Todesgier - Thriller
mehr, und so flog sie gegen den Ofen und zerbarst. Whitcomb, Ranch und Juliet starrten die Scherben auf dem Küchenboden an.
Whitcombs Mund klappte ein paarmal auf und zu, bevor er schrie: »Meine Pfeife. Du hast meine Pfeife kaputt gemacht.«
Er sah sich wütend nach seinem Stock um, doch Ranch sagte beschwichtigend: »War sowieso’ne Scheiß-Yuppie-Pfeife. Mit der ging die Hälfte vom Rauch in die Luft. In zehn Minuten kann ich dir’ne viel bessere basteln.«
»Was kannst du?«, fragte Whitcomb ungläubig.
Ranch besaß tatsächlich Geschick. Unter der Spüle befand sich uraltes Werkzeug von einem früheren Mieter, darunter ein Seitenschneider und eine rostige Feile. Ranch schraubte eine klare Vierzig-Watt-Glühbirne aus dem Wandleuchter am Fuß der Treppe und erklärte: »Der perfekte Kolben. Ich muss nicht mal das weiße Zeug rauswaschen.«
»Was für weißes Zeug?«
»Wie bei matten Glühbirnen«, antwortete Ranch. »Das schmeckt grässlich.«
Am Küchentisch entfernte Ranch den Kontakt am unteren Ende der Glühbirne und brach den Keramikisolator weg. Dann holte er die Glühfäden und kleine Scherben aus der Birne und wischte alles auf den Boden.
»Jetzt kommt der schwierige Teil«, erläuterte er.
Vorsichtig begann er, mit der Kante der Feile eine Rille ins Glas zu ritzen, die nach zwei Minuten zu einer schmalen Öffnung wurde.
»Ganz vorsichtig, damit das Glas nicht bricht …«, sagte er mit leiser Stimme und setzte seine Arbeit fort. Nach weiteren zwei Minuten hatte er eine etwa zweieinhalb Zentimeter lange und knapp einen halben Zentimeter breite Öffnung. »Da schiebt man den Stoff rein. Jetzt brauch ich Klebeband.«
Juliet fiel ein, dass einer der Sitze im Van mit Isolierband verklebt war. Sie ging hinaus, zog den Streifen ab und brachte ihn Ranch, der damit einen Strohhalm von McDonald’s an der Öffnung befestigte.
»Siehst du«, sagte er und hielt die Birne hoch. »Die beste Pfeife der Welt.«
Whitcomb nahm sie mit zitternden Fingern. »Was Tolleres hab ich tatsächlich noch nie gesehen.«
Sogar Juliet war stolz auf Ranch.
Dann kam George.
Das Amphetamin befand sich in kleinen, wiederverschließbaren Plastikbeuteln, von denen sie drei kauften. Whitcomb öffnete einen der Beutel. »Ganz schön gelb.«
»Direkt aus der Kaffeekanne«, erklärte George, ein klein gewachsener, dicker Mann mit kurzen schwarzen Lockenhaaren und üppiger Brustbehaarung, die aus dem Ausschnitt seines Vikings-T-Shirts hervorlugte. Dazu trug er Cargo-Shorts und Nike-Schuhe. »Schaut komisch aus, aber bis jetzt hat sich noch kein Kunde beschwert. Der Stoff ist gut.«
Whitcomb feuchtete einen Finger mit der Zunge an, steckte ihn in den Beutel und leckte das Pulver ab. Es schmeckte bitter, scharf, genau richtig. Kein Zucker, kein Salz, kein Backpulver.
»Okay.« Er gab George das Geld.
Der überprüfte jeden Schein einzeln, bevor er ihn in die
Seitentasche seiner Hose schob. »Ruft mich an, wenn ihr Nachschub braucht.«
»Wie laufen die Geschäfte?«, fragte Ranch, den Blick auf die Beutel in Whitcombs Händen gerichtet.
»Schlecht. Die Republikaner haben kein Interesse an meiner Ware«, antwortete George. »Die wollen den richtig teuren Stoff.«
»Dein Stoff ist besser als Koks«, sagte Whitcomb. »Der geht sofort ins Gehirn, wie ein Scheiß-Messer.«
George nickte und verabschiedete sich: »Dann noch viel Spaß, Leute.« Er selbst nahm keine Drogen.
Die richtige Menge Amphetamine hatte auf Whitcomb die gleiche Wirkung wie ein Schläger auf einen Tischtennisball. Sie füllten die Glühbirnen-Pfeife mit Stoff, schmolzen ihn mit einem Bic-Feuerzeug, sahen zu, wie er zu blubbern und schließlich zu rauchen anfing. Whitcomb nahm den ersten Zug und schloss die Augen. Dann bliesen er und Ranch einander lange Rauchschlangen ins Gesicht, die sich eine Weile in der Luft hielten, bevor sie sich auflösten. Irgendwann riss Ranch sich das Shirt vom Leib, lehnte sich an eine Wand, glitt mit roten, verdrehten Augen auf den Boden und ging in den Zombie-Modus. Whitcomb hingegen fing an zu singen und unkontrolliert mit beiden Armen herumzufuchteln, wobei er gegen Wände, Stühle und den Tisch stieß.
Zwischendurch sogen sie immer wieder an der Pfeife.
Dann kam der Anruf von Letty.
Ranch zog das Telefon unter seinem Kopf hervor.
»Hallo?« Er lauschte einen Moment, bevor er sagte: »Ich bin nicht Randy …«
Er rappelte sich mit einem merkwürdigen Blick in Richtung Juliet hoch, hielt den Rollstuhl von
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