, um zu entscheiden, ob er sich blitzschnell umdrehen und angreifen oder ob er gehorchen sollte. Die gelassene Sicherheit in der Stimme sowie die Fakten, die sie aufgezählt hatte, überzeugten ihn davon, dass die zweite Wahl die bessere war. Vorläufig.
    Er blieb reglos stehen. Wo war der Typ? Der Richtung nach, aus der die Stimme gekommen war, musste er sich hinterm Whirlpool befinden.
    »Waffe fallen lassen und runter mit der Brille«, sagte die Stimme. »Beweg dich ganz, ganz langsam. Der Laser ist mit einem Taurus Judge verbunden.«
    Ben kannte das Modell – ein Revolver, der sich auch mit Schrotmunition vom Kaliber .410 laden ließ, mit einem gezogenen Lauf, der für eine größere Streuung der Schrotkugeln sorgte und noch aus sechs Metern Entfernung ein faustgroßes Loch riss.
    Im

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