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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Gesicht verdunkelte sich. »Ja, das stimmt. Aber er
wird nicht hier sein. Er ist nicht sonderlich willkommen. Außerdem glaube ich
nicht, dass er um Daniel trauern würde. Die beiden hatten kein gutes Verhältnis
zueinander.«
    Er hätte gern nach den Gründen dafür gefragt, aber er
spürte, dass er damit zu weit gehen würde. Der Fall war schließlich
abgeschlossen. Aber da war noch eine weitere Frage.
    Â»Daniel hatte noch einen Bruder. Einen leiblichen Bruder.
Wissen Sie etwas darüber?«
    Â»Oh ja. Er heißt Michael Treczok. Er ist in ein Kinderheim
gekommen. Es waren unruhige Zeiten für die beiden damals. Aber ich konnte nicht
beide aufnehmen, dazu fehlte uns der Platz, und es hätte auch meine Kräfte überstiegen.
Aber Michael ist kurz drauf auch zu einer Pflegefamilie gekommen.«
    Â»Was ist passiert? Wie ist es Daniel nach der Trennung
ergangen?«
    Â»Er hat furchtbar darunter gelitten. Sein Bruder war ja
der einzige Kontakt in sein altes Leben. Ich habe alles Mögliche versucht, aber
das Jugendamt hat uns kaum unterstützt. Es kommt sehr darauf an, wer da für Sie
zuständig ist. Wir hatten leider kein großes Glück. Ich habe es dann direkt
über die andere Pflegemutter versucht. Zusammen mit Daniel habe ich Postkarten
geschrieben. Aber Michael hat nicht geantwortet. Die andere Pflegemutter sagte,
der Junge wolle keinen Kontakt zu Daniel, und das müsse man respektieren. Also
habe ich versucht, Daniel dahin zu bringen, dass er Abschied von seinem Bruder
nehmen konnte. Es war nicht leicht.«
    Michael konnte sich gut an die Postkarten erinnern.
Damals hatte er sein altes Leben wegwerfen wollen, nichts sollte ihn mehr daran
erinnern. Er hatte sich so schuldig gefühlt, da konnte er gar nicht anders, als
Daniel wegzustoßen.
    Â»Wir haben seit Ewigkeiten nichts mehr gehört von der
Sache«, sagte Frau Neubauer. »Erst vor ein paar Monaten ist der Name Michael
Treczok wieder gefallen. Daniel hat angefangen, sich auf die Suche nach ihm zu
machen. Er wollte seinen Bruder wiederfinden.«
    Â»Was ist daraus geworden?«
    Â»Daniel hat mit keinem darüber gesprochen. Plötzlich
war er der große Geheimagent. Sein verschollener Bruder würde ihm bei etwas
helfen. Er würde etwas für ihn aus der Welt schaffen. Ich wusste nie, was an
diesen Geschichten eigentlich dran war. So war er nun mal.«
    Sein Bruder wollte, dass er ihm half. Er hatte
gewusst, dass Michael bei der Polizei war. Er hatte seine Hilfe gebraucht.
    Bärbel Neubauer nahm die Kuchenform und schob sie in
den Backofen. Dann sah sie Michael an und lächelte traurig.
    Â»Aber wenn Sie mich fragen, gab es einen einfachen
Grund, warum er nichts darüber erzählt hat.«
    Â»Welchen Grund denn?«
    Â»Er hat den Kontakt nie aufgenommen. Er hat es nicht
getan, weil seine Angst viel zu groß war, sein Bruder könnte ihn abweisen.«
    Â 
    Das Institut für Rechtsmedizin befand sich in einer
prachtvollen Villa aus der Gründerzeit. Es lag unscheinbar in einer kleinen
Seitenstraße in Zehlendorf, mitten in einem großbürgerlichen und altehrwürdigen
Wohnviertel. Das Institut war Teil der medizinischen Fakultät der Freien
Universität, deren Gelände nur einen Steinwurf entfernt war. Trotzdem war hier
von der Betriebsamkeit des Campus nichts zu spüren.
    Michael sah sich nach einem Parkplatz um. Die Villen
der Reichen lagen meist hinter blickdichten Hecken und hohen Mauern verborgen.
Nur die Rechtsmedizin war offen zugänglich und lediglich von einem gusseisernen
Zaun umgeben. Kaum ein Auto parkte am Straßenrand, zu den meisten Grundstücken
gehörten breite Garagen. Er stellte den Wagen direkt gegenüber dem Gebäude ab.
    Es war schon eine Weile her, seit er das letzte Mal
hier gewesen war. Er hasste es, bei Obduktionen dabei zu sein, und wenn es sich
irgendwie umgehen ließ, mied er sie. Es gab andere, denen es weniger
auszumachen schien.
    Die Luft war erfüllt von verschiedensten Düften. Die
Linde im Garten des Instituts stand in voller Blüte, der Schotterweg war
gesäumt von Nelken und Lupinen. Blütenstaub schwebte in der feuchten Luft.
    Das Gartentor quietschte. Hinter den Fenstern schien alles
ruhig. Wahrscheinlich würde er ohnehin keinen antreffen. Aber er wollte es
wenigstens versuchen. Am Eingangsportal sah er hinter den Milchglasscheiben ein
Licht brennen. Wie es aussah, war er doch nicht

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