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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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Ihm habe ich die Rolle zugedacht, Noël zu trösten und zu bewachen. Ich drückte mein Gesicht an seinen Hals, er riecht nach Sonne, tätschele ihn, ein Schmusehund. Lukas sollte rasch mit ihm Gassi gehen.
    Moshe würde leiden, hätte er Benno gekannt und ins Herz geschlossen. Hat er aber nicht, das ist ein Trost und eine Zuversicht, für Moshe und für uns alle, wenigstens einer von uns wird unbeschadet sein, das Zentrum.
    * * *
    Was für ein Tag. Ich greife zum Hörer, Alja.
    »Ich weiß, dass du mir nicht am Telefon Antwort gibst. Du hast mir das aufgeladen, irgendeinmal wirst du mir deine Gründe darlegen müssen. Was für ein Tag, was für eine Klientin. Ich tappe im Dunkeln, ich muss spüren, um was es hier gehen könnte. Ich finde, diese Meret Platen ist eine außergewöhnliche Frau, das sah ich ja schon nur an diesen Bildchen, die sie dir geschenkt hat. Doch sie ist ein Fall für die Psychiater. Und schon das ist erstaunlich, sie hat keinen. In ihren Kreisen gehört es doch zum guten Ton, in Analyse zu sein, irgendetwas findet sich immer, das sich therapieren lässt. Dann zahlen sie sich dumm und dämlich, nur damit ihnen jemand ernsthaft zuhört. Warum geht Meret Platen nicht in die Analyse? Was versteckt sie?
    * * *
    Ich weiß es von Knut. Sven tauchte drei Tage später bei Knut auf, nach dem Nachtessen. Sie haben zusammen ein kleines Bier getrunken. Sven habe jemanden zum Reden gebraucht.
    Am Morgen nach unserem unerfreulichen Disput fand Svens Gespräch mit Herrn Direktor Mattis Platen-Alt statt. Sven habe sich einfach angemeldet und habe schon zehn Minuten später mit Urs Bäumlin am Empfang gestanden. Sie mussten ihre Ausweise zücken, die Autoritätsgeste aus den Fernsehkrimis, die auch bei dieser Empfangsdame die Wirkung nicht verfehlt hat. Sie griff zum Hörer, sie durften mit dem Lift hochfahren.
    Kaum betraten sie sein Privatsekretariat, trat er mit federndem Schritt zur anderen Tür herein. Jetzt, da sie zu zweit waren, erschien er Sven wesentlich kleiner als an jenem Sonntag auf ›Holsten‹. Ein Distanz schaffender Händedruck, da träfen sie sich ja schon wieder. Was es sei, das die Personalabteilung nicht beantworten könne? Ob es überhaupt einen Grund gebe, herzukommen? – Geschliffene Höflichkeit, ein leicht kühler Ton – sie kamen ungerufen und störten, die Hierarchie war gegeben. Sven musste sich bemühen, nicht beeindruckt zu sein. Genau dazu werde die Fülle dieser Bilder, dieser Möbel und Pflanzen ausgelegt, Leute wie sie auf Distanz zu halten. Das habe Sven Knut wörtlich so gesagt.
    Yorge Droz? – Da die Zusammenarbeit auf dieser Stufe des Unternehmens doch relativ eng sei, sei er als CEO natürlich bestens im Bild über das augenblickliche Sabbatical von Yorge Droz, sein wohlverdienter Urlaub. Im Augenblick halte er sich irgendwo in Mittelamerika auf, in den Pampas, ›midlife‹, der Traum eines jeden Jungen. Der Sinn einer derartigen Reise liege doch gerade darin, für niemanden erreichbar zu sein. Droz habe selbstverständlich diverse Anschriften hinterlassen, je eine für zwei Monate. Man gehe ja dann doch nicht ganz aus der Welt. Nein, Familie habe er seines Wissens nicht – geschliffen und auf der Hut.
    Sven habe zunächst unverfängliche Fragen gestellt, doch Platen-Alt habe demonstrativ auf seine elegante Uhr gesehen, Weißgold, ›Blancpain‹. Er selbst habe eine wichtige Besprechung abgekürzt, ein Termin sei gleich anstehend, wenn es noch weitere wirkliche Fragen gebe, sollten sich die beiden Kommissare doch umsehen, er könne ihnen einen Assistenten zur Seite geben.
    Jetzt habe Urs Bäumlin eingegriffen. Er sei hier als Chef der Strafrechtsabteilung. Leider werde der Herr Generaldirektor verspätet zur nächsten Besprechung kommen. Fakt sei, Herr Direktor Droz sei mit größter Wahrscheinlichkeit tot. Sie hätten Beweise. Ebenso wahrscheinlich sei, dass er durch ein Verbrechen umkam. Die Untersuchungen seien erst dabei anzulaufen, sonst hätte der Herr Direktor ja sicher auch davon schon gehört. Der Fall werde von Kommissar Dornbier geleitet, denn die Spur, die auf ein Verbrechen hinweise, habe man auf ›Holsten‹ gefunden. Wenn ein Verbrechen geschah, dann mit größter Wahrscheinlichkeit auf den ›Höhen‹ – Hochberg, Feldisberg, Lenz – in Dornbiers Distrikt. Drei Todesfälle hätten eine Verbindung ausgerechnet zu ›Holsten‹. Bei jedem der drei ergebe sich der Bezug zur Firma ›Delton Biotec‹. Das sei Grund genug, sich ihnen zur Verfügung zu

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