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Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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nicht.
    Sabine klopfte gegen die Scheibe. »Wann, glauben Sie, können die Leichen nach Tschechien überstellt werden?«, fragte sie. »Nächstes Jahr zu Weihnachten?«
    Der Mann zuckte mit den Achseln. Sein Doppelkinn wackelte. »Hören Sie, dafür bin ich nicht zuständig.«
    »Doktor Hirnschall hat versprochen, die Berichte diese Nacht fertigzustellen!«, bellte Sabine in den Sprechschlitz.
    Der Mann warf einen neuerlichen Blick auf den Monitor. »Sorry, andere Arbeiten gehen vor.«
    Sabine beugte sich nach vorne, konnte jedoch keinen Blick auf den Monitor erhaschen. »Doch nicht etwa die Tote aus dem Dom?«
    Er sagte nichts.
    »Ich fasse es nicht!« Sabine kniff die Augenbrauen zusammen. »Die ist seit höchstens zwölf Stunden hier. Normalerweise lässt Hirnschall die ersten Arbeiten von Diplomanden erledigen.«
    »Diesmal nicht«, murmelte der Portier. »Da ist Eile angesagt. Der Doktor arbeitet seit den frühen Morgenstunden allein daran. Ihre Tschechen müssen warten.« Er starrte ihr wieder auf den Busen.
    »He, Dostojewski!« Sabine schnippte mit den Fingern. »Ich gehe zu ihm runter und frag ihn, wann wir den Bericht haben können. U3, richtig?«
    »Er ist in U7 – und nein, Sie gehen nicht runter!« Plötzlich hievte sich der Mann aus dem Stuhl. »Ich rufe ihn an, er soll zu Ihnen raufkommen.«
    »Aber flott.«
    Er griff zum Telefon. Während des Gesprächs ging Sabine zu den Fahrstühlen. Sie steckte die Hände in die Westentasche. Links spürte sie die Hülle ihrer Digitalkamera. Als sie sah, wie der Lift nach unten geholt wurde, verschwand sie durch die Brandschutztür
ins Treppenhaus. Ein Stockwerk tiefer gelangte sie in einen langen Korridor. Hastig lief sie an den Türen vorbei. U4, U5, U6 … U7.
    Sie hielt vor dem Raum. Hinter der nächsten Biegung befanden sich die Fahrstühle. Vorsichtshalber klopfte sie an. Nichts rührte sich. Sie schlüpfte durch die Tür ins Zimmer. Ein weißer Saal mit Kacheln empfing sie. Der schwache Duft von Putzmittel, Alkohol und Verwesung hing in der Luft. Sogleich wurde ihr übel. Ein Paravent stand in der Mitte des Raumes. Das Licht der Neonlampe fiel durch den Vorhang. Sie wusste, was sich dahinter befand. Der Anblick ihrer Mutter im Dom hatte ihr gereicht. Keine zehn Pferde würden sie dazu bringen, jetzt einen Blick hinter den Vorhang zu werfen. Auf dem Schreibtisch an der Wand surrte ein Monitor.
    Sicherheitshalber ließ sie die Tür offen, damit sie das Klingeln des Fahrstuhls hörte, wenn der Pathologe wieder ins Untergeschoss fuhr. Verzweifelt suchte sie auf dem Tisch nach Hirnschalls Protokollen oder Mitschriften. Weder Diktafon noch Papierblock oder Notizzettel lagen neben Tastatur und Drucker. Sie schüttelte die Maus, damit der Bildschirmschoner verschwand. Kein Passwort! Sogar hier knauserte Hirnschall.
    Protokoll zur Durchführung der ärztlichen Leichenschau stand in der Menüleiste. Darunter der Name der Toten: Hanna Nemez. Einige Textblöcke waren bereits ausgefüllt. Eilig suchte sie nach der Todesursache. Endlich fand sie den entsprechenden Eintrag.
    Ertrunken.
    Verwirrt prüfte sie noch einmal den Namen, aber es war der Autopsiebefund ihrer Mutter. Sie war ertrunken? Angekettet am Fußgestell der Orgel in der Domkirche?
    Sabine blieb keine Zeit, alles zu lesen. Hirnschall würde in den nächsten Sekunden ziemlich zornig hier auftauchen. Sie zog die Kamera aus der Hülle und knipste die Bildschirmseite. Sie wollte schon zur nächsten Seite runterscrollen, doch auf ihrem Kameradisplay war nur die Spiegelung des Blitzlichts zu sehen. Verfluchter
Dreck! Sie hatte damit gerechnet, Papierdokumente ablichten zu können, keinen Bildschirm. Als zwei weitere Versuche fehlschlugen, hielt sie inne und lauschte. Kein Liftgeräusch! Sie war so weit gekommen und wollte jetzt nicht einfach erfolglos umkehren. Da fiel ihr Blick auf den Drucker. Natürlich. Sie suchte auf dem Monitor das Druckericon und klickte es mit der Maus an. Die Sekunden verstrichen. Nichts passierte. Endlich fuhr der Laserdrucker surrend hoch und zog das erste Blatt ein. Druckt Seite 1 von 12 stand am Bildschirmrand zu lesen. Zwei weitere Blätter folgten. Die Walze knarrte laut. Sabine lief zur Tür, steckte den Kopf in den Gang und lauschte eine Weile. Da ruckelte die Fahrstuhlkabine herunter. Mist!
    Sie lief in den Saal, nahm den Papierstoß aus dem Fach und rannte wieder zur Tür. Hinter sich hörte sie, wie ein letztes Blatt den Drucker verließ. Pfeif drauf!
    Als sie im Gang stand

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