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Todeskette

Todeskette

Titel: Todeskette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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aus der Arktis zu kommen schien. Wenigstens war die See ruhig, sodass der Mann, den Max erwartete, ohne Probleme an Land kommen konnte.
    Draußen auf dem Meer erwiderte der Frachter das Signal. Einmal kurz, zweimal lang, einmal kurz. Der Kapitän gab Bescheid, dass er die Botschaft verstanden hatte.
    Die Wash war zu dieser späten Stunde praktisch menschenleer. Die einzigen Gebäude im weiten Umkreis waren ein paar verfallene, zwischen den Dünen verstreute kleine Kirchen, die heute niemand mehr nutzte. Wollhändler hatten sie vor etwa zweihundert Jahren, als die Wolle der auf der Wash grasenden Schafe noch begehrt war, errichten lassen. Später, als mit Wolle kein Geld mehr zu verdienen war, hatten sich die Wollbarone aus der Gegend zurückgezogen, und die Landbevölkerung, die bis dahin von der Schafzucht gelebt hatte, war auf der Suche nach Arbeit in die großen Städte abgewandert.
    Max ließ seine Taschenlampe ein weiteres Mal aufblinken, weil er ein großes Schlauchboot auf sich zukommen sah. Er stand auf einem alten Holzsteg, der weit ins Wasser hinausragte und die einzige Stelle war, an der der Passagier des Schlauchboots an Land gehen konnte, ohne nasse Füße zu bekommen.
    Obwohl sich das Boot rasch der Küste näherte, war sein schallgedämpfter Motor kaum zu hören.
    Max war über einen Meter achtzig groß und kräftig gebaut. In Kanada, wo er aufgewachsen war, hatte er als einer der besten Holzfäller des Landes gegolten, aber eines Tages hatte er einen seiner Arbeitskollegen mit einem Messerstich getötet, weil dieser ihm Geld gestohlen hatte. Nach der Tat hatte er einen mittelgroßen Baum gefällt und auf den Toten fallen lassen und war nach Vancouver geflohen, wo er das nächste Flugzeug nach London genommen hatte. Dort lebte er einige Zeit im East End und lernte, wie ein Einheimischer Cockney zu sprechen.
    Als Nächstes kaufte er sich gute Kleidung und mietete sich in teure Hotels ein, weil er lernen wollte, wie sozial besser situierte Menschen in England lebten und redeten. Er konnte sich das leisten, weil er als Holzfäller viel Geld verdient hatte, und bald konnte er auch den Tonfall der oberen Zehntausend perfekt nachahmen. Sein Ziel war es, sich in jeder Umgebung so zurechtzufinden, dass er nicht auffiel, und als er dieses Ziel erreicht hatte, flog er nach Paris.
    Dort fand er einen Job als Türsteher in einem exklusiven Nachtclub in der Nähe der Champs-Elysees, wo er mit seinem durchtrainierten Körper und seinen blonden Haaren bei den Frauen gut ankam. Auch er mochte die Frauen, aber in seiner Position als Türsteher konnte er sich nicht mit ihnen einlassen. Außerdem war er nur in Paris, um Französisch zu lernen.
    Eines Nachts, als der Club geschlossen hatte, ging er noch in eine noble Bar und bestellte sich einen Drink. Er glaubte, allein in der Bar zu sein, und zahlte deshalb nicht, wie sonst immer, mit ein paar Euromünzen, die er lose in der Hosentasche hatte, sondern zückte vor dem Barmann seine gut gefüllte Brieftasche. Das war ein Fehler, denn kurz darauf erschien wie aus dem Nichts ein korpulenter Mann und wollte ihm die Brieftasche aus der Hand reißen.
    Max ließ die Brieftasche nicht los, sondern packte mit der linken Hand den Dieb und schleuderte ihn so heftig gegen die Theke, dass er zu Boden ging.
    Mit einem gemeinen Grinsen auf seinem feisten Gesicht rappelte sich der Mann hoch und hatte auf einmal eine Pistole in der Hand, die er aus einem Schulterhalfter gezogen hatte. Als er mit der Waffe auf Max zielte, blickte dieser in den leeren Raum hinter dem Mann und rief auf Französisch: »Da! Hinter Ihnen!«
    Als der Dicke sich daraufhin umdrehte, zog Max ein Messer aus der Tasche und stach es dem Mann in die Kehle. Der Mann fiel nach vorn und rammte sich dabei die Klinge so tief in den Hals, dass ihre Spitze aus seinem fleischigen Nacken wieder herausschaute. Ein paar Mal zuckte er noch, dann blieb er reglos liegen.
    Max ging zurück zur Theke, nahm sein Glas und wischte mit einer Serviette die Finger abdrücke ab. Er war noch nicht richtig damit fertig, als vier zwielichtige Gestalten auf ihn zukamen und ihn umringten. Max überlegte fieberhaft, wie er mit ihnen fertig werden sollte, als einer der Männer beschwichtigend die Hände hob und sagte: »Der Boss ist schwer beeindruckt von Ihnen. Er möchte sich mit Ihnen unterhalten. Da drüben, in der Nische…«
    Auf diese Weise lernte Max den Mann kennen, der nun in dem Schlauchboot auf die Küste zukam und ihn zu seinem

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