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Todesengel

Todesengel

Titel: Todesengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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ersten Mal unangesprochen zu Wort. »Ich finde deinen Kommentar ziemlich rätselhaft«, erwiderte Trent. »Kannst du dich vielleicht etwas konkreter ausdrücken? Oder verfügt unser schwarzseherischer Doktor Superschlau etwa über spezielle Informationen, die uns normalen Sterblichen entgangen sind?«
    »Ihr würdet mir sowieso nicht glauben, wenn ich euch erzählen würde, was ich vermute«, sagte Kevin, während er in das Feuer starrte. Die Glut spiegelte sich in seinen dicken Brillengläsern wider, so daß er aussah wie eine unheimliche Gestalt ohne Augen.
    »Komm schon, erzähl uns dein Geheimnis!« forderte Steve ihn auf.
    David sah zu Angela hinüber und fragte sich, wie sie sich wohl unter all diesen depressiven Leuten fühlen mochte. Für ihn selbst war die Stimmung an diesem Abend unangenehmer als damals im August am See. Mit den üblen Witzen und den sexuellen Anspielungen seiner Freunde hatte er besser umgehen können als mit dieser Art von Feindseligkeit und mieser Stimmung. »Ich habe ein bißchen mehr über Randy Portland herausgefunden«, sagte Kevin, ohne seinen Blick vom Feuer abzuwenden. »Aber ihr würdet mir niemals glauben. Das ist mir klargeworden, als ich gesehen habe, wie ihr auf meine Bemerkung reagiert habt, daß er sich womöglich gar nicht umgebracht hat.«
    »Los, Kevin. Jetzt erzähl schon, was du gehört hast«, sagte Trent. »Mach doch nicht so eine große Geschichte daraus!«
    »Also gut«, begann Kevin. »Ich habe mal mit Michael Caldwell zu Mittag gegessen, weil er unbedingt wollte, daß ich auf einer seiner unzähligen Ausschußsitzungen einen Vortrag halte. Während des Essens hat er mir erzählt, daß Harold Traynor, der Vorsitzende des Krankenhausvorstands, eine sehr seltsame Unterhaltung mit Randy Portland geführt habe - und zwar an seinem Todestag. Caldwell wußte auch, daß Traynor alles, was Portland gesagt hat, an Charles Kelley weitergegeben hat.«
    »Mensch, Yansen! Nun komm doch endlich mal zum Punkt!« sagte Trent ungeduldig.
    »Randy Portland hat behauptet, daß im Krankenhaus irgend etwas faul sei.«
    Trent tat jetzt so, als ob ihm vor Schreck die Kinnlade herunterfiel. »Daß in unserem Krankenhaus irgend etwas faul sei? Ich bin wirklich geschockt! Absolut geschockt!« Trent schüttelte fassungslos den Kopf. »Meine Güte, Kevin! Es gibt jede Menge Dinge, die in diesem Krankenhaus nicht stimmen. Wenn das die Pointe deiner Geschichte ist, dann hast du mich aber nicht gerade schwer damit beeindruckt.«
    »Portland hat noch mehr gesagt«, erwiderte Kevin. »Er hat Traynor mitgeteilt, daß er für nichts seinen Kopf hinhalten werde.«
    Trent blickte jetzt fragend zu Steve hinüber. »Ist mir vielleicht irgend etwas entgangen?«
    »Offensichtlich ja«, sagte Kevin. »Aber von einem Chirurgen kann man wohl nicht verlangen, daß er solcherlei Feinheiten kapiert. Mir ist jedenfalls klar, was in Portland vorging: Er ahnte, daß mit einigen seiner Patienten etwas sehr Seltsames geschah. Ich glaube, er hätte besser den Mund gehalten. Wenn er nämlich nichts gesagt hätte, würde er heute wahrscheinlich noch leben.«
    »Für mich klingt das Ganze so, als ob Portland auf dem besten Wege war, vollkommen durchzudrehen«, sagte Trent. »Depressiv war er ja ohnehin. Ich weiß nicht, was du mit dieser Geschichte bezwecken willst. Du tust so, als wäre das Ganze eine finstere Verschwörung, aber du hast keinerlei Beweise dafür. Woran ist der Patient von Dr. Portland denn eigentlich gestorben?«
    »An einer Lungenentzündung und an einem Endotoxin-Schock«, antwortete Steve. »Das stand jedenfalls auf seinem Totenschein.«
    »Na, seht ihr!« sagte Trent. »Wenn man jede Menge von gramnegativen Erregern im Blut der Leiche gefunden hat, dann birgt der Tod ja wohl kein Geheimnis mehr. Tut mir leid, Kevin, damit kannst du mich wirklich nicht überzeugen.«
    Plötzlich sprang Kevin auf. »Warum bemühe ich mich überhaupt, euch das alles zu erklären?« fragte er abschätzig. »Ihr seid doch alle so blind wie Fledermäuse. Aber wißt ihr was? Das ist mir scheißegal!«
    Dann stieg er über Gayle hinweg, die sich auf dem Boden vor dem Kamin ausgestreckt hatte, und stürmte die Treppe hinauf, die zu seinem und Nancys Schlafzimmer führte. Er knallte die Tür so fest hinter sich zu, daß sie fast aus den Angeln fiel.
    Nach diesem Vorfall sagte zunächst niemand ein Wort. Alle starrten in das Feuer. Der Regen prasselte mit einer Wucht auf die Dachfenster, als ob Reiskörner vom Himmel fielen.

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