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Todesfalter

Todesfalter

Titel: Todesfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Korber
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sein Assistent. Aber mit ein wenig Glück werde ich das Vergnügen haben, Euch in seinem Garten begrüßen zu dürfen, um Euch herumzuführen. Wir teilen ein wenig die botanischen Neigungen.«
    »Oh, ich … äh, ich wusste noch gar nicht, dass er … – Das ist sehr freundlich«, setzte sie ein wenig hilflos hinzu.
    Er lächelte sein sympathisches Lächeln. »Jungfer Imhoff kann eine sehr überzeugende Fürsprecherin sein. Aber ich versichere Euch, dass Eure Bildtafeln den Doktor mindestens ebenso beeindruckt haben. Sie und die Genauigkeit Eurer Beschreibungen.« Er bot ihr seinen Arm an. »Und es ist also in der Tat so, dass Ihr beobachten konntet, wie die Raupen sich einspinnen?«
    Maria nickte. »Bis es so weit ist, halte und füttere ich sie mit den Blättern der Pflanze, auf der ich sie gefunden habe. Andere Nahrung nehmen sie meist nicht. Sie gehören eng zusammen mit dem Busch, dem Baum oder der Blume, auf der sie leben. Es ist ein fein durchdachter Zusammenhang, müsst Ihr wissen.« Sie warf ihm einen vorsichtigen Blick zu. Die Worte kamen ihr wie von selbst. So war es immer, wenn sie auf ihr Thema zu sprechen kam: Es floss einfach aus ihr heraus. Dennoch fragte sie sich, wo er hinwollte und wie sie von ihm loskommen könnte für ihr delikates Vorhaben.
    »Und aus diesen – wie beliebtet Ihr es zu nennen? – Dattelkernen, zu denen sie sich verspinnen, entweichen sie dann völlig verwandelt als Schmetterlinge?«
    Sie neigte bestätigend den Kopf. »Ihr habt gut zugehört, Herr …«
    »Peller. David Alexander Peller. Zu Euren Diensten.« Er zog den Hut und offenbarte dabei eine zerdrückte, wenig gepflegte Perücke, die hier vor der Stadt auf dem staubigen Weg seltsam feierlich anmutete, trotz ihres beklagenswerten Zustandes.
    Maria musste unwillkürlich lächeln.
    Er bemerkte es. In seine Augen trat ein trauriger Blick. »Erstaunlich, dass die Welt das bislang nicht glauben wollte und lieber annahm, die Tiere entsprängen Unrat und Schlamm und teuflischem Werk. Dabei tragen wir doch alle unterschiedliche Häute und erscheinen ganz verschieden darin, je nachdem, welche gerade zu sehen ist.«
    Sie fühlte sich ertappt. Es tat ihr leid, sie war die Letzte, die sich über einen Menschen des Geistes erheben sollte, nur weil er unter Geldmangel litt. Aber sie hatte im Moment wirklich andere Dinge im Kopf. »Leider«, begann sie, »habe ich …«
    »Oh«, er schlug sich an die Stirn. »Ich raube Euch die Zeit.«
    »Nein, nein«, beeilte sie sich zu versichern, ließ aber seinen Arm los. »Ich bin es vielmehr, die so einen wichtigen Mann von der Arbeit abhält.« Sie schaute umher, ob es Zeugen für ihr Zusammentreffen gab oder einen Ort, an dem er möglichst bald verschwinden würde, damit sie ungesehen zum Johannisfriedhof käme. Aber der einzige Mensch weit und breit war eine tief verhüllte, gebückt gehende Frau, die sich in einiger Entfernung vorbeidrückte. Das Glöckchen, das bei jedem Schritt ertönte, sagte Maria, dass es sich bei ihr um eine der Siechen aus dem Kobel beim Stadttor handelte. Diese Frau war jemand aus einer anderen Welt. Sie würde sich nicht für das interessieren, was hier geschah.
    Dr. Peller zog bedauernd die Stirn in Falten. »In der Tat bin ich gerufen worden, eine Leiche zu begutachten. Ein armes Ding ohne Anhang, das man im Friedhof von Johannis neben die Gartengeräte geworfen hat. Es soll in Johannis gewohnt haben.« Er neigte sich ihr zu. »Sie wurde ermordet.« Dann richtete er sich wieder auf. »Aber verzeiht, das ist gewiss kein Thema für Frauen wie Euch.«
    Ein Lachen stieg in Maria Sibyllas Kehle hoch, das sie gerade noch rechtzeitig verschlucken konnte. Mochte er es als »Ha!« deuten. Sie winkte ab. »Ich danke Euch für Euer Zartgefühl, Herr Doktor, aber ich fürchte, der Tod macht vor keinem Halt. Ich war leider diejenige, die das Mädchen heute Morgen fand. Dabei …«
    »Ach«, unterbrach er sie. »Das ist ja ein glücklicher Umstand. Ihr würdet nicht zufällig …? Aber nein, das geht natürlich nicht, das ist sicher selbst von einer Frau der Wissenschaft wie Euch zu viel verlangt.«
    Maria war so erleichtert, dass sie von sich aus wieder seinen Arm nahm. Wenn das kein Wink des Schicksals war. »Sehr gerne«, platzte sie heraus. Erst dann wurde ihr bewusst, dass das wohl kaum die angemessene Reaktion auf eine Einladung zur Leichenschau war. Sie fügte hinzu: »So wie ich Euch bald in den Volkamer’schen Gärten meine Welt zeigen werde, zeigt Ihr mir nun die

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