Todeskind: Thriller (German Edition)
gab Grayson zurück. »Das ist in Wahrheit Claudia Howard, die Schwester deiner Lehrerin. Sie ist bei demselben Autounfall gestorben.«
»Hal«, flüsterte Daphne. »Verdammt noch mal. Und wahrscheinlich war es auch kein Zufall, dass meine Lehrerin in dieser einen Woche, in der ich mit der vermeintlichen FBI-Tante sprach, krank wurde.«
»Nein«, sagte Grayson. »Ich nehme an, Hal wollte sich nicht darauf verlassen, dass sie die Klappe hielten.«
»Ich möchte außerdem mehr über die Umstände von Jane Lynchs Tod in Erfahrung bringen«, sagte Joseph. »Ich weiß, dass du gestern Doug eigentlich nur aus der Bahn werfen wolltest. Aber ich könnte mir vorstellen, dass Hal seine Frau tatsächlich umgebracht hat.«
»Im Übrigen«, meldete Bo sich zu Wort, »nutzt uns jeder Anklagepunkt, den wir Hal Lynchs Liste hinzufügen können, um ihm Druck zu machen, uns mit den Russen zu helfen. Die gestrige Durchsuchung von Hals Häusern hat uns eine stattliche Anzahl an illegalen Waffen beschert. Sie waren zwischen den Antiquitäten verborgen, die er importiert hat. Jetzt riecht unsere ganze Asservatenkammer nach Zitronenöl.«
Daphne zog die Brauen zusammen. »Wieso denn das?«
»Manche Schmuggler sind der Ansicht, starke Gerüche wie Zitronenöl oder Kaffee würden die Suchhunde behindern«, erklärte Bo. »Was natürlich nicht stimmt. Wieso gucken Sie so entgeistert?«
Daphne schloss kurz die Augen. »Hal riecht, solange ich mich erinnern kann, nach Zitronenöl. Ich hatte niemals auch nur den Hauch eines Verdachts.«
»Er hat zwei verschiedene Bücher geführt«, sagte Bo. »Seit Jahrzehnten hat er Drogen vertrieben. Mit den Waffen scheint er erst kürzlich angefangen zu haben. Tut mir leid, Daphne. Aber er hat es so geschickt gemacht und so weit weg von seinem Wohnort, dass niemand ihn verdächtigt hat.«
Sie nickte müde. »Danke.«
»Gestern habe ich mich mit Cole Lynch unterhalten«, sagte J.D. »Ich war mit dem örtlichen Sheriff in Dougs Haus und habe nach Pamela gesucht. Dabei sind wir auf einen alten Bunker gestoßen.«
»Einen Bunker?«, fragte Bo.
»Ja, noch aus dem Kalten Krieg«, erklärte J.D. »Als Cole dann kam und uns gezeigt hat, wo Pamela wahrscheinlich gefangen gehalten wurde, erzählte er uns, dass seine Mutter sich in dem Bunker erschossen hat. Wir glauben, dass Doug Sie dorthin bringen wollte, Daphne. Ich habe in einem zellenartigen Kämmerchen einen CD-Player entdeckt. Auf der selbstgebrannten CD sagt jemand in gewissen Abständen: ›Hast du mich vermisst?‹ Er wollte Sie in den Wahnsinn treiben. Cole war sich nicht sicher, was Sie damit zu tun haben, aber er hat uns erzählt, dass Doug Hal nicht nur hasste, weil er seine Mutter betrogen hat, sondern auch, weil er beim Dealen mit Hals Drogen von der Polizei erwischt wurde und Hal ihn nicht aus dem Gefängnis holte. Matthew, der andere Bruder mit dem BWL-Studium, der die Bücher gefälscht hat, hat ihm erzählt, dass Doug alles so hat aussehen lassen, als hätte Hal den Russen die Waffen geklaut.«
»So schön kann Rache sein«, murmelte Bo. »Doug hat die gestohlenen Gewehre also an Bill Millhouse verkauft, und wir haben sie in dessen Kofferraum gefunden.«
»Wodurch wir zu Odums Haus geführt wurden«, sagte Daphne. »Doug wollte, dass die Russen glaubten, Hal würde Waffen abzweigen und sich ein nettes Sümmchen hinzuverdienen. Heißt das, er wollte, dass man Hal umbrachte, doch die Russen haben lieber seinen Bruder ermordet?«
»Ich nehme an, dass man Hal eine Lektion erteilen wollte«, sagte Bo. »Und seinen Sohn zu töten war sehr effektiv.«
»Unter Dougs Papieren haben wir übrigens eine komplette Akte über Sie gefunden, Daphne«, sagte J.D. »Es handelt sich um eine Kopie, ich nehme also an, dass wir das Original in Hals Safe finden.«
»Tja, und ich denke, ich weiß jetzt, warum Hal Travis nicht ausstehen konnte.« Daphne hielt die Kopie von Jane Lynchs Tagebuch in die Luft. »Jane war schon lange vorher misstrauisch gewesen, was Hal und mich anging. Sie schreibt hier, dass sie bei einer von Nadines Gartenpartys ›mein Kostüm anprobiert‹ hat.«
»Sie hat einfach Ihre Sachen angezogen?« fragte Brodie.
»Nein. Damals habe ich keine Kostüme getragen, nur Kleider.«
Zwischen Brodies Augen bildete sich eine Falte. »Aber was soll dann der Spruch mit …« Ihre Augen weiteten sich. »Oh.«
»Ja, oh. Etwas später kommt ein Abschnitt, in dem Travis’ Schlafzimmer beschrieben wird. Sehr detailliert übrigens.«
Grayson
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