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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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deine Tage hier
gezählt.«
    Im Eingangsbereich der Villa bewegte sich etwas. Frau
Dr. Freythal trat auf die Veranda und sperrte die Tür zu. Jetzt war es zu spät,
um wegzufahren. Er legte seinen Oberkörper auf den Beifahrersitz und verbarg
den Kopf unter dem Handschuhfach. In ein oder zwei Minuten wäre sie verschwunden.
    Â»Anke, bitte. Ich bitte dich nur um diesen kleinen Gefallen.
Das ist doch keine große Sache. Es hat nichts mit der Ermittlung zu tun, das
schwöre ich.«
    Sie seufzte. »Ich kann nur beten, dass ich das nicht bereuen
werde. Wenn du doch in der Sache drinsteckst, dann wird das auch mich den Kopf
kosten.«
    Â»Das heißt, ich kann auf dich zählen?«
    Â»Ruf mich morgen früh wieder an, dann hab ich alles.«
    Und schon hatte sie wieder aufgelegt.
    Michael steckte das Handy zurück in die Hosentasche.
Vorsichtig lugte er über das Armaturenbrett.
    Frau Dr. Freythal hatte ihm den Rücken zugewandt. Sie
schloss ihren Mercedes auf, stieg ein und fuhr davon. Sobald ihr Wagen aus
seinem Blickfeld verschwunden war, nahm er eine aufrechte Haltung ein.
    Die Akte war wieder offen. Es mussten neue Beweise
aufgetaucht sein. Etwas, das Dennis entlastete und sein Geständnis unbrauchbar
machte. Die Kommission hatte die Arbeit wieder aufgenommen. Der Mörder seines
Bruders war weiterhin auf freiem Fuß. Und es gab nichts mehr, was er jetzt noch
tun konnte. Er hatte keinen Zugang zu den Ermittlungsakten, außerdem musste er
sich vorsehen, wollte er keine ernsthaften Probleme bekommen.
    Er kramte noch mal sein Handy hervor. Am Montag würde
Lisa in den Urlaub fahren. Sie hatten sich im Grunde bereits verabschiedet. Es
war also nicht mehr nötig, noch einmal bei ihr anzurufen. Ihr Name leuchtete
auf dem Display, er brauchte nur die Verbindungstaste zu drücken.
    Der Regen war wieder stärker geworden und prasselte
lautstark aufs Autodach. Der Lärm schnitt ihn für den Moment von der Außenwelt
ab. Als befände er sich in einer Blase.
    Plötzlich war er davon überzeugt, das Richtige zu tun.
Sie würde sich über seinen Anruf freuen. Auch sie sehnte sich danach, seine
Stimme zu hören. Vielleicht wäre es sogar möglich, ihr alles zu erzählen. Die
Geschichte von Daniel und von ihrer verlorenen Zeit. Von ihrer beider Angst vor
einem Wiedersehen.
    Es läutete am anderen Ende. Einmal. Zweimal. Dreimal.
Dann sprang die Mailbox an. Keiner nahm ab. Er wartete bis zum Ende der Ansage,
dann drückte er die Verbindung weg. Eine Nachricht hinterließ er nicht.
    Er startete den Wagen. Die Scheibenwischer jagten sofort
drauflos. Was Lisa wohl denken würde, wenn sie bemerkte, dass er angerufen
hatte? Vielleicht hätte er doch eine Nachricht hinterlassen sollen. Irgendeine
Erklärung. Er musste ihr langsam vorkommen wie ein Schatten. Oder wie ein
Dämon. Warum hatte er überhaupt angerufen?
    Als er auf der Stadtautobahn war, ließ der Regen langsam
nach. Vielleicht war es besser, er wartete ab. Wenn sie aus dem Urlaub wiederkam,
würde sie sich bei ihm melden. Vielleicht wäre bis dahin die alte Sehnsucht zurückgekehrt,
die anfangs in ihrem Blick gewesen war. Diese Sehnsucht, die alles andere
unwichtig machte.

10
    Elke Rohwer, die seit vier Jahren den Kink Klub
putzte, hatte sich an diesem Vormittag besonders beeilt, den Dreck der vergangenen
Nacht zu beseitigen. Sie schüttete den letzten Eimer mit Schmutzwasser in den
Ausguss und stellte ihn samt Wischmopp zurück in die Putzkammer. Jetzt musste
sie nur noch die Barhocker zurück an den Tresen stellen und das leere Bierfass
nach hinten rollen, dann wäre sie fertig.
    Vier Stunden Arbeit für fünfundvierzig Euro. Sie
putzte viermal in der Woche den Klub. Zusammen mit dem Job auf dem Wochenmarkt
reichte das gerade für Miete und Unterhalt.
    Bevor sie die letzten Handgriffe tat, zog sie jedoch einen
Barhocker heran und drehte sich eine Zigarette. Wie jedes Mal gönnte sie sich
nach dem Putzen der Toiletten erst mal eine Pause. Die Klos waren nämlich das
Schlimmste. Sperma, Erbrochenes, übergelaufene Pissoirs.
    Das Nikotin wirkte sofort, und die Klos traten in den
Hintergrund. Eines Tages würde sie ohnehin abhauen. Das hatte sie sich fest versprochen.
Nach Spanien, wenn alles gut lief. Oder auf die Kanarischen Inseln. Nur weg von
hier und nie wieder putzen.
    Sie schloss die Augen. Lauschte den sonderbaren Geräuschen,
die tagsüber in

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