Todesläufer: Thriller (German Edition)
Vorschlag anfreunden. Zwar traf keiner von ihnen die Entscheidung leichten Herzens, aber angesichts dessen, was das Land in den vergangenen achtundvierzig Stunden durchgemacht hatte, fühlten sie sich im Recht. Außerdem hofften sie, dass der erste Luftschlag genügen würde, Teherans Angriffsgelüsten und Hegemoniebestrebungen einen ordentlichen Dämpfer zu verpassen.
»Das ergibt keinen Sinn«, unterbrach Salz das Schweigen.
»Was, Addy?«
»Ich verstehe nicht, warum der Iran eine so komplexe, riskante und vor allem kostspielige Operation eingefädelt haben soll, nur um etwas zu bekommen, was er bereits hat.«
»Wie meinen Sie das?«, entgegnete Janet Helmer entrüstet. »Was hat er bereits?«
»Sehen wir der Sache doch ins Auge! Seit sechs oder sieben Jahren betreiben die Iraner eine Politik der Nadelstiche gegen uns, ohne dass wir darauf reagiert hätten. Haben wir etwas unternommen, als die Hisbollah 2006 die Israelis zurückgeworfen hat? Haben wir im Irak die Einsetzung einer schiitischen Regierung verhindert? Haben wir etwas getan, als sich herausstellte, dass sie einen Teil des Erdöls ihres Nachbarlandes in andere Kanäle geleitet haben? Und was war, als ihre Kriegsschiffe unsere provoziert haben? Wir haben die Hände in den Schoß gelegt! Wir können uns natürlich weiterhin alles Mögliche einreden, aber die Wahrheit ist, dass der Iran den Golf bereits fest in Händen hat!«
Vizepräsident Harris versuchte, Salz zu beschwichtigen: »Diese Sichtweise erscheint mir leicht übertrieben …«
»Umso mehr Grund, unsere Antwort nicht noch länger hinauszuzögern!« Die Außenministerin barst förmlich vor Empörung. »Zumindest in einem Punkt sind wir uns doch einig: Wir haben das schon viel zu lange untätig mit angesehen.«
Obwohl Adrian Salz und Janet Helmer seit Stanley Coopers Regierungsantritt stets als Verbündete aufgetreten waren, verabscheuten sie einander aus tiefstem Herzen. Jetzt endlich war der Augenblick gekommen, da sie sich gegenseitig offen alles an den Kopf werfen konnten.
»Ich wiederhole: Das ergibt keinen Sinn. Schon vor über zwanzig Jahren hat der Iran mit der Strategie des Terrors gebrochen. Warum sollte er sich uns offen entgegenstellen, nachdem es ihm gelungen ist, praktisch ohne einen Schuss abzufeuern, mehrere wichtige Länder auf seine Seite zu ziehen? Da wäre der Libanon, der Irak, Bahrain, der Jemen und Kurdistan …«
»Sie glauben also wirklich, dass ein Verrückter wie der iranische Präsident nicht imstande ist, seine Taktik nach Lust und Laune zu ändern?«
»Aber das ist doch nur ein Clown, der für die Unterhaltung des Weltpublikums sorgt! Die Mullahs sind keine dogmatischen Dumpfbacken, die davon träumen, unsere Köpfe auf ihren Lanzen aufzupflanzen! Sie wollen nichts anderes, als dass wir aus dem Mittleren Osten abziehen, damit sie Herrscher im eigenen Reich sein können. Haben Sie das noch nicht begriffen?«
Im ersten Moment reagierte seine Gegnerin nicht auf Salz’ geostrategische Lektion, doch sie erholte sich rasch.
»Mag sein, dass die Iraner eine auf lange Sicht angelegte Schachpartie spielen, Addy, aber uns stehen nur wenige Minuten zur Verfügung, um unser Gesicht zu wahren. Wollen wir tatenlos zusehen, wie man uns verhöhnt, Mr. Vicepresident? Wollen wir abwarten, bis diese Frau Präsident Cooper umgebracht hat, um dann endlich die Stimme zu erheben?«
Robert Harris stieß einen tiefen Seufzer aus und wandte sich dann der einzigen Frau in der Runde zu.
»Haben Sie den iranischen Außenminister von der Festnahme seiner Landsleute in Kenntnis gesetzt? Sind ihm die schwerwiegenden Verdachtsmomente gegen sie bekannt?«
»Ich habe persönlich mehrfach versucht, mit ihm Verbindung aufzunehmen, doch er war nicht bereit, meine Anrufe entgegenzunehmen.«
Seit die Amerikaner im Jahre 2010 versucht hatten, das Atomprogramm der Iraner mit ihrem Computerwurm Stuxnet zu stören, was diese in letzter Sekunde verhindert hatten, waren die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern erneut äußerst angespannt.
»Wie legen Sie dieses Schweigen aus, Janet?«
»Als Eingeständnis. Ich sehe keine andere mögliche Erklärung dafür.«
»Ach«, machte der Stabschef. »Sie rufen da an, um denen den übelsten Terrorangriff vorzuwerfen, den es je auf unserem Boden gegeben hat … und dann wundern Sie sich, dass die nicht darauf eingehen? Das sind doch keine Dummköpfe, Janet.«
Doch der Vizepräsident achtete bereits nicht mehr auf die kindischen
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