Todesglocken für John Sinclair
unter dem Körper wegreißen wollten, um mich auf die harte Erde zu schmettern. Dennoch kam ich weiter, der Bumerang rückte auch näher, aber von der linken Seite her jagte das Wurfbeil mit einer gefährlichen Geschwindigkeit heran.
Es war schneller.
Die zehn Schritte, die mich vom Bumerang trennten, schaffte ich nicht mehr, und ich hatte auch keine Zeit, das Kreuz zu aktivieren. Ich mußte es ganz anders machen, praktisch mit bloßen Fäusten. Aus vollem Lauf stoppte ich, bekam dafür die Quittung, fiel hin und setzte mich auf den Hosenboden.
Der Arm war da.
Das grüne Strahlen blendete mich fast. Ich riß den Kopf zur Seite und hob gleichzeitig die Arme, wobei ich zusätzlich noch die Hände öffnete, um zugreifen zu können.
Ich schaffte es.
Das Wurfbeil allein hätte ich sicherlich nicht stoppen können, aber mit dem Arm zusammen konnte ich diese Wucht aufhalten und fing den abgerissenen Killerarm mit beiden Händen ab.
So hielt ich ihn auch. Dabei spürte ich seine Stärke. Er bewegte sich, er wollte mich, von den Kräften des Magic Man geleitet, nach hinten drücken und mich mit dem Rücken auf den harten Boden pressen, damit die Schneide meine Kehle durchtrennen konnte.
Es war ein verzweifelter, wilder Kampf gegen das Schicksal, den ich immer mehr verlor, denn die Kraft des anderen war stärker, als die eines Menschen.
Ein uriger Schrei zitterte abermals über das Gelände. Diesmal war er nicht von dem Magic Man ausgestoßen worden, er hatte sich aus der Kehle meines Freundes Suko gelöst.
Dem Chinesen war es mit einer bewundernswerten Kraftanstrengung gelungen, sich aus den Griffen seiner Peiniger zu befreien, und nun machte er Dampf. Er eilte mir zu Hilfe, und er schaffte es, sich besser auf den Beinen zu halten als ich.
Auch sein Ziel war der Bumerang.
»Halt aus, John, halt aus!«
Eine Antwort konnte ich ihm nicht geben. Sie hätte mich einfach zu viel Kraft gekostet, da ich immer tiefer nach hinten gedrückt wurde und große Mühe hatte, die Axt von meiner Kehle entfernt zu halten. Noch gelang es mir…
Verdammt, wenn doch Suko endlich kommen würde!
Er kam nicht.
Dafür tat er etwas anderes.
Ich habe es mir im nachhinein von ihm berichten lassen. Suko blieb an der Stelle stehen, wo auch der Bumerang gelandet war. Er hatte die silberne Banane an sich genommen, ausgeholt und auch gezielt. Dann schleuderte er sie.
Suko wußte genau, daß der Bumerang von dem Ziel angezogen wurde, in dem die gegensätzlichen Kräfte vereint waren. In seinem und unserem Fall war das der Arm des Magic Man mit der gefährlichen Wurfaxt. Mir gelang es kaum noch, ihn von meinem Hals wegzustemmen, als ich das helle Blitzen sah und den Treffer mitbekam.
Ich sah die Explosion, hatte den kleinen Ruck gespürt, sah den Bumerang zurückkehren, und er wurde von Suko aufgefangen, der einen Schrei ausstieß, denn nicht allein die Streitaxt hatte sich aufgelöst, auch der Körper des Magic Man war innerhalb einer Sekunde zu einer grünen Staubwolke zusammengefallen.
Das letzte Erbe der Todesglocke hatten wir vernichtet. Suko kam zu mir, streckte den rechten Arm aus und half mir auf die Beine.
»Wie geht es dir, Alter?« fragte er mit einem schiefen Grinsen in seinem leicht angeschlagenen Gesicht.
»Es muß so, mein Lieber, es muß…«
Dann gingen wir auf die Zombies zu. Sie schauten uns entgegen. Ihre Blicke waren unsicher. Ich spürte die Wut in mir hochsteigen, unterdrückte sie aber und zischte nur: »Waffen weg!«
Sie gehorchten und lösten ihre Wurf-und Schlagwaffen von den Gürteln. Da wußte ich, daß wir endgültig gewonnen hatten.
***
Sir James persönlich servierte Tee und Whisky. Wir saßen in den frühen Morgenstunden ziemlich erschlafft in seinem Büro und ließen uns von unserem Chef bedienen.
Wir hatten einfach über den Fall reden müssen, der in einer Katastrophe hätte enden können. Das war zum Glück nicht eingetreten, und Sir James hatte die Alarmbereitschaft abgeblasen.
Whisky und Tee wärmten uns durch. Suko erzählte viel, ich weniger, und irgendwann hatte ich das Gefühl, überhaupt nicht mehr anwesend zu sein. Später hat man mir berichtet, ich wäre der erste Oberinspektor gewesen, der im Büro seines Chefs eingeschlafen sei…
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Nr. 347 »Satans Mädchenfänger«
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