Todesglocken für John Sinclair
würden.
Sir James hatte mir von meinem Ziel berichtet. Der Leichenwagen schlug den gleichen Weg ein, der auch zum Tempel führte. Mittlerweile bezweifelte ich nicht mehr, daß der Fahrer des Autos irgend etwas mit den Vorgängen zu tun hatte.
Ich war noch gespannter, blieb auch zurück, mir begegneten andere Fahrzeuge, die auf der rechten Seite vorbeifuhren, und ich sah wiederum Menschen, die dick vermummt ihre Häuser verlassen hatten und erregt miteinander diskutierten, wobei sie ihr Augenmerk auf die Glocke gerichtet hielten.
Manchmal schaukelte der Leichenwagen, als würde sich auf seiner Ladefläche etwas bewegen. Es konnte auch an der Straße liegen, ich wollte da keine Prognosen wagen.
Wenn der Leichenwagen den Tempel wirklich als Ziel besaß, mußte er bald abbiegen. Das tat er.
Sein linkes Blinklicht flackerte rot. Der Fahrer nahm die Kurve ziemlich weit und bog in die Straße ein, die praktisch an dem Gelände vorbeiführte, wo auch der seltsame Tempel seinen Platz gefunden hatte. Mir war alles klar. Ein größeres Risiko wollte ich nicht eingehen und ließ mich noch weiter zurückfallen. Zwar bog ich auch in die schmale Straße ein, aber ich ließ den Wagen schon bald in eine schmale Lücke zwischen zwei Schneehaufen schräg hineinrollen und stieg aus. Den Rest wollte ich zu Fuß bewältigen.
Auch hier war es glatt. Zudem besaß der Gehsteig genügend Unebenheiten, über die ich stolpern konnte, wenn ich nicht genau achtgab, deshalb bewegte ich sehr vorsichtig meine Beine voran und wich auch den gefährlichen Stellen aus.
Die Lautstärke des Geläuts hatte zugenommen. Ich mußte mich in der unmittelbaren Nähe des Ziels befinden. Es standen hier nur kleinere Häuser, auch in der Höhe reichten sie an die anderen nicht heran. Zur linken Hand hin öffnete sich das Gelände. Dort sah ich einen schmalen Parkstreifen, über dem eine weiße Schicht lag. Hinter den kahlen Bäumen wuchsen wieder Häuser hoch.
Der Tempel aber lag auf der anderen Seite. Den Leichenwagen entdeckte ich nicht mehr, also mußte er nach rechts abgebogen sein, um seinen Standort zu erreichen.
Dong… dong…
Dumpf und hallend begleiteten die Glockenschläge meinen weiteren Weg. Ich schob mich an einem kleinen Haus vorbei. Hinter den meisten Fenstern brannte Licht.
Ich schaute in Gesichter, denn die Leute peilten nach draußen. Immer, wenn ich ein Fenster passierte, zuckten die Gesichter zurück, als hätten sie Angst, entdeckt zu werden.
Die Furcht der Leute konnte ich mir gut vorstellen, und als ich einen dunklen Hauseingang passierte, hielt mich ein Mann mit ausgestrecktem Arm auf.
»Wo wollen Sie hin?« fragte er. Seine Stimme zitterte ebenso wie er, und er klapperte mit den Zähnen. Über seinen Schlafanzug hatte er einen dicken Wollmantel gestreift.
»Ich schaue mir die Glocke an.«
»Da ist der Teufel drauf!« hauchte er.
»Ich weiß. Gehen Sie wieder rein.«
»Kommen Sie mit. Sie laufen sonst in Ihr Verderben!«
»Nein.« Ich blieb hart und ging weiter. Der Mann versprach, für mich zu beten. Vielleicht hatte ich das auch nötig. Nach dem Haus öffnete sich das Gelände zur rechten Seite hin. Es war ein Wiesenstück, auf dem sich der alte Tempel als Rundbau abhob.
Ich hatte ihn schon öfter gesehen und war über seine ungewöhnliche Bauweise nicht überrascht. Ich duckte mich tief, denn ich hatte die verschneite Strauchreihe auf der einen Seite entdeckt. Dahinter verschwand ich und ging geduckt weiter, bis ich etwa die Tempelhöhe erreicht hatte und stehenblieb. Bevor ich eingriff, mußte ich mir einen Überblick verschaffen.
Die Glocke schwebte über dem Tempeldach. Sie war tatsächlich gewaltig, glänzte schwarz, als wäre sie mit einer Fettschicht bestrichen worden, und das Gesicht meines Erzfeindes Asmodis schien mir zum Greifen nahe zu sein. Es war furchtbar. Man konnte als normaler Mensch höllische Angst davor bekommen, und ich spürte in meinem Magen einen allmählich wachsenden Klumpen.
Die Glocke schwang von einer Seite zur anderen, als würde sie von einer für mich nicht sichtbaren Hand bewegt. Ihre Töne hatten nichts von der ursprünglichen Dumpfheit verloren. Nach wie vor waren sie bereit, das Grauen zu verbreiten.
Obwohl mit ihrem Auftauchen praktisch alles begonnen hatte, war sie im Moment am ungefährlichsten für mich. Mich mußte das interessieren, was sich um sie herum befand.
Ich sah auch den Leichenwagen. Er hatte gestoppt, und der Fahrer war dabei, die Heckklappe zu öffnen.
Drei
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