Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
Vom Netzwerk:
für die Entführung rausgefunden«, schluchzte sie. »Harmann wollte sich mit einem raschen Therapieerfolg profilieren. Carl vertraute ihr. Doch sie hat ihn zweimal hintergangen – mit Hypnose und einer Wahrheitspille. Wie ein naiver Junge ließ er sich von ihr überrumpeln, und nun hat sich seine Gefühlswelt in ein unkontrollierbares Chaos gewandelt. Sein Hass übertrug sich nicht nur auf sie, sondern auf alle Frauen aus seiner Kindheit.«

    »Haben Sie eine Vermutung, warum Carl ausgerechnet Sie für dieses Spiel ausgewählt hat?«, fragte Sneijder.
    Weil er herausgefunden hat, dass mein Mann seine Therapeutin vögelt!
    »Sie war bei mir in Behandlung«, antwortete Helen knapp. Das hatte sie auch Ben am Telefon erzählt. Bevor sie mehr preisgäbe, würde sie sich lieber die Zunge abbeißen.
    Sneijder wandte sich an seine Kollegin. »Eichkätzchen, in unserer Theorie steckt ein Fehler. Das Datum der Entführungen, der 6. des Monats, hat nichts mit Carls Geburtstag zu tun, sondern mit dem Tod seiner Schwester. Am 20. Dezember starb sein Vater. Es geht einzig und allein um Tod. Zwei denkwürdige Sterbetage. Eichkätzchen?«
    Sabine Nemez schien wie weggetreten. Ihr Blick verlor sich in weiter Ferne. Ihre Augen waren immer noch gerötet. »Ich musste an meine Mutter denken … Carl hat sie am Sonntagabend um halb acht in München an die Domorgel gekettet und mit Tinte ertränkt. Anschließend muss er wie der Teufel nach Wien gerast sein. Damit er Rose Harmanns Finger abtrennen konnte, den er um fünf Uhr früh im Briefkasten deponierte, muss er sie nachts um etwa halb vier aus ihrer Wohnung entführt haben. Er arbeitet unter Zeitdruck!«
    »Ihre Mutter war eines seiner Opfer?«, fragte Helen. »Oh Gott, das wusste ich nicht. Es tut mir so leid.« Nun ergab vieles einen Sinn. Diese Frau hatte vor drei Tagen ihre Mutter verloren. Während andere trauerten, kam sie nach Wien, um einem Phantom hinterherzujagen, das weiter morden würde, wenn niemand es aufhielte.
    »Carl Boni verliert keine Zeit«, sagte Sneijder. »Die Abstände werden kürzer, sein Spiel nähert sich dem Ende.«
    »Es ist kein Spiel«, korrigiert Helen ihn, »sondern ein ausgeklügelter Rachefeldzug.« Sie blickte auf die Uhr, dann schaltete sie das Handy ein. »Ich muss ihm auf dem Ansagetext meiner Mobilbox eine Nachricht hinterlassen, sonst tötet er Rose Harmann.«

    »Einen Moment!« Sneijder kniff die Augen zusammen. »Halten Sie es für möglich, dass Carl Boni einen Komplizen hat?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sind Sie sicher?«
    »Absolut. Carl Bonis Vertrauen wurde missbraucht. Er wurde hintergangen, und nun verarbeitet er die Qualen und Foltern seiner Kindheit auf seine Art und Weise. Er würde niemanden in seine Pläne einweihen. Carl ist so allein, wie ein Mensch nur sein kann. Wie ein Hilfeschrei bittet er die Angehörigen seiner Opfer, den Grund für seine Taten herauszufinden. Vermutlich kennt er den Grund selbst nicht, und die richtige Antwort würde ihn die Rache beenden lassen.«
    »Also kein Komplize«, resümierte Ben. »Dann hätten wir uns die Mühe mit der Zeitungsente sparen können.«
    »Wovon zum Teufel redet ihr?«, rief Helen.
    »Carl Boni wurde vor wenigen Stunden angeschossen und verhaftet«, erklärte Sabine Nemez. »Aber er liegt im künstlichen Tiefschlaf, und wir wissen nicht, wo er Doktor Harmann gefangen hält.«
    Helen ließ den Arm mit dem Handy sinken. »Verhaftet?«, wiederholte sie. Das konnte doch nicht sein! Wozu hatte sie sich die Mühe gemacht, all das über Carl Boni herauszufinden, wenn die Kripo ihn vor Stunden aus dem Verkehr gezogen hatte?
    Sie sah auf die Uhr. Ihre Frist lief soeben ab. Das Monster war also gefangen worden.
    Da ließ sie das Klingeln ihres Handys zusammenfahren.
    Unbekannter Teilnehmer.

33
    »Das ist er«, presste Helen hervor.
    »Er kann es nicht sein!«, widersprach Ben. »Carl liegt auf der Intensivstation des Allgemeinen Krankenhauses – bewacht von drei Beamten.«
    »Er ist es«, wiederholte Helen. Sie spürte, dass er dran war. Sobald sie das Gespräch annähme, würde sie Carl Bonis elektronisch verzerrte Stimme hören. Ihren arroganten Klang und die Frage, ob sie den Grund der Entführung herausgefunden hatte. Noch etwas wusste sie: Carl Boni hatte Rose Harmann mittlerweile alle Finger abgetrennt.
    Ben griff nach ihrer Hand. »Beruhige dich. Carl Boni ist überführt.«
    Nein, verdammt! Du irrst dich! Das Klingeln machte sie wahnsinnig.
    »Wer auch immer dran ist«,

Weitere Kostenlose Bücher