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Todesengel

Todesengel

Titel: Todesengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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nie in der Stadt oder in irgendeinem Geschäft gesehen. Zudem war bekannt, daß er niemals an irgendwelchen Krankenhaus-Veranstaltungen teilnahm. Harold wurde es langsam unangenehm, daß sie schon so lange schwiegen. Deshalb räusperte er sich und fragte: »Ist bei dir zu Hause alles okay?«
    »Ja«, antwortete van Slyke.
    »Dein Haus ist gut in Schuß? Keine Probleme damit?«
    »Nein«, erwiderte van Slyke.
    Harold fühlte sich auf einmal herausgefordert, van Slyke mehr zu entlocken als nur eine einsilbige Antwort. »Fühlst du dich im zivilen Leben wohler als bei der Marine?«
    Van Slyke zuckte nur mit den Schultern und zeigte Harold nun auch auf der oberen Parkebene jede einzelne Lampe. Harold nickte wiederum zufrieden. An Lampen schien es tatsächlich nicht mehr zu mangeln. Er nahm sich vor, abends einmal auf den Parkplatz zu fahren, um selbst zu sehen, wie hell es dort nach Einbruch der Dunkelheit war. »Ich bin zufrieden«, sagte Harold. Sie gingen zurück ins Krankenhaus. »Du gehst doch sparsam mit deinem Geld um, oder?« fragte Harold.
    »Hmm«, grummelte van Slyke.
    »Du machst deine Arbeit sehr gut, finde ich«, sagte Harold. »Ich bin wirklich zufrieden mit dir.« Van Slyke zeigte immer noch keine Regung. Er war vom Regen klatschnaß, und auf seinem Gesicht waren kräftige, schwarze Bartstoppeln zu sehen, obwohl er sich offenbar morgens rasiert hatte. Harold fragte sich, wie ein Mensch nur so abgestumpft sein konnte, doch dann erinnerte er sich daran, daß er den Jungen noch nie verstanden hatte, nicht einmal, als er noch ganz klein gewesen war. Manchmal konnte Harold kaum glauben, daß er mit Werner van Slyke verwandt war. Doch es war nicht zu leugnen. Van Slyke war Harolds einziger Neffe; er war der Sohn seiner verstorbenen Schwester.
    Als sie die Baumreihe erreichten, durch die die Parkebenen voneinander getrennt waren, blieb Harold stehen. Er schaute hinauf in die Zweige. »Wieso sind hier keine Lampen aufgestellt worden?«
    »Mir hat niemand gesagt, daß ich hier auch Lampen aufstellen soll«, erwiderte van Slyke. Es war der erste vollständige Satz, den er von sich gegeben hatte. Für Harold war diese Reaktion beinahe ein Grund zur Freude. »Ein oder zwei Lampen würden sich ganz gut machen, finde ich«, sagte Harold.
    Van Slyke deutete mit einem Nicken an, daß er verstanden hatte.
    »Vielen Dank für den Rundgang«, sagte Harold im Weggehen. Er war sichtlich erleichtert, daß er die Begegnung beenden konnte. Harold hatte sich immer mit Schuldgefühlen herumgeplagt, weil er sich von seinen eigenen Verwandten distanziert hatte; doch im Grunde wunderte ihn das überhaupt nicht, denn Werner van Slyke war wirklich eine rätselhafte Gestalt. Allerdings mußte er sich eingestehen, daß auch seine Schwester keineswegs als vollkommen normal zu bezeichnen war. Ihr Name war Sunny doch sie war alles andere als strahlend oder lebenslustig gewesen. Ihr Leben lang galt sie als ruhige und zurückhaltende Frau, und sie hatte ständig unter Depressionen gelitten.
    Harold hatte nie begriffen, warum Sunny Dr. Werner van Slyke geheiratet hatte, obwohl sie genau wußte, daß er ein Trinker war. Schließlich hatte sie sich umgebracht. Harold hatte sich oft damit zu trösten versucht, daß er seiner Schwester natürlich geholfen hätte, wenn sie mit ihren Problemen zu ihm gekommen wäre. Wie dem auch sei, sein Neffe hatte jedenfalls keine glückliche Kindheit gehabt, und wenn man das berücksichtigte, war es nicht überraschend, daß Werner van Slyke ein so seltsamer Kauz geworden war. Immerhin hatte er bei der Marine eine Ausbildung als Maschinist absolviert, und er war hilfsbereit und zuverlässig. Harold war jedenfalls froh, daß er dem Krankenhaus vorgeschlagen hatte, seinen Neffen einzustellen.
    Schließlich gab Harold sich einen Ruck und steuerte auf das Büro von Helen Beaton zu.
    »Ich habe leider wieder mal ein paar schlechte Neuigkeiten«, sagte Harold, während die Sekretärin ihn in Helens Büro bat, und berichtete ihr von dem Stadtratsbeschluß. »Hoffentlich werden nicht noch mehr Frauen überfallen«, erwiderte Helen. Sie war sichtlich enttäuscht. »Das hoffe ich auch. Vielleicht schrecken die vielen Lampen den Täter endlich ab. Ich habe mir die Parkplätze gerade angesehen. Meiner Meinung nach sind sie jetzt ausreichend beleuchtet. Nur der Weg zwischen den beiden Parkebenen ist noch zu dunkel. Aber ich habe van Slyke schon gebeten, auch dort noch ein paar Lampen aufzustellen.«
    »Es tut mir wirklich

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