Todesfahrt: Thriller (German Edition)
musst auch nicht mehr töten! Bald wirst du ein neues Leben beginnen, fern von hier in meiner Heimat!«
Auch wenn Jamanah nicht alles verstand, so fühlte sie sich durch seine Nähe getröstet. Ein paar Augenblicke lang saß sie an ihn gelehnt, während ihr Geist endgültig von ihren Toten Abschied nahm. Dann raffte sie sich auf und richtete die Lampe auf seine Verletzung. Die Wunde blutete noch immer stark. Daher legte sie den provisorischen Verband neu an. Sie war gerade damit fertig, als Geräusche hinter ihr aufklangen. Rasch griff sie nach Dietrichs Waffe und drückte ihm diese in die Hand. Dieser ließ die MP jedoch sofort wieder sinken und winkte Torsten, Omar Schmitt und Fahrner, die an der Spitze mehrerer Soldaten heranstürmten, zu sich.
»Wie steht es oben?«
»Wir haben die meisten Piraten niedergekämpft. Den Rest holen wir uns mit Reizgas«, antwortete Torsten, entdeckte dann Sayyidas Laptop auf dem Boden und hob ihn auf. Als er den Bildschirm hochklappte, sah er in Al Huseyins Gesicht.
»Ich glaube, das ist Ihr Job«, sagte er und reichte Omar den Laptop.
Der Halbsomali starrte auf den Bildschirm, als könne er es nicht glauben. »Warum hast du das getan?«, fragte er. »Du bist doch ein echter Isaaq!«
Al Huseyin schüttelte den Kopf. »Meine Mutter war eine Dulbahante. Um es genau zu sagen, eine Tante zweiten Grades von Sayyida. Das hatte früher für mich keine Bedeutung. Aber als du, ein europäisches Halbblut, mir vor die Nase gesetzt wurdest, habe ich mich der Sippe meiner Mutter erinnert. Ich hätte hoch steigen können, doch durch deine Schuld und die der verdammten Deutschen ist es misslungen.«
»Sie sollten die Schuld nicht bei anderen suchen, sondern bei sich selbst«, sagte Torsten über Omars Schulter hinweg.
Al Huseyin machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wer schuld ist, interessiert nicht mehr. Es ist vorbei!«
»Das ist es«, erklärte Omar Schmitt mit harter Stimme. »Trotzdem gebe ich dir eine Chance. Wenn du verschwunden bist, wenn ich zurückkehre, kannst du weiterleben. Wenn nicht, wirst du sterben!« Er erhielt keine Antwort mehr, Al Huseyin hatte die Verbindung unterbrochen.
Omar schaltete den Laptop ab und blickte Torsten zweifelnd an. »Ich hoffe, er nimmt sich meinen Rat zu Herzen und flieht. Ich würde ihn ungern töten. Doch wenn es sein muss, tue ich es!«
Fahrner war auf die apathisch daliegenden Gefangenen zugetreten und starrte entsetzt auf die schmutzigen Männer hinab, deren Wunden mit schmierigen Lappen verbunden worden waren. »Das waren keine Menschen, sondern Teufel!«
»Sie war die Teufelin!«, rief Dietrich und zeigte auf die tote Sayyida. »Erinnert euch an die Berichte von der Lady of the Sea . Sie muss die Frau sein, die das Kreuzfahrtschiff hat kapern lassen.«
»Sie hat auch mein Schiff gekapert«, meldete sich jetzt Kapitän Wang mit zitternder Stimme, »und die Hälfte meiner Mannschaft erschossen! Mein Erster Offizier Arroso und zwei weitere Männer sind während der Gefangenschaft umgekommen.«
Einer der gefangenen Bundeswehrsoldaten stützte sich auf die Ellenbogen. »He, Fahrner! Bist du es wirklich?«
Dann entdeckte er Dietrich von Tarow und stieß einen Jubelruf aus. »Herr Major! Wir wussten, Sie würden uns nicht im Stich lassen!«
»Nur ruhig Blut, Jungs! Wir holen euch gleich hier heraus. Oben muss nur noch der Pulverdampf abziehen.« Trotz seiner Schmerzen begann Dietrich zu lachen und forderte dann Torsten und Jamanah auf, ihm auf die Beine zu helfen.
Torsten schüttelte den Kopf. »Sie gehören genau wie die armen Hunde hier auf eine Trage! Das werde ich als Erstes veranlassen, sobald ich oben bin. Keine Sorge, falls es kracht! Dann haben wir die Ankerkette gesprengt und den Kasten in Schlepp genommen. Wenn wir zögern, glauben die Piraten der somalischen See wirklich noch, sie könnten die Caroline ein zweites Mal kapern!« Torsten klopfte Dietrich kurz auf die Schulter und verließ eilig den Raum.
Jamanah aber blieb bei dem Verletzten, und ihre Gegenwart war Dietrich tausendmal lieber.
EINUNDZWANZIG
A
ls Torsten den Soldaten Bescheid gesagt hatte, die nun als Sanitäter tätig wurden, und an Deck stieg, empfing ihn eine beklemmende Stille. Es fiel kein Schuss mehr, und die Frauen und Kinder drängten sich ängstlich in den leergeräumten Containern. Ihren Mienen nach schienen sie sich zu wundern, dass sie noch lebten. Auch Sayyidas Piraten hatten es vielfach vorgezogen, die Waffen zu strecken. Andere waren, von
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