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Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Backert
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meine, es kann doch heutzutage jeder im Internet nachlesen, dass es beispielsweise diese Kreishypothese gibt; nimm einfach zwei Tatorte als Endpunkte eines Kreises, dann muss der Mörder innerhalb dieses Kreises sitzen … was heißt so etwas zum Beispiel für unseren Fall?«
    Ein kurzer Blickkontakt zwischen Antlkofer und Löhlein, dann ergriff die Münchner Polizeipsychologin das Wort.
    »Dann wissen Sie sicher auch, dass diese ›Kreishypothese‹ aus dem Großbritannien der frühen Achtziger stammt und in dieser Form gar nicht mehr angewendet wird, Herr Balke«, konterte sie kühl. »Für uns sind die Statistiken des BKA maßgeblich. In neunzig Prozent aller Fälle bundesweit liegen der Ort des Täter-Opfer-Kontakts und der Ankerpunkt, also der Lebensmittelpunkt des Täters, höchstens zwanzig Kilometer auseinander. Luftlinie, wohlgemerkt.«
    Leichte Unruhe im Saal. Der Chefreporter der Neuen Presse überlegte laut: »Das heißt für Ann-Sophie, Kontaktort war Coburg, also sitzt der Täter …«
    »… irgendwo zwischen Eisfeld, Sonneberg, Bad Staffelstein und Ebern«, vollendete Löhlein, »ganz genau! Und irgendwo dort versteckt er auch Ann-Sophie.«
    Vielleicht aber auch ein Stück weiter in Hirschaid …
    * * *
    Charly wusste nicht mehr, ob Nässe und Kälte von außen oder von innen kamen. An den großen Holzpfosten gefesselt, saß er seit Stunden auf eiskaltem Steinboden. Stechender Schmerz zuckte immer wieder durch seinen Unterleib, pochte in den Hoden und zog hinauf in seinen völlig verkrampften, steifen Rücken.
    Vergeblich mühte er sich, dem Brennen eines vermeintlichen Harndrangs nachzugeben. Schon lange hatte sich seine prall gefüllte Blase entleert, hatte Slip und Jeans durchtränkt mit körperwarmem Urin, der jetzt nur noch kalte, stinkende Nässe war. Kalt wie der Würgegriff der eisernen Kette an seinem Hals. Und Stunden schien es her, seit der Transvestit in den Raum getänzelt war und ihm mit einem höhnischen Lächeln ruckartig das Panzerklebeband vom Mund gerissen hatte.
    »Muss das sein«, keuchte Charly und leckte sich die aufgerissenen, blutenden Lippen.
    »Na, Kommissar?«, fragte die falsche Frau mit ihrer Männerstimme spöttisch.
    Aus dem Nebenraum drang plötzlich aufgeregtes Stöhnen, wie dumpfe Hilfeschreie.
    »Ann-Sophie!«, krächzte Charly heiser, »Kommissar Herrmann hier, meine Kollegen sind gleich da!«
    Der Transvestit wieherte vor Lachen. »Der war gut, Herr Kommissar«, prustete er und tastete nach seiner leicht verrutschten Brust. »Hey, du sitzt angekettet in deiner eigenen Pisse, ich habe deine Dienstwaffe, und dein Handy habe ich heute früh höchstpersönlich künstlerisch bearbeitet, mit Farbe, Feuer und dem großen Hammer, ›Communication Breakdown‹ heißt meine kleine Installation …«
    »Phantasielos«, murmelte Charly. Das Auto, schoss es ihm gleich darauf durch den Kopf, mein Alfa …
    Die falsche Frau schien seine Gedanken zu lesen. »Und dein schwarzer Bolide steht seit heute Nacht auf dem Großparkplatz Ketschenanger. Niemand weiß also, wo du während der letzten Stunden deines erbärmlichen Schnüfflerlebens dahinvegetierst und gemeinsam mit Ann-Sophie verfaulst. Mensch, das eröffnet mir ja wunderbarste Optionen«, aufgeregt legte er die Hand auf seinen Mund, zuckte, um sein Make-up nicht zu verwischen, im letzten Moment wieder zurück, »was für ein Gesamtkunstwerk!«
    Voller Vorfreude trippelte er, stilettoklackernd, kreuz und quer durch den Raum. »Der tote Kommissar, in meinem eigenen Travestie-Outfit … in der Hand noch die warme Pistole, mit der er seine kleine Ballerina erlöst hat! Und sich dann heldenhaft selbst gerichtet hat! Wowowow …!«
    13:55 Uhr – Hirschaid, Industriestraße, Center Hotel Drive Inn.
    Ein weißer VW -Bus mit getönten Scheiben rollte im Schritttempo über den Hotelparkplatz und hielt schließlich unmittelbar neben dem Eingang. Dort hatte sich ein unscheinbares, zwangloses Rauchergrüppchen um den Standascher versammelt: Löhlein, Gerald Heym und Tom Scherzer.
    Fünf Fensterputzer in dunkelblauen Arbeitsoveralls stiegen aus, luden Stehleitern und gelbe Plastikeimer aus. Ein kurzer Blickwechsel des Kapos mit Tom Scherzer, eine halblaute, kryptische Frage: »Butterfly?«
    »Butterfly. Zwovier, zweiter Stock.«
    Zwei Fensterputzer begaben sich gemächlich Richtung Hintereingang. Die anderen drei trugen ihre Utensilien ins Hotel hinein.
    »Genial getarnt«, grinste Heym und strich sich über seine

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