Todesengel
dem Patienten ist nicht mehr zu helfen.« Das war nun wirklich das Letzte, was David hören wollte; dabei hatte er schon selbst begonnen, das Schlimmste zu befürchten. Er konnte einfach nicht fassen, daß er jetzt schon seinen zweiten Patienten verlieren sollte; schließlich arbeitete er erst seit drei Monaten im Krankenhaus von Bartlet.
David drehte sich zu Dr. Hasselbaum um. Doch auch Dr. Hasselbaum kam ohne Umschweife zu dem Schluß, daß er nur wenig Hoffnung habe. Er war der Meinung, daß die schwere Lungenentzündung durch besonders hartnäckige und tödliche Bakterien hervorgerufen worden sei und er zudem unter einem Schock leide. Er unterstrich seine These mit dem Hinweis darauf, daß John einen sehr niedrigen Blutdruck habe und vermutlich die Nieren allmählich versagen würden. »Es sieht nicht gut aus. Mr. Tarlow scheint kaum noch körpereigene Abwehrkräfte zu haben; wahrscheinlich ist das auf seine Leukämie zurückzuführen. Viel Hoffnung besteht nicht mehr, aber wir könnten vielleicht noch eines probieren - ich kann ein Medikament bekommen, das sich noch im Versuchsstadium befindet und mit dem genau diese Art von Endotoxin-Schock einmal behandelt werden soll. Was halten Sie davon, Mr. Tarlow dieses Mittel zu verabreichen?«
»Wir sollten es versuchen«, sagte David sofort. »Das Medikament ist allerdings sehr teuer«, gab Dr. Hasselbaum zu bedenken.
»Aber es steht ein Menschenleben auf dem Spiel«, erwiderte David.
Gut eine Stunde später, als die Behandlung von John in die Wege geleitet war und es vorläufig nichts weiter zu tun gab, eilte David in seine Praxis. Wieder einmal war im Wartezimmer jeder Platz besetzt; einige Patienten mußten sogar im Flur stehen. Jeder, sogar die Arzthelferin, schien entnervt zu sein.
David atmete einmal tief durch und begann mit seiner Sprechstunde. Zwischendurch rief er immer wieder auf der Intensivstation an, um sich nach Tarlows Zustand zu erkundigen. Jedesmal teilte man ihm mit, daß sich nichts verändert habe.
Neben den Patienten, die einen Termin hatten, mußte David sich an diesem Morgen auch noch um etliche Kranke mit akuten Beschwerden kümmern, und das sorgte für ein noch größeres Durcheinander. Normalerweise hätte er diese Fälle in die Notaufnahme geschickt, doch Kelleys Zurechtweisung hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Zwei von diesen Patienten erinnerten ihn dann auch noch an die schlimmen Erlebnisse der vergangenen Tage, nämlich Mary Schiller und Jonathan Eakins.
Einerseits hatte David ein beklemmendes Gefühl, wenn er daran dachte, wie sich im Krankenhaus zunächst der Zustand von Marjorie Kleber und jetzt auch der von John Tarlow verschlechtert hatte, doch andererseits sah er keine andere Möglichkeit, als auch Mary Ann und Jonathan einzuweisen. Er konnte es einfach nicht verantworten, die beiden ambulant zu behandeln. Mary Ann litt unter einem extrem starken Stirnhöhlenkatarrh, und Jonathan hatte schwere Herzrhythmusstörungen. Also füllte David die Einweisungsformulare aus und schickte sie beide zum Krankenhaus hinüber.
Bei den beiden anderen Patienten mit akuten Beschwerden handelte es sich um zwei Nachtschwestern, die beide auf der zweiten Etage der Krankenstation arbeiteten. David war den beiden schon mehrmals begegnet, wenn er zu Notfällen gerufen worden war. Sie klagten über dieselben Unpäßlichkeiten: Anzeichen einer Grippe und allgemeines Unwohlsein, leichtes Fieber, geringe Anzahl weißer Blutkörperchen sowie Magen-Darm-Probleme in Form von Magenkrämpfen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Nachdem David die beiden Frauen untersucht hatte, empfahl er ihnen, sich zu Hause ins Bett zu legen, und verschrieb ihnen leichte Mittel für die Behandlung der Symptome.
Als David einen Moment Zeit hatte, fragte er Susan, ob im Krankenhaus eine Grippewelle grassierte. »Ich hab’ nichts davon gehört«, antwortete sie.
Angelas Tag verlief besser als erwartet. Mit Wadley hatte sie keine weiteren Zusammenstöße; sie hatte ihn noch nicht einmal gesehen.
Gegen Mittag rief sie den Leiter der Gerichtsmedizin, Dr. Walter Dunsmore, in Burlington an. Sie erklärte ihm, daß sie als Pathologin im Städtischen Krankenhaus Bartlet arbeite und daß sie sich für den Fall Hodges interessiere. Außerdem fügte sie hinzu, daß sie schon einmal in Erwägung gezogen habe, sich auf dem Gebiet der Gerichtsmedizin fortzubilden.
Dr. Dunsmore lud Angela auf der Stelle ein, einmal nach Burlington zu kommen, um sein gerichtsmedizinisches Labor
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