Todesläufer: Thriller (German Edition)
des Landes verlangt hatte, oder den furchtlosen, zu allem entschlossenen Präsidenten herauskehren, der sich nicht davor scheut, dem Entsetzen ins Auge zu blicken? Selbst auf die Gefahr hin, dass seine Angehörigen …
Edgar Wendell hätte die verschiedenen vorgesehenen Gedenkfeiern ohne Weiteres verschieben können, doch im Umfeld des Präsidenten ging man davon aus, dass er das mit voller Absicht nicht getan hatte. Er wollte Cooper zusetzen, wo er nur konnte.
Coopers Gattin und Töchter gingen auf seine Aufforderung hin mit raschen, kurzen Schritten über das Rollfeld des Militärflughafens und stiegen die Stufen zur Präsidentenmaschine empor, einer 747 VC-25A mit azurblauer Nase, die auf der ganzen Welt besser unter dem Namen Air Force One bekannt ist.
Harold Benjamin erwartete sie am Eingang. Der alte Arzt begrüßte die First Lady und die Töchter des Präsidenten mit einer altmodisch anmutenden Ehrerbietung. Als sie in der luxuriösen Kabine verschwunden waren, wo sie von Adrian Salz in Empfang genommen wurden, stellte er sich Stanley Cooper in den Weg, der einen guten Kopf größer war als er.
»Ich weiß, dass Sie nicht auf mich hören werden, trotzdem sage ich es. Es ist meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie diese Reise nicht antreten sollten. In Ihrem Zustand ist das geradezu irrsinnig … das Galadiner heute Abend mag ja noch angehen, aber Sie könnten doch zumindest die Einweihung des 1 WTC morgen Vormittag verschieben?«
»Ich danke Ihnen für den Rat, aber der Irrsinn hat schon vor langer Zeit begonnen. Bei der Gelegenheit möchte ich Ihnen sagen, dass es mir lieb wäre, wenn Sie unsere kleinen Geheimnisse für sich behielten.«
Aus dem Mund des Präsidenten der Vereinigten Staaten war das, was wie eine freundschaftliche Bitte klang, ebenso sehr eine scharfe Warnung. Um seine Worte zu unterstreichen, legte er seinem Gegenüber die Hand auf die Schulter.
»Tut mir leid«, stotterte Benjamin. »Als Salz angerufen hat, fürchtete ich, es … stünde schlimmer.«
Cooper drehte sich um und ließ den Blick über die Hangars hinter dem Rollfeld schweifen.
»Nichts kann schlimmer sein als die momentane Lage. Ich bin gewählt worden, damit ich mit so etwas fertigwerde, Harold. Und damit sich so etwas nicht wiederholt, muss ich wiedergewählt werden.«
Aus den riesigen Schiebetoren, die zum Teil offen standen, zogen Mechaniker verschiedene Drohnentypen zur Startbahn. Von den angrenzenden Technikbarracken aus steuerten Dutzende von Ingenieuren deren Flug mit geradezu chirurgischer Präzision, den Blick starr auf das Steuerpult gerichtet, die Hände am Joystick. Man hätte meinen können, sie säßen bei einem Videospiel.
In diesem Moment stieg eine Drohne auf. Das Pfeifen, das damit einherging, war im Vergleich zu dem ohrenbetäubenden Dröhnen, das man von den Triebwerken der Jagdflugzeuge kannte, kaum hörbar.
»Ich verstehe … Das ärztliche Zeugnis, das Sie von mir verlangt haben, liegt in Ihrem Tresor.«
»In Ordnung. Sie finden morgen den bewussten Umschlag in Ihrem.«
Mit einem freundschaftlichen Klaps auf den Rücken schob Cooper die leicht gebeugte Gestalt des Arztes ins Innere der Maschine und scherzte betont zwanglos: »Ein Gentleman wie Sie darf die Damen auf keinen Fall länger warten lassen, nicht wahr?«
Die Ehefrau und die Töchter des Präsidenten saßen im kleinen Salon unmittelbar gegenüber dem Eingang. Den leichten Imbiss auf dem niedrigen Tischchen hatten sie noch nicht berührt. Die zehnjährige Samantha richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Flachbildschirm, auf dem ein Musikprogramm für Kinder lief, während Annette Cooper sichtlich nervös in einer Frauenzeitschrift blätterte. Kelly hingegen sah zum Fenster hinaus. Als ihr Vater hereinkam, sprang sie auf und ging ihm entgegen.
»Weißt du was Neues über Grace Pollack?«
»Mach dir keine Sorgen, Liebes. Ich habe ihr die besten Rettungshelfer aus ganz New York geschickt.«
Er konnte es sich nicht recht erklären, wieso seine Älteste solch großen Anteil am Schicksal der ihr unbekannten jungen Frau nahm, doch in gewisser Weise verstand er sie. Tochter des mächtigsten Mannes der Welt zu sein garantierte in der kompromisslosen Welt der Heranwachsenden nicht unbedingt Anerkennung. Freundschaften zu schließen fiel Kelly nicht leicht. Es war alles andere als einfach, unter all den neidischen, feindseligen und auf ihren eigenen Vorteil bedachten Gleichaltrigen Menschen mit aufrichtigen Gefühlen zu
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