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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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mehr als nur ihr Äußeres.
    Vielleicht war das, was ihn faszinierte, ihr Gang, die Art, wie sie ihm die Hand gegeben hatte, ihre Stimme (weich, weiblich und doch überhaupt nicht affektiert und irgendwie kräftig), die Art und Weise, wie sie ihm in die Augen sah (selbstbewußt), und nicht nur ihr Aussehen. Trotz der Umstände ihrer Begegnung, trotz der Tatsache, daß sie ein ern stes Problem hatte, über das sie sich ohne Zweifel Sorgen machte, besaß sie eine ungewöhnliche innere Ruhe, die ihn faszinierte.
    Das erklärt es aber auch nicht ganz, dachte er. Seit wann habe ich je den Drang verspürt, mit einer Frau ins Bett zu springen, nur wegen ihrer ungewöhnlichen inneren Ruhe?
    Nun gut, er würde also seine Gefühle nicht analysieren können, jedenfalls jetzt noch nicht. Er würde sich einfach treiben lassen und später versuchen, seine Reaktion zu begreifen.
    Er trat wieder hinter seinen Schreibtisch, setzte sich und sagte: »Vielleicht hätte ich Ihnen nicht sagen sollen, daß ich mich für Innendekoration interessiere. Vielleicht ist es in Wirklichkeit das falsche Image für einen Privatdetektiv.«
    »Ganz im Gegenteil«, sagte sie, »ich entnehme daraus, daß Sie gut beobachten können, aufmerksam sind, wahrscheinlich sehr empfindsam, und daß Sie einen ausgezeichneten Blick für Einzelheiten haben. Das sind alles Eigenschaften, die ich mir von einem Mann in Ihrem Beruf wünschen würde.«
    »Richtig! Genau!« freute er sich und strahlte sie entzückt an.
    Er mußte gegen den fast unwiderstehlichen Drang ankämpfen, sie auf die Stirn zu küssen, auf die Augen, auf die Nasenspitze, ihre Wangen, ihr Kinn und zuallerletzt ihre herrlich geformten Lippen.
    Aber er sagte nur: »Nun, Mrs. Scavello, was kann ich für Sie tun?«
    Sie erzählte ihm von der alten Frau.
    Er war schockiert, neugierig und von Mitgefühl erfüllt, aber zugleich war ihm unbehaglich, weil man nie wußte, was man von verrückten Typen wie dieser alten Frau zu erwarten hatte. Alles mögliche konnte sich daraus entwickeln und würde es vermutlich auch. Außerdem wußte er, wie schwierig es war, solche Menschen aufzuspüren; da zog er Menschen mit klaren, verständlichen Motiven vor. Verständliche Motive waren es, die seine Arbeit möglich machten: Habgier, Neid, Eifersucht, Rache, Liebe, Haß - sie waren die Grundelemente seines Berufs. Dem Himmel sei Dank für die Schwächen und Unzulänglichkeiten der Menschheit, denn sonst hätte es für ihn keine Arbeit gegeben. Außerdem fühlte er sich unbehaglich, weil er Angst hatte, er könnte Christine Scavellos Erwartungen nicht erfüllen, und in dem Fall würde sie wieder für alle Zeiten aus seinem Leben treten. Und wenn sie für alle Zeit aus seinem Leben trat, würde er sich mit Träumen von ihr begnügen müssen, und für Träume dieser Art war er einfach zu alt.
    Als Christine die Ereignisse des Morgens, den Mord an ihrem Hund und den Anruf der alten Frau geschildert hatte, sagte Charlie: »Wo ist Ihr Sohn jetzt?«
    »Draußen in Ihrem Wartezimmer.«
    »Sehr gut. Dort ist er in Sicherheit.«
    »Ich weiß nicht, ob er das irgendwo ist.«
    »Beruhigen Sie sich. Dies ist nicht das Ende der Welt. Wirklich nicht.«
    Er lächelte ihr zu, um ihr zu zeigen, daß dies nicht das Ende der Welt war. Er wollte sie dazu bringen, daß sie sein Lächeln erwiderte, weil er sicher war, daß ihr Lächeln ihr Ge sicht noch lieblicher machen würde. Aber sie schien kein Lächeln in sich zu haben.
    Also fuhr er fort: »Also gut, was diese alte Frau betrifft. Sie haben sie mir ziemlich detailliert beschrieben.« Er hatte sich Notizen gemacht, während sie redete. Jetzt blickte er darauf. »Aber ist da sonst noch etwas, was uns bei der Identifizierung helfen könnte?«
    »Ich habe Ihnen alles gesagt, woran ich mich erinnere.«
    »Wie steht es mit Narben? Hatte sie irgendwelche Narben?«
    »Nein.«
    »Trug sie eine Brille?«
    »Nein.«
    »Sie sagten, sie sei Ende Sechzig oder Anfang Siebzig gewesen — «
    »Ja.«
    » — und doch hatte sie kaum Falten im Gesicht.«
    »Das ist richtig.«
    »Ungewöhnlich glatt, irgendwie aufgedunsen, sagten Sie.«
    »Ihre Haut, ja. Ich hatte einmal eine Tante, die bekam Cortisonspritzen wegen ihrer Arthritis. Ihr Gesicht war wie das Gesicht dieser Frau.«
    »Sie meinen also, sie ist wegen irgendeiner Form von Arthritis in Behandlung?«
    Christine zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Könnte sein.«
    »Trug sie ein Kupferarmband oder irgendwelche Kupferringe?«
    »Kupfer?«
    »Das

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