Todesjagd
letzten und neuesten Nachrichten nach war Guerrero bestenfalls im Mittelfeld anzusiedeln -, gewann er durch die Kampagne nationale Popularität. In vier Jahren führte er vielleicht die Liste an, anstatt mittendrin zu stecken.
Quinn begann nach alten Zeitungsberichten zu suchen. Nicht überraschend war, dass alle Markoffs Eindruck zu untermauern schienen, nämlich dass Guerrero eher ein Einzelgänger war. Der Aufstieg zum Fraktionsführer schien ihn nicht daran zu hindern, anderer Meinung zu sein als andere hochrangige Mitglieder seiner Partei. Er ging unverblümt und direkt an die Dinge heran - ein Abgeordneter, der wusste, wie man sich durchsetzte. Und wenn man einige der letzten Storys glauben sollte, bekam er allmählich den Ruf, ein Mann des Volkes zu sein.
Wie ein Einzelgänger wie Guerrero eine so hohe Stellung erreichen konnte, verblüffte Quinn. Jedoch nur, bis er den Artikel über den Kongressabgeordneten in der Washington Post fand.
Es stellte sich heraus, dass Guerreros Ehefrau keine andere als die berühmte konservative Sprecherin Jody Goodman war. Das war ein Name, den Quinn kannte. Sie war immer wieder in den Zeitungen zitiert worden und auch in mehreren politischen Fernseh-Talkshows aufgetreten. Sie war auch die Geschäftsführerin von Taylor-Goodman, einer großen Firma in Texas, die Aufträge vom Verteidigungsministerium übernahm. Zurzeit war sie das einflussreiche Mitglied eines bekannten, in Washington ansässigen Thinktanks. Anscheinend genügte das, um ihrem Ehemann in der Partei eine größere Freiheit zu verschaffen, im Gegensatz zu anderen, die vielleicht zeitgleich mit ihm angefangen hatten, sich emporzuarbeiten.
Ein Artikel in der New York Post schilderte zudem, dass es sich bei ihrer Ehe eher um eine Partnerschaft als um eine Beziehung handele. Sie zitierte eine dem Ehepaar nahestehende Quelle: »Sie benutzen die Position des jeweils anderen, um die eigene zu stärken. Es geht ihnen mehr um Macht als um Liebe.«
Als er zu Guerreros Webseite zurückkehrte, fand Quinn zwei Büroadressen, eine in Washington, D. C., und eine in seinem Heimatbezirk in Houston, Texas. Quinn wählte die in D. C.
»Das Büro des Kongressabgeordneten James Guerrero. Was kann ich für Sie tun?« Die Stimme der Frau, die sich meldete, war perfekt ausbalanciert zwischen Hilfsbereitschaft und Tüchtigkeit. Quinn vermutete, dass sie täglich Hunderte Anrufe beantworten musste.
»Jennifer Fuentes, bitte.«
Es folgte eine kleine Pause.
»Tut mir leid. Ms. Fuentes ist um diese Zeit nicht im Büro. Kann Ihnen sonst jemand helfen?«
»Wissen Sie, wann sie kommt?«
Diesmal dauerte die Pause länger. Fast drei Sekunden. »Bleiben Sie bitte einen Moment in der Leitung.«
Sie wartete Quinns Antwort nicht ab. Es folgte ein Klicken, dann kam Musik, etwas wie sanfter Jazz, der einen populären Rocksong in ein langweiliges Hintergrundgeräusch verwandelte, über das sich niemand aufregte, außer Leute mit Geschmack.
Plötzlich wurde die Musik unterbrochen, und die Stimme eines Mannes drang durch den Hörer.
»Kann ich Ihnen helfen?«
»Ja, besten Dank«, sagte Quinn. »Ich möchte Jennifer Fuentes sprechen.«
»Um was geht es?«
»Nichts elementar Wichtiges«, antwortete Quinn mit zurückhaltend unverbindlicher Stimme. »Ich komme nach Washington und dachte, wir könnten uns vielleicht zum Abendessen treffen.«
»Dann sind Sie ein Freund?«
»Aber ja. Wir waren zusammen im College. Sie hat mir gesagt, ich soll sie anrufen, wenn ich mal in der Stadt bin.« Quinn unterbrach sich. »Alles in Ordnung mit ihr?«
Der Mann zögerte einen Moment und sagte dann:
»Sie ist diese Woche nicht im Büro.«
»Oh, okay. Wissen Sie, ob sie nächste Woche wieder da sein wird?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Sie … wird ein paar Wochen nicht da sein. Eine persönliche Sache, glaube ich. Ich weiß nicht, wann sie zurückkommt.«
»Eine persönliche Sache? Ist sie okay?«
Der Mann zögerte.
»Das weiß ich nicht.«
»Dann will ich versuchen, sie zu Hause zu erreichen«, sagte Quinn.
»Ja. Warum machen Sie das nicht? Bedaure, dass ich Ihnen nicht wirklich weiterhelfen konnte.«
Das Gespräch war beendet.
In Quinns Nacken kribbelte es, als er auflegte. Was zum Teufel war da los?
Er legte das Telefon auf die Theke neben den Laptop und ging das Gespräch in Gedanken noch einmal durch. Jenny im Urlaub? Und zur selben Zeit wurde Markoff tot aufgefunden. Angenommen, es gab zwischen ihrer Abwesenheit und dem Tod von
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