Todesdrang: Thriller (German Edition)
er hatte durchmachen müssen, empfand er sie letztendlich als angemessen, als gerecht . Einen Teil des Geldes hatte Dirk Niklas zukommen lassen, auch wenn es ihm einiges an Überredungskunst abverlangt hatte. Außerdem hatte er das Haus rollstuhlgerecht umgestalten lassen und einen großräumigen Van gekauft, der genügend Platz für Ankes Rollstuhl bot. Doch all das milderte seinen Hass auf Lohmann und seine Taten nicht im Geringsten. Der wiederum schien seinen Abgang ebenso akribisch geplant zu haben wie seine Kreuzzüge.
In Lohmanns Haus fand die Polizei die Leiche seiner Mutter. Er hatte sie mit einem Kissen erstickt. Alle Daten auf seinen Computern waren fachmännisch vernichtet worden und auch von Spezialisten nicht wiederherstellbar. Selbst auf seinem Handy konnte die Polizei nur ein Programm zur Satellitenortung sicherstellen. Keine gespeicherten Telefonnummern oder Kontakte. Er hatte sein digitales Leben ebenso ausgelöscht wie sein reales. Lediglich seine Tagebücher fand man ordentlich aufgestapelt auf seinem Schreibtisch. Eine Art schriftliches Vermächtnis des Bösen, das sein zerrissenes Innenleben dokumentierte und der Polizei als posthume Anklageschrift diente. Dirk wurde von allen Verdachtsmomenten freigesprochen. Dass er von einem Schuss aus Beckers Waffe getroffen worden war, wurde als Unfall zu den Akten gelegt. Lediglich der Verbleib von Christian Kuhns Kopf beschäftigte die Beamten noch eine Weile. Dirk hatte es vorsorglich vermieden, sie über diesen Punkt aufzuklären. Er selbst hatte nach wie vor Probleme damit, sich mit seiner dunklen Seite abzufinden, die an jenem Abend in Niklas’ Haus zum Vorschein gekommen und seitdem nie wieder ganz verschwunden war. Er spürte sie in sich lodern wie ein Schwelbrand, der nach neuer Nahrung suchte. Nach einem Auslöser , wie Lohmann es bezeichnet hätte. Daher war er dankbar dafür, sich um Anke kümmern zu können. Eine Aufgabe, die ihn voll und ganz beanspruchte und die dieses Feuer im Zaum hielt.
Wieder am Friedhofstor angekommen fielen Dirk drei junge Männer auf, die um ein Auto herumstanden. Halbstarke, mit Bierflaschen in den Händen, die auf dem Parkplatz herumlungerten und die Zeit totschlugen. Offensichtlich waren sie bereits angetrunken. Kaum hatten sie Dirk bemerkt, wie er Anke über die Straße schob, grölte einer von ihnen los.
»Seht euch die an«, grunzte er und verschluckte sich beinahe an seinem Bier. »So steif wie die ist, hätte er die Tante auch gleich auf dem Friedhof lassen können!«
Die beiden anderen lachten.
»Nee«, meinte der Kräftigere von ihnen. »Ich wette, der hat sie gerade ausgebuddelt und nimmt sie mit nach Hause in die Kühltruhe!«
Schallendes Gelächter.
Dirk legte einen Schritt zu. Am Auto angekommen öffnete er sofort Heckklappe und Beifahrertür. Während er Anke ins Auto hievte, betete er inständig, dass sie die Bemerkungen dieser Idioten nicht mitbekam.
»Na wenigstens hält sie still, wenn er sie vögelt!«
Alle drei schlugen sich auf die Schenkel vor Lachen.
Dirk klappte den Rollstuhl ein und verstaute ihn im Kofferraum. Dabei fielen ihm einige Passanten auf, die demonstrativ die Köpfe wegdrehten. Er war sicher, die drei hätten auch mit dem Messer auf ihn losgehen können, und keiner der Leute hätte eingegriffen. Auf ihre Hilfe konnte er also nicht vertrauen. Daher verkniff er sich eine Erwiderung, um die drei Männer nicht noch mehr anzustacheln. Doch er prägte sich ihre Gesichter ein, stellte sich diese Kerle vor, wie sie vor einem Richter stehen würden, nachdem sie in betrunkenem Zustand jemanden attackiert oder einen Autounfall verursacht hätten, bei dem womöglich Unschuldigen das gleiche Schicksal widerfahren wäre wie Anke. Und wie sie anschließend mit einer Bewährungsstrafe davonkämen. Das konnte er nicht zulassen.
Nachdem er den Motor gestartet und zurückgesetzt hatte, fiel sein Blick auf das Nummernschild des Wagens.
Dirk beschleunigte und verfolgte im Rückspiegel, wie einer der Kerle ihm seine leere Bierflasche hinterherwarf, die klirrend auf dem Asphalt zerschellte. Man sieht sich immer zweimal im Leben!
Ein seltsam beruhigendes Gefühl breitete sich in ihm aus, während er das Feuer in sich lodern spürte.
Es war an der Zeit für Gerechtigkeit!
Es war an der Zeit für ein neues Spiel …
Anmerkung und Danksagung
Die Geschichte, die Sie gerade gelesen haben, ist frei erfunden. Dennoch habe ich mich bemüht, sehr nahe an der Realität zu bleiben. Aus Gründen der
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