Todeslauf: Thriller (German Edition)
kenne da eine Kneipe.«
Die Taverne Chevalier war eines dieser Lokale, die nicht sehr spektakulär wirkten, die jedoch gelegentlich auch von schicken Anzugtypen entdeckt wurden. Die Theke bestand aus dunklem Mahagoni, dahinter waren Zapfhähne für alle möglichen belgischen und holländischen Biersorten aufgereiht, und es sah so aus, als würden manche Biere in altmodischen Keramikkrügen serviert. Aus der Menge der Gäste hörte man verschiedene Sprachen heraus. Da gab es coole Typen mit trendigen schwarzen Brillen, Männer und Frauen mit dem neutralen Lächeln von Karrierebürokraten. Hier wurde bestimmt so manches Gespräch geführt, das Mila und ihre geheimnisvollen Bosse interessieren würde – aber vielleicht hatten sie ohnehin alle Tische verwanzt.
»Es ist jetzt nicht die Zeit für einen Drink, und wenn wir etwas zu essen brauchen, dann können wir uns irgendwo Fastfood besorgen«, meinte Piet missmutig. Wir hatten den Laster auf einem Parkplatz ein paar Blocks entfernt abgestellt, und es machte ihn äußerst unruhig, die Ladung unbeaufsichtigt zu lassen.
»Ich kenne den Inhaber«, log ich.
»Du kannst hier keine Geschäfte machen. Zu viele Leute.«
»Vertrau mir einfach«, erwiderte ich.
Piet lachte. »Ich mag es, wenn du Witze reißt.«
Ich sah ihm in die Augen, ohne eine Miene zu verziehen. »Was trinkst du?«
»Ich geh lieber zurück zum Truck. Wir können in wenigen Stunden in Amsterdam sein.«
»Das werden wir auch. Komm mit.« Wir gingen an die Bar und warteten darauf, dass das hübsche Mädchen dahinter uns bediente. Ich bestellte zwei Jupiler, und als sie uns das Bier brachte, schob ich ihr das Geld hin und sagte: »Ich würde gern den Chef sprechen, bitte.«
»Sie ist beschäftigt, Sir.«
»Für mich wird sie einen Moment Zeit haben, glaube ich. Mila hat mich hergeschickt.«
Das Mädchen verschwand in dem Raum hinter der Bar, und wenige Augenblicke später erschien eine füllige Frau um die fünfzig und sah mich stirnrunzelnd an. »Ja, Sir?«
»Ich bin ein Freund von Roger Cadet«, sagte ich und nannte so den Codenamen, den mir Mila in Amsterdam gegeben hatte.
Sie nickte. »Freunde von Roger sind uns immer willkommen.«
»Ist Roger hier? Ich würde ihn gern unter vier Augen sprechen.«
Ihr Blick schweifte zu Piet. »Ich werde nachfragen, ob er zu sprechen ist.«
Ich wandte mich Piet zu. »Bleib hier, trink dein Bier. Es dauert nur eine Minute.«
»Nein. Du könntest irgendjemanden anrufen und verraten, wo die Ladung ist. Wir bleiben zusammen.«
Ich beugte mich an sein Ohr. »Ich muss nur ein paar Dinge wegen dieses Waffengeschäfts mit ihm besprechen, aber ich könnte dabei auch deine Hilfe gebrauchen, dann kriegst du deinen Anteil. Wir sind Partner, okay?«
Er war innerlich zerrissen; er wollte das Geld, aber er wollte mich nicht allein lassen. »Das gefällt mir nicht, Sam.«
»Hör zu. Ich hab vorhin im Truck den Kopf hingehalten. Ich hau dich nicht übers Ohr. Wir ziehen das gemeinsam durch, okay? Ich muss ihn kurz sprechen, aber das geht nur allein. Verstehst du das nicht? Du könntest ja auch abhauen und dir die Ladung unter den Nagel reißen, aber ich vertrau dir, dass du’s nicht tust.« Wenn ich Piet verlor, dann würde ich Edward vielleicht nie finden. Dieses kalkulierte Risiko musste ich eingehen. »Es dauert höchstens ein paar Minuten.«
Die Managerin schritt durch die Menge der Diplomaten und all der dünnen schönen Menschen und führte mich eine Treppe hinauf. Sie drehte sich zu mir um. »Sie sind neu.«
»Ja, und in Schwierigkeiten. Ich brauche Waffen, außerdem ein Handy.«
Sie schloss eine Tür zur Linken auf. Ich blickte die Treppe hinunter. Von Piet war nichts zu sehen.
Ich trat hinter ihr ein.
»Ich bin Eliane«, sagte die Frau, nachdem sie die Tür geschlossen hatte. »Sie hätten zuerst anrufen sollen.«
»Das konnte ich nicht. Kein Telefon.« Das kleine Zimmer war voll mit Regalen, auf manchen lagen Waffen. In einer Ecke stand ein sauber gemachtes Klappbett. Zu gerne hätte ich mich auf das Bett fallen lassen und geschlafen. Doch ich sah mich in den Regalen nach einer geeigneten Waffe um und entschied mich für zwei 9-mm-Glock-Pistolen samt Ersatzmagazinen und Schalldämpfern.
»Was brauchen Sie noch?«
»Ich werde es mit einer großen Zahl von Leuten zu tun bekommen«, sagte ich. »Sie werden schwer bewaffnet sein, und ich bin allein. Also werde ich sie wohl töten müssen.«
Eliane blinzelte. »Sie wollen sie alle töten?«
Ich schluckte.
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