Todeskette
wird. Gehen Sie sofort nach draußen und hängen Sie ein ›Belegt‹-Schild an die Tür. Und dann wünsche ich in exakt einer Stunde in meiner Suite zu speisen. Ich hoffe, dass sich dort eine Speisekarte befindet. Ich rufe Sie dann an und gebe Ihnen meine Wünsche durch. Wenn Mr. Rogers ebenfalls zu speisen wünscht, wird auch er Ihnen das telefonisch mitteilen.«
»Selbstverständlich, Mr. Pennington«, sagte der livrierte Nachtportier mit unterwürfiger Stimme. »Stets zu Diensten.«
»Sehen Sie zu, dass das Schild aufgehängt wird«, schnauzte Doubenkian.
»Ich dachte, ich sollte Sie vielleicht zuerst zu Ihrer Suite bringen, Sir…«
»Nicht nötig«, erwiderte Doubenkian in seiner herablassenden Art.
»Dann heißen Sie hier also Mr. Pennington«, flüsterte Max, während sie im ersten Stock den Korridor entlanggingen. »Und ich bin wohl Mr. Rogers…«
»Du hast’s erfasst. Sei so freundlich und vergiss die Namen nicht gleich wieder. Das hier ist übrigens meine Suite. Deine ist gleich nebenan. Aber ich will nicht gestört werden, weil ich mir noch ein paar Papiere ansehen muss.«
In seiner Suite warf Doubenkian den Koffer aufs Bett und setzte sich in einen Sessel. Auf den kleinen Tisch davor legte er zuerst sein Hightechhandy, bevor er aus der Innentasche seines Jacketts mehrere Blatt Papier zog und auffaltete.
Es waren Fotokopien der Pläne von Hengistbury Manor, die er sich per Einschreiben an eine Deckadresse in Brüssel hatte schicken lassen. Die Pläne zeigten sämtliche Stockwerke des Herrenhauses, bis auf seinen Keller, von dessen Existenz Doubenkian keine Ahnung hatte.
Obwohl er über einen außergewöhnlich wachen Verstand und ein hervorragendes Gedächtnis verfügte, musste Doubenkian sich sehr konzentrieren, um sich die Lage der vielen Zimmer und Gänge in dem großen Haus genau einzuprägen. Hengistbury Manor war viel größer, als Doubenkian gedacht hatte, und jeder seiner Bewohner verfügte über seine eigene abgeschlossene Wohnung mit zwei Schlafzimmern, einer kleinen Bibliothek sowie einem Wohnzimmer und einer eigenen, großzügig gestalteten Küche. Er legte seine Lesebrille weg und blickte auf das Handy vor ihm. Es würde voraussichtlich noch etwa achtundvierzig Stunden dauern, bis es klingeln und ihm verkünden würde, ob Teil eins seines Plans geklappt hatte.
Zwei Tage später klingelte das Mobiltelefon um acht Uhr abends.
»Wer spricht da?«, fragte Doubenkian ungehalten.
»Orion. Ich habe leider keine guten Nachrichten …«
Die Stimme klang verzerrt und roboterhaft, weil der Anrufer sie durch eine Vorrichtung unkenntlich machte. Man konnte nicht einmal sagen, ob sie einem Mann oder einer Frau gehörte.
»Was soll das heißen?«, wollte Doubenkian wissen.
»Dass der Plan fehlgeschlagen ist. Tweed und Paula Grey sind immer noch am Leben und inzwischen wieder zurück in London.«
»Das darf doch nicht wahr sein!«, kreischte Doubenkian ins Telefon und unterbrach die Verbindung. Nachdem er ein paar wüste Flüche auf Französisch ausgestoßen hatte, warf er sich der Länge nach aufs Bett und dachte nach. Nun musste er wieder ganz von vorn anfangen.
6
Als Tweed und Paula von Hengistbury Manor zurückkehrten, war das Team vollständig im Büro versammelt. Marler, ein groß gewachsener, schlanker Mann Ende dreißig, lehnte wie üblich mit dem Rücken an der Wand neben Paulas Schreibtisch und rauchte eine seiner King-Size-Zigaretten in einer langen, schwarzen Zigarettenspitze.
Elegant wie immer, trug er einen beigefarbenen Maßanzug, ein dunkelblaues Hemd und eine Krawatte von Chanel. Marler galt als einer der besten Schützen Europas und hatte sein besonders leichtes Armalite-Gewehr fast überall dabei. Mit seinem gepflegten Äußeren und seinen stets gut frisierten dunklen Haaren erregte er, wenn er eine der besseren Straßen Londons entlangging, die Aufmerksamkeit vieler eleganter Frauen.
»Glauben Sie nur nicht, dass wir inzwischen untätig waren«, sagte er in seinem etwas hochnäsig klingenden Tonfall der Oberschicht zu Tweed. »Ich war zum Beispiel im East End, wo zurzeit Agenten eines gewissen Calouste Doubenkian jede Menge übler Typen anheuern – hauptsächlich brutale Schläger, aber auch Mörder, die vor Gericht nie überführt werden konnten.
Ich bin auf den Mann aufmerksam geworden, weil Monica mir von Philip Cardons Anruf erzählt hat.«
»Sehen Sie?«, sagte Paula leise zu Tweed. »Es geht schon los.«
Tweed tat so, als hätte er sie überhaupt nicht
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