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Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Thujenreihen. Kohler hielt vor einem Park. Die schwarze Wolkendecke lag drückend wie ein schweres Tuch über Wien. Sabine fühlte die schwüle Hitze. Gleich einem eingesperrten Tier, das nicht entweichen konnte, staute sich die Hitze unter den tief hängenden Wolken.
    Sneijder stieg aus und steckte sich einen Joint an. Mit kaltem Blick musterte er die Autos vor dem Haus, als speicherte er im Geiste die Nummernschilder. Vermutlich ein Reflex, er konnte nicht anders. Dann deutete er zu dem Bungalow auf der gegenüberliegenden Seite. »Das wird wohl die Praxis sein.«

    Sabine folgte der Marihuanawolke über die Straße.
    »Harmann arbeitet in der Bachallee«, murmelte Sneijder.
    Sabine dachte sofort an den Komponisten. Ohne Sneijders Kommentar wäre ihr diese Assoziation nicht gekommen.
    Kohler sperrte den Wagen ab. »Was ist so besonders daran?«
    »Bach!«, rief Sneijder, als wäre Kohler begriffsstutzig. »Carl Bonis Vater war Dom-Organist und auf Stücke von Bach spezialisiert. Dann geht sein Sohn zu einer Therapeutin in der Bachallee.«
    »Damit ist doch der Bach im Park hinter uns gemeint.«
    »Und wenn schon.« Sneijder zog an dem Joint und setzte sein Leichenhallenlächeln auf. »Glauben Sie allen Ernstes, Carl dachte an das Rinnsal in den Büschen, als er vor diesem Haus stand, das Türschild betrachtete und Panik bekam, weil die Seelenklempnerin in den nächsten fünfzig Minuten seine Vergangenheit wie mit einem Bulldozer aufwühlen würde?« Er untersuchte das Schloss. »Mehrere Sicherheitsriegel. Deshalb hat er sie wohl aus ihrer Wohnung entführt. Wie kommen wir rein?«
    »Auf einen Durchsuchungsbeschluss des Richters warten wir ewig.« Kohler nahm einen Stein aus dem Blumenbeet und warf ihn durchs Fenster. »Da jedoch Spuren von Gewaltanwendung vorliegen, ist Gefahr im Verzug, und wir gehen ohne Beschluss rein.« Er holte einen Dietrich aus der Tasche.
    So arbeitete die Wiener Kripo also.
    »Sie können mit diesem Ding umgehen?«, fragte Sneijder.
    »Natürlich. Machen Sie den Ofen aus, bevor Sie reingehen.«
    Sabine trat an Kohlers Seite. »Sie könnten meinem Kollegen beibringen, wie man damit umgeht. Dann muss er keine Türen mehr eintreten.«
    Sneijder nahm einen tiefen Zug und zertrat den Joint vor der Haustür. »Eichkätzchen, bevor ich Türen eintrete oder Fensterscheiben einwerfe, schaue ich nach, ob offen ist.«
    »Sehr witzig …« Kohler verstummte, als die Tür ohne sein Zutun aufschwang.

    Sie war nicht abgesperrt gewesen. Sogleich griff Sneijder nach der Waffe im Holster.
    »Ruhig mit den wilden Pferden«, flüsterte Kohler und zog ebenfalls die Dienstwaffe.
    Aus dem Haus drang eine dumpfe, verzerrte Stimme, die Sabine eine Gänsehaut über den Rücken jagte.

32
    Helen saß auf der Couch. Sie hatte die Aufnahme von der letzten Sitzung mit Rose Harmann gehört und danach Carls Selbstgespräche. Die Kassette war noch nicht zu Ende, aber die Tonbandspulen drehten sich nur noch langsam. Die schwache Batterie verzerrte Carls Stimme zu einem Grusel-Hörspiel.
    Helen konnte es immer noch nicht fassen. Was für einen Wahnsinn hatte die Therapeutin mit diesem jungen Mann getrieben! Es gab kein Medikament namens Torrexin. Ein Psychopharmakon vorzutäuschen und einem Klienten zu »verabreichen«, grenzte an beruflichen Selbstmord. Fielen diese Dokumente einer Ethik-Kommission in die Hände, wäre es um Harmanns Zukunft als Therapeutin geschehen! Warum war sie so weit gegangen? Aus bloßem Ehrgeiz? Oder aus Furcht vor Übergriffen ihres Klienten, falls es ihr nicht rechtzeitig gelang, die Therapie erfolgreich zu beenden?
    Alle Fakten des Falls bestätigten ihren Verdacht, dass Carl seine Therapeutin entführt hatte. Helen kannte auch den Grund. Sie blickte auf die Uhr. Ihre letzte Frist lief in dreißig Minuten ab. Rose hatte also noch einen Finger. Bei dem Gedanken wurde ihr übel. Aber immerhin lebte Rose noch, sofern Carl Wort gehalten hatte. Es wurde Zeit, die Mobilbox zu besprechen, um zumindest das Leben der Frau zu retten, auch wenn sie diese abgrundtief hasste.
    Plötzlich schreckte Dusty hoch und blickte mit gespitzten Ohren zur Tür. Im nächsten Moment klirrte eine Fensterscheibe, und etwas polterte über den Boden. Helen sprang auf. Ihre Gedanken rasten.
    Carl ist hier!
    Sie musste nach einem Versteck oder einer Waffe suchen! Eilig
lief sie ins Bad und riss den Wandschrank auf. Bürsten, Lippenstift und Kontaktlinsenbecher fielen ihr entgegen. Hastig durchwühlte sie die Fächer nach

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