Todesgier - Thriller
anderen, und schieben wir’s Shafer in die Schuhe. Justice kann sich ja nicht wehren, weil er ein bisschen unterbelichtet ist.«
Als Lucas nach Hause kam, glaubte er, dass alle bereits schliefen. Weather ging vor Tagen, an denen sie operieren musste - also meistens -, früh zu Bett. Das Baby und die Haushälterin schliefen fast genauso früh. Als Lucas den Wagen in die Auffahrt lenkte, sah er hinter den Jalousien vor Lettys Zimmer jedoch Licht. Sie war eine Nachteule wie Lucas und las wohl noch.
Lucas betrat das Haus, überprüfte, ob alle Türen geschlossen waren, zog die Schuhe aus, bevor er auf Zehenspitzen hinaufging, stellte sie auf dem Schlafzimmerboden ab, lauschte ein paar Sekunden auf den regelmäßigen Atem von Weather, schlich zu Lettys Tür und klopfte.
»Ja. Komm rein«, sagte sie.
Sie las gerade im Licht der Nachttischlampe die letzten Seiten von Wer die Nachtigall stört. Lucas fragte: »Na, bald fertig?«
»Fast. Morgen kann ich ausschlafen. Ich fahre noch mal mit Jen in die Stadt.«
»Deine Mutter sagt, du hast tatsächlich ein paar Minuten Sendezeit bekommen. Ich wünschte, ich hätte dabei sein können.«
»Ach, das sind Kinkerlitzchen. An die richtig guten Storys lassen sie mich nicht ran. Ich bin zu jung.«
»Hab Geduld.« Er setzte sich auf die Bettkante. »Beverly hat mich heute Morgen angerufen, bevor ich weggeflogen bin. Eigentlich wollte ich dir Bescheid sagen, aber dann war zu viel los. Wir haben einen Termin am Montag.«
»Montag.«
»Ja. Am Montagnachmittag um halb vier sind wir beim Richter. Die letzte Entscheidung, die du treffen musst, betrifft deinen Namen. Du kannst wählen zwischen Letty Jean West, Letty Jean West Davenport, Letty Jean Davenport oder Letty West Davenport. Was dir am liebsten ist.«
»Hm.« Sie verzog den Mund. »Ich hab meinen Vater kaum gekannt. Er war ja auch kein richtiger Vater; hat uns im Stich gelassen. Trotzdem hat Mom seinen Namen behalten. Ihr Mädchenname war Martin. Ob auch Letty Jean Martin Davenport gehen würde? Oder Letty Martin Davenport? Irgendwie möchte ich die Erinnerung an meine leibliche Mutter aufrechterhalten.«
»Wir können’s versuchen. Lass es mich bis morgen Abend wissen, damit es entsprechend in die Formulare eingetragen wird. Dann wäre das auch geschafft.«
»Das ist …« Tränen traten ihr in die Augen, die sie mit einer Ecke ihres Bettlakens abwischte.
»Willst du es immer noch?«
»Ja, klar«, antwortete sie mit einem erstickten Lachen. »Ich kann’s kaum erwarten.«
Lucas tätschelte ihren Fuß. »Falls ich dich morgen nicht mehr sehen sollte, bevor ich gehe, ruf mich doch bitte auf dem
Handy an und sag mir Bescheid, wie du dich im Hinblick auf den Namen entschieden hast.«
»Okay. Gute Nacht, Dad.«
Sobald Lucas das Zimmer verlassen hatte, holte Letty ihr Handy unter dem Kissen hervor und drückte den Kurzwahlknopf.
»Ich bin’s noch mal«, sagte sie. »Er kommt also morgen raus - und was dann?«
»Keine Ahnung«, antwortete Juliet. »Er ist völlig außer sich. Vielleicht liegt’s an den Tabletten, die sie ihm geben. Die machen ihn wahnsinnig.«
»Hat er was von meinem Dad oder mir gesagt?«
»Ja, mehrfach. Er hat mit Ranch geredet. Sie haben irgendwas vor, aber Ranch ist so durchgeknallt … Keine Ahnung. Wenn du den Van siehst, solltest du jedenfalls das Weite suchen.«
»Du musst ihn doch fahren.«
»Ja, er zwingt mich dazu …«
»Kann er nicht«, widersprach Letty.
»Du hast keine Ahnung.«
»Ganz ruhig. Mir fällt schon was ein.«
SIEBZEHN
A ls Lucas aufwachte, warf er einen Blick auf die Uhr: neun. Er drehte sich auf den Bauch und döste noch einmal eine Viertelstunde. Dann schüttelte er gähnend die Hand aus, auf der er gelegen hatte, streckte sie nach dem Telefon auf dem Nachttisch aus und wählte die Nummer von Del.
Del meldete sich in panischem Tonfall: »Die Fruchtblase ist geplatzt.«
»Scheiße«, sagte Lucas. »Bis in ein paar Tagen, Kumpel.«
Dann rief er Jenkins an, der fragte: »Weißt du, wie spät es ist?«
»Einundzwanzig nach neun«, antwortete Lucas. »Setz dich mit Shrake in Verbindung. Wir treffen uns in einer Stunde in der Stadtmitte. Übrigens: Bei Dels Frau ist die Fruchtblase geplatzt.«
»Die Vorstellung, dass Del bald ein Kind hat, macht mir Angst«, sagte Jenkins. »Bis in einer Stunde.«
Lucas stand auf, um ins Bad zu gehen. Da klingelte das Telefon. Noch einmal Jenkins. »Ja?«
»Wir müssen uns zur Geburt ein Geschenk überlegen«, sagte
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